Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

Herausforderung, sondern auch ganz einfache Praxisumsetzungen. „Viele professionelle Immobilieneigentümer würden sicherlich gern mehr im Bereich erneuerbare Energiequellen umsetzen; die vorhandene Regulatorik erschwert das Ganze an vielen Stellen allerdings – angefangen bei langwierigen Geneh- migungsprozessen und nicht nachvoll- ziehbaren Vorschriften wie beispiels- weise bei der Eigennutzung von Photo- voltaikstrom bei angrenzenden Grund- stücken“, ist Christian Motter, Mana- ging Director beim mittelständischen Wohnungsunternehmen Deutsche Zins- haus Luxembourg fassungslos. Für sol- che Regelungen hat er wenig Verständ- nis, da sie dem Ziel einer stärkeren Nut- zung von erneuerbaren Energiequellen abträglich sind. Es gab auch den Ver- such, in Teilen der verwalteten Bestände Ladesäulen für E-Autos einzubauen und bereitzustellen, aber „die Energieinfra- struktur kommt da noch gar nicht nach“, so Motter. „Es entsteht leider regelmäßig der Eindruck, dass viele Regeln gemacht wurden, ohne die Umsetzbarkeit zu prüfen.“ Auch Svenja Eisner sieht Herausforde- rungen in der Praxis. Sie ist Head of DACH des ESG-Data-Intelligence-Plattform-An- bieters Deepki, der in 41 Ländern tätig ist und 1,5 Millionen Objekte betreut. „Be- standshalter müssen die Energieverbräuche und den CO 2 -Ausstoß ihrer Immobilien festhalten, und dabei unterstützen wir sie mit unserer Plattform. Die Daten fließen dann zum Beispiel in das Reporting für Artikel-8- oder Artikel-9-Fonds“, erklärt Eisner. Mit dem Tool lassen sich auch Dekarbonisierungspfade eines Portfolios aufzeigen, etwa mithilfe von CRREM-Pfa- den. Ansonsten gebe es in den einzelnen EU-Ländern sehr unterschiedliche Anforde- rungen. Exemplarisch nennt sie das Gesetz in Frankreich, nach dem Immobilienbesit- zer/-nutzer nachweisen müssen, dass sie den Energieverbrauch für das Objekt bis 2050 gegenüber 2010 um 60 Prozent senken. „Bei der Umsetzung solcher Anforderun- gen unterstützen wir unsere Kunden. Aller- dings stoßen wir aktuell bei der Erhebung der Mieterdaten an technische und gesetz- liche Grenzen“, erklärt Eisner. Die techni- schen Hürden ließen sich nehmen. Wenn et- wa im Bestand noch keine smarten Zähler vorhanden sind, könne man diese einbauen. Aber rechtlich bewege man sich auf unsi- cherem Terrain. Die Frage sei, ob man die Daten aus rechtlicher Sicht überhaupt haben und weiterverarbeiten darf. „Wir aggregie- ren die Daten pro Gebäude, sodass keine Rückschlüsse auf einzelne Mieter möglich sind“, so Eisner. Sie wünscht sich Erleich- terungen bei der Beschaffung und Weiter- verarbeitung der Verbrauchsdaten der Mie- ter. „Gut wäre beispielsweise, wenn wir direkt an den Kundenportalen der Versorger oder Abrechnungsunternehmen wie Techem oder Schneider Electric andocken könnten“, so Eisner. „In Frankreich gibt es etwa 30 Stromversorger, an die wir alle angebunden sind. In Deutschland gibt es mehr als 1.100 Versorger, was es für Immobilienbestands- halter komplex macht, die Verbrauchsdaten pro Gebäude zu aggregieren, weil die Mie- ter ja ihren Versorger frei wählen dürfen.“ Wenn dann noch rechtliche Unsicherheiten hinzukämen, werde es schwierig. Die Daten, die Deepki für seine Kunden aufbereitet, lassen sich in den verschiedenen Reporting- und Zertifizierungssystemen für nachhaltige Immobilien nutzen. Insgesamt begrüßt Svenja Eisner das Tempo der Nach- haltigkeitsregulierung, auch wenn dies für Property-Manager mehr Arbeit bedeutet: „Ich glaube nicht, dass die Nachhaltigkeits- regulierung ein zu hohes Tempo vorgibt. Gäbe es die Regulierung nicht, würde die Immobilienbranche vermutlich zu langsam ins Tun kommen. Aber rechtliche und tech- nische Hindernisse sollten jetzt aus dem Weg geräumt werden.“ Axel Schilder kann ebenfalls Beispiele nennen, wo es bei der Umsetzung nach- haltiger Regierungspolitik hakt. „Die Förde- rung für Niedrigenergiehäuser nach dem KfW-55-Standard wurde eine Woche vor Fristablauf quasi über das Wochenende beendet und hat viele Bauherren und Pro- jektentwickler enttäuscht, die sich für nach- haltiges Wohnen engagieren wollten.“ Schilder ist Rechtsanwalt und Steuerberater bei King & Spalding LLP. Noch unglaub- würdiger habe sich die Bundesregierung gemacht, als der Fördertopf für das Folge- programm KfW 40 bereits nach wenigen Stunden aufgebraucht war und weitere neu angekündigte Förderprogramme nicht ver- folgt werden. Offenbar sind vollmundig angekündigte Fördertöpfe um viele Größen zu klein, dabei sei es doch gut, wenn Bau- herren der gewünschten Lenkungswirkung nachkommen wollten, meint auch Wolff. Er bemerkt, dass institutionellen Bestands- Der Weg zur nachhaltigen Immobilie ist noch weit: Hohe Reportinganforderungen mit Daten, die schwer zu beschaffen sind, leere Fördertöpfe und Steuerklippen bremsen. S T E U E R & R E C H T | E SG- REGUL I ERUNG : IMMOB I L I EN N o. 4/2022 | www.institutional-money.com 257 FOTO: © WAYNE | STOCK.ADOBE.COM

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