Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

BR I EF DER HERAUSGEBER 4 N o. 4/2022 | www.institutional-money.com N ach den Entwicklungen in diesem Jahr stellen sich wohl nicht wenige institutionelle Investoren die Frage, wie sie in nächster Zeit vorgehen sollen. Aktien sind trotz der scharfen Korrekturen im his- torischen Vergleich nicht billig, außerdem stehen die Zeichen auf Rezession. Anleihen sind zwar inzwischen billiger, lassen mehr- heitlich aber auch keine realen Renditen erwarten und würden un- ter Zinsanhebungen leiden. Immobilien hielten sich vergleichswei- se gut, haben ihre besten Jah- re aber fürs Erste hinter sich. Übrig bleiben somit nur an- dere Alternative Investments, die auch in solchen Phasen – zumindest theoretisch – ver- dienen können. Und tatsäch- lich lassen die Ergebnisse der Mitte November veröffent- lichten und online verfügba- ren EY-Umfrage „2022 EY Global Alternative Fund Sur- vey“ vermuten, dass viele Großanleger diesen Weg ge- hen. Die Umfrage ergab, dass die Reihenfolge der Gewich- tung der am häufigsten eingesetzten Anlageklassen innerhalb der Alternative-Investment-Portfolios stabil blieb: 32 Prozent Hedge- fonds (2019: 33%), 26 Prozent Private Equity und Venture Capital (2019: 26%) und 21 Prozent Immobilien (2019: 23%). Deutlich erhöht hat sich hingegen die Gewichtung von „Real Assets / Infra- struktur“, wo der Wert seit 2019 von vier auf 14 Prozent gestiegen ist. Was in der EY-Umfrage fehlt, sind konkrete Informationen zu den Anlageergebnissen der Alternative Investments. Weder wurde gefragt, was sich die Investoren konkret von ihre alternativen Investitionen erwarten, noch, wie die tatsächlichen Ergebnisse aus- sehen. Nur die geplanten Ausweitungen der Anlagen lassen den Schluss zu, dass die Anleger zufrieden sind. Wer würde seine Allo- kation in diesem Bereich ausbauen wollen, wenn die Erfahrungen enttäuschend sind? Woher diese Zufriedenheit rührt, ist dennoch unklar. Und glaubt man dem US-Finanzmarktexperten Richard M. Ennis, dann machen sich hier viele Anleger nur etwas vor. Der Autor war selbst Investor und Consultant und gilt als kritischer Beobachter der institutionellen Kapitalanlage. Im März 2022 schrieb er auf richardmennis.com: „ Seit der globalen Finanzkrise 2008 gibt es ein Märchen, das alternative Investitionen unterstützt. Es lautet wie folgt: Alternative Anlagen wie Private Equity, Hedge- fonds und Privatmarktimmobilien sind weitgehend unkorrelierte Strategien mit niedrigem Beta. Sie dämpfen die Volatilität und wa- ren eine zuverlässige Quelle für Alpha. Aufgrund ihres defensiven Charakters konnten die alternativen Strategien in der 2009 begon- nenen Hausse, in der die großen US-Aktien wie der S&P 500 In- dex einen Höhenflug erlebten, einfach nicht mithalten. Obwohl Alts in den letzten Jahren die Performance institutioneller Anlagen be- einträchtigt haben, wird ihre Zeit wiederkommen. Angesichts der nahezu rekordverdächtigen Kurs-Gewinn-Verhältnisse bei Aktien und der extrem niedrigen Anleihenrenditen könnte dieser Tag so- gar eher früher als später kommen. Sicherlich ist dies nicht der richtige Zeitpunkt, um nur in Aktien und Anleihen zu investieren.“ Ennis hält diese Einschätzung unter anderem deshalb für irre- führend, weil sich in der Finanzkrise gezeigt habe, dass Alter- natives als Ausweichstrategien nicht funktionieren. Er verweist darauf, dass die von der National Association of College and Uni- versity Business Officers zusammengestellte Liste großer Stiftun- gen mit einer durchschnittlichen Allokation von 42 Prozent alter- nativen Investments (rund 50% Hedgefonds) in dem am 30. Juni 2009 abgeschlossenen Geschäftsjahr einen Verlust von 20,5 Pro- zent verbuchte. Eine risiko- äquivalente Benchmark, be- stehend aus 72 Prozent Aktien und 28 Prozent Anleihen, ha- be im selben Zeitraum nur 18,1 Prozent an Wert einge- büßt. Hochschulen wie Har- vard, Princeton und Yale, die alternative Anlagen höher ge- wichteten, verzeichneten da- mals sogar mehr als 25 Pro- zent durchschnittlichen Ver- lust. Und auch in der Dekade nach der Finanzkrise haben diese Portfolios nach Ennis’ Berechnungen jährlich um rund 150 Basispunkte schlechter abgeschnitten als die Aktien- Anleihen-Benchmark – verursacht durch Alternative Investments. Nun ist jedes Portfolio anders, und nicht alle alternativen Produkte schneiden gleich ab, aber Anleger, die in diesen Tagen – aus gutem Grund – eine Ergänzung ihrer Asset Allocation vorbereiten, sollten diese Daten kennen und berücksichtigen. Wir wünschen Ihnen wieder einen angenehmen Jahreswechsel und würden uns freuen, Sie am Institutional Money Kongress in Frankfurt begrüßen zu dürfen. Alternativer Selbstbetrug? Gerhard Führing Mamdouh El-Morsi Gerhard Führing Mamdouh El-Morsi

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