Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

dänische Krone, den südkoreanischen Won etc. Einige dieser Länder sind Rohstoff- und Energieexporteure, andere haben Swap Agreements mit der Fed. Es sind auch Währungen dabei, die kaum mit dem US- Dollar korrelieren und daher zur Diversifi- kation beitragen können. Warum ist der Renminbi angesichts der Stellung Chinas nicht viel wichtiger? Barry Eichengreen: Das liegt daran, dass China bisher nur wenige Fortschritte beim Aufbau seiner Infrastruktur für den grenz- überschreitenden Zahlungsverkehr gemacht hat. Für den US-Dollar gibt es das „Clea- ring House Interbank Payments System“ (CHIPS) und Fedwire. Damit können Dol- larzahlungen zwischen heimischen und aus- ländischen Banken schnell und kostengüns- tig abgewickelt werden. Die People’s Bank of China hat in den letzten zehn Jahren ver- sucht, ein solches System aufzubauen, das „Cross-Border Inter-Bank Payments Sys- tem“ (CIPS). Aber das ist noch Work in Progress, es hat nur etwa ein Zehntel der Bankanbindungen des New Yorker Clea- ringhauses, und vom Wert her werden dort nur etwa zwei Prozent abgewickelt. Dann liegt es nur an der mangelnden Clea- ringmöglichkeit? Barry Eichengreen: Es gibt noch einen weite- ren Punkt: In der Geschichte handelte es sich bei jeder Top-Weltreservewährung um die Währung eines demokratischen Landes: die USA, davor Großbritannien, davor die Niederlande; noch früher, im 13. und 14. Jahrhundert, die Republiken der Stadt- staaten Venedig, Florenz, Genua. In einer Demokratie gibt es Checks and Balances, sodass ausländische Investoren Vertrauen haben können. Die Frage ist doch, ob sich die internationale Wirtschaftswelt auf einen Autokraten verlassen möchte. Sehen Sie Herrn Putin: Der marschiert in die Ukraine ein, und keiner hält ihn zurück, weil nie- mand da ist, der das tun könnte. Die Frage ist: Vertraut die Weltgemeinschaft darauf, dass Präsident Xi Jinping nicht hergeht und die Regeln der Finanzwelt ändert, wenn ihm das opportun erscheint? Werfen wir einen Blick auf Europa und den Euro. Sie haben den Euro bei seiner Ein- führung kritisch gesehen. Wie lässt sich das System jetzt verbessern? Barry Eichengreen: In der Geschichte war es immer gut, die Fiskalpolitik als Puffer ge- gen asymmetrische Schocks in einer Wäh- rungsunion einzusetzen. Schauen Sie auf die Eurozone: Dort macht die EZB die Währungspolitik, aber die einzelnen Mit- gliedsstaaten haben unterschiedliche wirt- schaftliche Herausforderungen. Es wäre angebracht, auch auf Europa-Ebene Steuern zu erheben. Ich bin mir dessen bewusst, dass das politisch eine delikate Sache ist, aber die Logik spricht dafür, dass Wäh- rungs- und Steuerunion zusammengehören. In den USA kennen wir die Problematik auch, nur abgemildert: Seit es die Federal Income Tax gibt, also seit über 100 Jahren, haben wir in den USA eine Besteuerungs- möglichkeit auf Bundesebene. Aber Kalifor- nien hat durchaus seine Probleme mit der föderalen Politik der USA, denn es wird viel Geld von Kalifornien nach Mississippi und Louisiana transferiert. Wie sehen Sie den Euro jetzt? Immerhin gibt es ihn mittlerweile 20 Jahre als Bargeld. Barry Eichengreen: Der Euro ist ein bisher einzigartiges Experiment. Er stellt die erste Währungsunion dar, die mehrere wichtige Volkswirtschaften beschlossen haben. Die Schwierigkeit ist, dass der Euroraum zwar eine gemeinsame Zentralbank hat, aber kein gemeinsames Finanzministerium. Dafür wird der Euro immer in Frage gestellt, und » Zentralbanken stocken ihre Goldreserven auf, wenn aktuelle oder künftige Wirtschaftssanktionen drohen. « Prof. Barry Eichengreen, University of California, Berkeley T H E O R I E & P R A X I S | PROF. BARRY E I CHENGRE EN | UN I VERS I TY OF CAL I FORN I A 72 N o. 4/2022 | www.institutional-money.com FOTO: © TIM FLAVOR

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