Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

konnte, was man wollte, werden mittlerwei- le hohe Ansprüche an das Collateral gestellt. Schließlich geht es um die Qualität der Be- sicherung“, macht Stoytchkova die Notwen- digkeit deutlich. Um mit der Wertpapierlei- he tatsächlich Alpha zu generieren, müssten Asset Manager aber das billigste Collateral liefern, das gerade noch akzeptiert wird, das sogenannte „cheapest to deliver collaterial“. Je nachdem, was für ein Collateral benötigt wird, muss der Asset Manager dieses beschaffen. „Die Collateral-Verteilung will gut optimiert sein, und das ist kom- plex“, meint Stoytchkova. „Mit dem In- krafttreten der UMR hat sich die Kom- plexität der Geschäfte weiter erhöht. Das bedeutet mehr Aufwand für das Backoffice der Asset Manager oder de- ren Auslagerungsstellen“, zeigt Stoytch- kova auf. Aufwand oft unterschätzt Phase sechs der UMR ist nun bereits seit einigen Wochen in Kraft, „aber viele, die diese Regulierung anwenden müssen, haben im Vorfeld den Aufwand unterschätzt und beobachten nun die Thresholds, bei welchen die Regulatorik greift, sehr genau“, sagt Stoytchkova. Wer die Anforderungen nicht erfüllt, hat angesichts der nun greifenden Regulierung zwei Möglichkeiten: a) Er ver- abschiedet sich komplett von nicht zentral geclearten Derivaten, oder b) er lagert das Geschäft aus. „Im Markt lässt sich bereits deutlich eine niedrigere Nutzung von nicht zentral geclearten Derivaten erkennen“, beobachtet Stoytchkova und gibt zu beden- ken: „Wer sich nicht an die Regulatorik hält, muss gegebenenfalls mit einer Strafe rechnen.“ Von der OTC-Derivate-Regulierung be- troffen sind alle Finanzinstitute, sobald sie die jeweilige Schwelle an Nominalbeträgen überschreiten. „Von den Nichtbanken fallen nur die systemrelevanten Unternehmen un- ter die Regelung. Ausnahmen gelten für Staaten, Zentralbanken, multilaterale Ent- wicklungsbanken sowie die Bank für Inter- nationalen Zahlungsausgleich – diese fallen nicht unter die Regulierung“, erklärt Marti- na Bahl. Sie ist Geschäftsführerin der Bahl- Consult GmbH und berät Investoren, Ban- ken und Unternehmen zu diesem Thema. Betroffene Häuser – also etwa Asset Ma- nager – müssen Initial und Variation Margin berechnen, und Martina Bahl erklärt, was das genau ist: „Bei Abschluss des Geschäfts wird zunächst die Initial Margin (Erstein- schuss) fällig, die eine Sicherheit für die möglichen zukünftigen Risiken ist. Wäh- rend der Laufzeit der Position ist dann jeweils von dem Geschäftspartner, der barwertmäßig hinten liegt, die Variation Margin (Nachschusszahlung) zu posten. Die Variation Margin ist die Sicherheitsleistung für das aktuelle Exposure.“ Bahl ergänzt: „Wie generell üblich bei Collateral müssen die Sicherheiten entweder bei einem Drit- ten, einem Verwahrer, als Sondervermögen hinterlegt werden oder von den Gegenpar- teien selbst als Sondervermögen geführt werden, das durch spezielle Verträge rechts- verbindlich geschützt ist.“ Tägliche Bewertung Mindestens einmal täglich sind die Posi- tionen zu bewerten, um ebenfalls mindes- tens täglich die Nachschusszahlungen fest- zusetzen. „Um die Höhe der Initial Margin zu berechnen, gibt es einen Standardansatz. Alternativ dürfen auch selbst oder von Drit- ten entwickelte Modelle zur Anwendung kommen, wobei aber hohe Anforderungen an solche internen Modelle gestellt wer- den“, so Bahl. Sie sieht insbesondere zwei Herausfor- derungen bei der Umsetzung der Regeln: „Zum einen ist organisatorisch einiges zu tun: Verträge mit den Custodians müssen neu verhandelt und unterschrieben werden, und die internen Systeme müssen eingerich- tet beziehungsweise umgestellt werden“, so Bahl. Am Anfang fehle den Marktteilneh- mern sicher auch die Übung, was wann an wen zu melden ist. Zu diesen eher formel- len Angelegenheiten, die einen gewissen Aufwand darstellen, käme noch die Liqui- ditätskomponente, die sie für gewichtiger hält. „Früher waren Initial Margins nur bei börsengehandelten Derivaten zu hinterle- gen, aber durch die EMIR-Regulierung sind sie jetzt auch im außerbörslichen Geschäft obligatorisch, um das Ausfallrisiko der Ge- genpartei zu verringern“, erklärt Bahl und fährt fort: „Bei einer Marktkrise haben Asset Manager ohnehin zu kämpfen, bei- spielsweise mit Abflüssen. Wenn aber die Märkte volatiler werden, muss auch mehr Margin hinterlegt werden. Beispielsweise haben sich im Februar 2020 die Initial Mar- gins um 40 Prozent erhöht. Wenn Sie auf einmal 40 Prozent mehr hinterlegen müs- sen, wenn es Ihnen ohnehin nicht gut geht, kann Sie das in Liquiditätsnöte bringen“, führt Bahl vor Augen. Da Asset Manager meistens nicht über viel Cash verfügen – schließlich sollen sie investieren –, haben sie die Möglichkeit, statt Cash anderes Col- lateral zu hinterlegen. „Aber je stärker die Krise ist, desto strenger werden die Anfor- derungen ans Collateral. Dann werden viel- leicht irgendwann keine italienischen Staats- anleihen mehr akzeptiert, sondern nur noch AAA-geratete. Wo soll der Asset Manager die herbekommen?“, fragt Bahl und gibt gleich selbst die Antwort: „Er kann die Papiere natürlich ausleihen. Aber in einer solchen Marktsituation ist er nicht der Ein- zige, der das tun will.“ Wenn der Markt in die falsche Richtung dreht, könne das zu einem Engpass und einer Collateral-Krise führen, in die auch der Repo-Markt hin- einspielt. Aber was wird normalerweise, also in ruhigen Zeiten, als Collateral akzeptiert? „Assets, die als Margin-Sicherheit hinterlegt werden, müssen höchsten Ansprüchen ge- nügen, was Bonität und Liquidität betrifft, denn schließlich sollen sie auch bei Markt- turbulenzen und Liquiditätsproblemen ihren Wert behalten“, so Bahl. In der EU gelten deshalb nur Bargeld, Gold, Staatsanleihen, Schuldverschreibungen öffentlicher Emit- tenten aus den Mitgliedsstaaten und Anlei- hen von multilateralen Entwicklungsbanken als unbedenklich. „Alle anderen Wertpapie- re wie Aktien, Unternehmensanleihen und » Kleinere Asset Manager werden aus- lagern oder sich bei OTC-Derivaten auf weniger Counterparties beschränken. « Maren Schmitz, Partnerin bei KPMG; sie leitet den Bereich Financial Services Management Consulting in Frankfurt 262 N o. 4/2022 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T | OT C - REGUL I ERUNG FOTO: © KPMG

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