Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

dung auf der Basis von absolut transparen- ten Voraussetzungen fällen. Alle Dinge, die Sie für Ihre Entscheidung wissen müssen, sind Ihnen bekannt: Sie wissen, von wel- chem Betrag Sie derzeit leben, dann können Sie sich ausrechnen, wie viele SeLFIES Sie benötigen. Sie wissen, dass ein SeLFIE zehn Euro jährlich zahlt und dass Sie 50.000 Euro pro Jahr haben wollen – dann benötigen Sie 5.000 SeLFIES. Werden die SeLFIES an die Inflation oder einen Index angepasst? Robert Merton: Oh ja! Wenn Sie heute be- schließen, dass Sie im Alter einmal 50.000 Euro benötigen werden, dann wollen Sie in 30 oder 35 Jahren nicht nur diese 50.000 Euro haben. Sie wollen viel mehr den Life- style haben, der heute mit 50.000 Euro möglich ist, denn den sind Sie gewohnt. Daher sind die Auszahlungen der SeLFIE- Bonds nicht fix zehn Euro, sondern sie werden an den jeweiligen Konsumausga- benindex angepasst. Der beinhaltet dann zwei Dinge: a) die Inflation und b) eine An- passung an den allgemeinen Lebensstan- dard im jeweiligen Land. Wer soll Ihrer Meinung nach SeLFIES kaufen? Robert Merton: Sie schreiben für ein Institu- tionelle-Anleger-Magazin. Daher sage ich Ihnen jetzt, dass institutionelle Investoren sie einsetzen können, um damit ihre künf- tigen Rentenverpflichtungen zu hedgen. Konzipiert wurden SeLFIES für Menschen, die etwas für ihre Rente tun wollen. Auch Rentner, die noch etwas arbeiten, können sie erwerben. Ich bin sehr dafür, dass man Jobs für ältere Menschen kreiert. Ältere haben nämlich Vorzüge, beispielsweise stre- ben sie keine Karriereziele mehr an, und sie verfügen über einen breiten Erfahrungs- schatz. Außerdem ist es gut für ältere Men- schen, etwas zu tun, das sinnvoll ist und das sie gern tun. Es macht keinen Sinn, bis zu einer bestimmten Altersgrenze 100 Prozent zu arbeiten, und dann – Bang! – gar nichts mehr. Wir sollten die Lebenszyklen besser ausbalancieren. Wo kaufen die Menschen die SeLFIES? Robert Merton: Die Idee ist, dass man SeLFIES ohne Provision bei einem staat- lichen Büro kauft. Einen Berater benötigen Sie dafür nicht. Wir dürfen die Menschen nicht mit hohen Provisionen oder Bera- tungsgebühren belasten. Die Menschen gehen einfach zu dem staatlichen Büro und kaufen die SeLFIES! Das Gute ist: Sie kön- nen selbst entscheiden, wann Sie sie kaufen. Wenn Sie jetzt als Selbstständiger oder im informellen Sektor gut verdienen, dann kau- fen Sie sie jetzt. Wenn Sie jetzt mit Ihrem Verdienst eine große Familie versorgen müssen, kaufen Sie sie später. Warum sollten SeLFIES vom Staat ausgege- ben werden – und nicht von einem privaten Unternehmen? Robert Merton: Im Prinzip könnte auch der Privatsektor SeLFIES mit dem entsprechen- den Auszahlungsprofil ausgeben. Aber im Regelfall vertrauen die Menschen der Boni- tät ihres Staates mehr als privaten Unter- nehmen. Den Staat wird es in 30 Jahren noch geben, und er wird zahlen können. Das hat auch den Vorteil, dass Sie nicht zig Seiten mit Risikoaufklärungen über das Bonitätsrisiko der ausgebenden Stelle benö- tigen. Außerdem brauchen Sie zur Ausgabe von Staatspapieren nicht viele Formulare bei Ihrer Finanzaufsichtsbehörde einzurei- chen. In jedem Land, das ich kenne, entbin- det die Aufsichtsbehörde den eigenen Staat von umfangreichen Risikodarstellungen bei der Ausgabe von Wertpapieren. Oder wie ist das, wenn Sie in Deutschland Ihre staatliche Rente abschließen? Erhalten Sie dann einen Risikohinweis, dass es später womöglich Schwierigkeiten mit der Zahlung geben könnte? Dass die Renteneinnahmen oder » Bei SeLFIES erübrigen sich Risikohinweise genau- so, wie sie sich bei der staatlichen Rente erübrigen! « Robert Merton, MIT Sloan School of Management T H E O R I E & P R A X I S | PROF. ROB ERT C . MERTON | MI T S LOAN SCHOOL OF MANAGEMENT 64 N o. 4/2022 | www.institutional-money.com FOTO: © CHRISTIAN FLEMMING

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