Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

haltern weitere Knüppel zwischen die Beine geworfen werden. Bisher seien jede Menge Definitionen und Reportinganforderungen für Immobilienfonds und -besitzer ent- wickelt worden, „aber echte steuerliche An- reize, um energetisch zu sanieren, kann ich nicht erkennen“, bemängelt Wolff. Schilder ergänzt, dass insbesondere „die bislang nicht reformierten, allgemeinen steuer- lichen Vorgaben für die Behandlung von Erhaltungs- und Sanierungsmaß- nahmen immer noch anzuwenden sind. Dies bedeutet, dass für vermietete Im- mobilienbestände die Umstellungen auf ESG-konforme Standards im Ender- gebnis nach wie vor wie die ,normalen‘ Instandhaltungsmaßnahmen behandelt werden.“ Er geht ins Detail: „Erfolgt der Ankauf eines Bestandsobjekts, für das nach dem nach ESG-Kriterien aus- gerichteten Businessplan kurzfristig eine konforme Sanierung erfolgen soll, so sind diese Sanierungsaufwendungen, die zu einer sogenannten ,Standard- hebung‘ des Gebäudes führen (also durch Heizungs-, Fenster-, Dach- und sonstige energiesparende Umbaumaß- nahmen den Wert des Objekts in eine neue Effizienz- und Wertigkeitskatego- rie heben), regelmäßig wegen der zeitlichen Nähe zum Erwerbsvorgang als ,anschaf- fungsnahe Kosten‘ zu betrachten. Für diese greifen nur die geringen Abschreibungs- möglichkeiten von zwei bis drei Prozent.“ Ein möglicher kurzfristiger Refinanzie- rungseffekt verpuffe also, so Schilder. Zwar helfe die erweiterte gewerbesteuer- liche Kürzung in der ergänzten Regelung aus dem Fondsstandortgesetz schon mal (Stichwort: „Erweiterung des Katalogs der unschädlichen Nebentätigkeiten“, siehe auch „Grüner Umbau ruckelt noch“ in Heft 4/2021). „Aber diese greift eben gerade nicht für den typischen Immobilienfonds“, so Wolff. Für diese Fonds sieht er immer noch Risiken, zum Beispiel das Risiko, durch Portfoliobewegungen oder eine unbe- dachte Investition doch in die Gewerblich- keit zu rutschen. „Dann zahlen Sie sofort Gewerbesteuern – das sind je nach Gewer- besteuerhebesatz zirka elf bis 17 Prozent auf den Gesamtertrag des Fonds. Die kom- men einfach obendrauf!“, so Wolff vehe- ment. Dabei wäre eine sinnvolle Lenkung relativ leicht möglich: „Der Gesetzgeber bräuchte nur festzulegen, dass energetische Sanierungen, die zum Beispiel einen Ver- zicht auf Gaslieferungen ermöglichen, als unschädliche Maßnahme im Sinne der Gewerblichkeit gelten“, meint Schilder er- gänzend und setzt sogar noch niedriger an: „Es würde schon helfen, wenn die Gewer- besteuer beispielsweise für fünf Jahre aus- gesetzt oder zumindest der Gewerbesteuer- satz reduziert würde!“ Wolff hat hingegen wenig Hoffnung, dass es zu einer solchen praktikablen Lösung kommt. Verantwortlich sei der Föderalismus in Deutschland. Eine der Haupteinnahme- quellen der Kommunen ist die Gewerbe- steuer. „Entsprechend gering ist das Interes- se der Kommunen an einer – wenn auch nur zeitlich begrenzten – Reduzierung der Gewerbesteuereinnahmen“, so Wolff. Es gibt Leuchtturmprojekte Es gibt allerdings auch Projektentwickler, die den Nachhaltigkeitstrend regelrecht um- armen und zeigen wollen, dass es geht – trotz möglicher Widrigkeiten. Einer von ihnen ist Reinhard Müller, Vorstandsvorsit- zender der EUREF AG, wobei EUREF für „Europäisches Energieforum“ steht. Mit dem EUREF-Campus Berlin hat Müller ein Stadtquartier rund um den alten Gasometer in Berlin geschaffen, das als Reallabor der Energiewende dient. „Die Energie auf dem Campus Berlin produzieren wir in unserem Bio-Methan-Blockheizkraftwerk komplett selbst. Allein in einem Element unserer Energiewerkstatt – dem AUDI-Batteriespei- cher – speichern wir 1,9 MWh in gebrauch- ten Lithium-Ionen-Batterien. Die Energie kostet nicht mehr, als wenn wir sie fremd- beziehen würden. Wir wollen zeigen, dass es machbar ist, kostengünstig und nachhal- tig Strom zu erzeugen“, erklärt Müller und fährt fort: „Den Verbrauch unserer Gebäude kennen wir genau – und steuern und redu- zieren ihn auch genau dank unseres Partners und Mieters Schneider Electric.“ Immerhin erfüllt sein Campus in Berlin bereits heute die CO 2 -Klimaziele der Bundesregierung für das Jahr 2045, und das ohne den Erhalt besonderer Fördermittel. Im Gasometer des ehemaligen Gaswerks Schöneberg wird derzeit ein Büro- und Ver- anstaltungsgebäude errichtet – ein weithin sichtbares Sinnbild für die Transformation. „Auf unserem Campus beherbergen wir nur Unternehmen, die sich mit einem der fol- genden Zukunftsthemen beschäftigten: Energiemanagement, Mobilitätswende und Klimaschutz“, erklärt Müller. Als internatio- nales Schaufenster der Energie- und Mobi- litätswende hat der EUREF-Campus Berlin eine solche Strahlkraft, dass Müller auf der diesjährigen Immobilienmesse Expo Real bereits sein neues Projekt, den EUREF- Campus Düsseldorf, vorstellen konnte, der eine ähnliche Ausrichtung wie der Campus in Berlin haben wird. Solche Beispiele zeigen: Es geht, aber nur mit viel Herzblut und offenbar auch nur dann, wenn der Nachhaltigkeit die höchste Priorität eingeräumt wird. „Normale“ Ge- schäftstätigkeiten scheinen zur Herausfor- derung zu werden. ANKE DEMBOWSKI » Bei der Erhebung der Mieterdaten stoßen wir aktuell an technische und gesetzliche Grenzen. « Svenja Eisner, Head of DACH des ESG-Data-Intelligence-Plattform-Anbieters Deepki » Wir wollen zeigen, dass es machbar ist, kostengünstig und nachhaltig Strom zu erzeugen. « Reinhard Müller, Vorstandsvorsitzender der EUREF AG 258 N o. 4/2022 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T | E SG- REGUL I ERUNG : IMMOB I L I EN FOTO: © DEEPKI, EUREF AG

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