Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

und dem Iran weiter verschärft. Nicht zu vergessen der wieder zu einer Realität gewordene kalte Krieg zwischen den USA und China, der mit jedem Tag kälter zu werden droht. Was Ihrer Ansicht nach wozu führen wird? Nouriel Roubini: Zu einer Aufteilung der Welt in zwei große Blöcke. Auf der einen Seite stehen die USA mit ihren Verbündeten in Europa und einigen befreundeten Schwel- lenländern, auf der anderen Seite steht China gemeinsam mit Staaten wie Russ- land, Nordkorea und Iran sowie Pakistan, Kambodscha und einigen Emerging Mar- kets in Afrika und Lateinamerika. Die Welt wird in zwei Hälften zerfallen, und das wird Konsequenzen haben – sowohl geopolitisch als auch wirtschaftlich. Was ist Ihre Befürchtung? Nouriel Roubini: Sie glauben doch nicht, dass ein Xi Jinping es einem Elon Musk erlau- ben wird, seine autonom fahrenden Autos in China zu vermarkten – selbst wenn der zusichert, dass die dafür notwendige Masse an Daten auf einem Server in China selbst gehostet und verarbeitet wird. Spätestens wenn autonomes Fahren serienreif wird, ist es also vorbei mit dem Exportgeschäft westlicher Autokonzerne nach China. Das wird auch die deutsche Automobilbranche zu spüren bekommen. Und es ist nur eines von vielen Beispielen, warum die bevorstehende Zweiteilung der Welt zu einem großen Problem für die gesamte Menschheit werden wird. Wir befinden uns in einer Situation, die der US-Historiker Graham T. Allison als Thu- kydides-Falle bezeichnet hat … …. und damit was konkret beschreibt? Nouriel Roubini: Dass der Aufstieg einer neuen Großmacht die Vorherrschaft einer bereits existierenden Großmacht bedroht, was am Ende mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Konflikt führt, der nur mit Glück lediglich in einem kalten Krieg mündet und nicht zu einer offen ausgetragenen kriege- rischen Auseinandersetzung führt. Andere Bedrohungen laufen eher in Zeitlupe ab, sind aber auf lange Sicht sogar schwerwie- gender. Wie zum Beispiel? Nouriel Roubini: Nehmen Sie nur den Klima- wandel, der unseren Planeten wirklich zer- stören könnte. Um die daraus erwachsenden Bedrohungen wie Dürren, Wasserknappheit und so weiter zu bekämpfen, würde es einer echten, konzertierten Aktion der gesamten Menschheit bedürfen. Diese findet aber nicht statt, weil alle immer noch viel zu sehr an sich denken. So ist es kein Wunder, dass alle Welt über Greenwashing schimpft. Denn am Ende begnügen wir uns bisher mit ESG-Feigenblättern und Nachhaltigkeitsge- rede. Handfeste Fortschritte kann ich jeden- falls bisher nicht erkennen. Wir danken für das Gespräch. HANS HEUSER » Am Ende begnügen wir uns bisher mit ESG-Feigenblättern und Nachhaltigkeits- gerede. Handfeste Fortschritte kann ich jedenfalls bisher nicht erkennen. « Nouriel Roubini, New York University FOTO: DANIA MAXWELL / © 2018 BLOOMBERG FINANCE LP T H E O R I E & P R A X I S | NOUR I E L ROUB I N I | NEW YORK UN I VERS I TY N o. 4/2022 | www.institutional-money.com 87

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