Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

M an muss nur an das Wort „Heizkosten“ denken, um schlagar- tig das Ausmaß der Nachhaltigkeitsproblematik in der Immobilienbranche zu erkennen. Nun dürfte es weder bei Fondsanbietern noch bei Anlegern an der grundsätzli- chen Bereitschaft mangeln, zu einer Verbesserung der Lage beizutragen, al- lerdings erwarten sich diese schon, dass konstruktive Vorgaben entwickelt wer- den, die in der Realität auch umsetzbar sind. Wenn es etwa Daten, die für das geforderte Nachhaltigkeitsreporting bei Immobilien benötigt werden, noch gar nicht gibt, weckt das Unmut und löst eine Flucht in den Formalismus aus. „Um keine Reputationsschäden oder Klagen wegen mangelnden Reportings zu riskieren, klassifizieren einige Asset Ma- nager, die eigentlich einen Artikel-9-Fonds auflegen könnten, ihren Fonds lieber als Artikel-8-Fonds“, beobachtet Martin Wolff, Rechtsanwalt und Steuerberater bei der Kanzlei King & Spalding LLP. Ein Grund dafür sei, dass den Asset Managern oft die erforderliche Offenlegung von Kerndaten fehlt, wenn beispielsweise bei Immobilien- fonds die Verbrauchsdaten der Gebäude nicht vorliegen. „Teilweise erhalten die Fonds die Verbräuche von Strom und Was- ser nicht von ihren Dienstleistern bezie- hungsweise den Mietern.“ Oder es bestehen Informationskettenverluste. „Schon allein das Baujahr zu bestimmen, ist manchmal eine Herausforderung, weil Anbauten und Sanierungen in der Vergangenheit nicht immer so gut festgehalten wurden, wie man es heute benötigt“, zeigt Wolff auf, welche Schwierigkeiten in der Praxis auftreten. Technisch rechnen könne man alles, „aber oft führen die vorstehenden Unwägbar- keiten dazu, dass bei Scoring-Modellen die Ergebnisse nur in einer Range angegeben werden können.“ Ob das dann von der Auf- sichtsbehörde so anerkannt werde, berge immer ein gewisses Restrisiko. Neben unvollständigen Daten spielen auch die Kosten für das Reporting eine Rol- le, sodass einige dann doch lieber auf einen Artikel-8-Fonds zurückgehen. „Um die Re- portinganforderungen für einen Artikel-9- Fonds zu erfüllen, müssen Sie zirka ein bis drei Basispunkte mehr an Kosten aufwen- den als für einen Artikel-8-Fonds“, erklärt Wolff, und nicht jeder Kunde sei am Ende bereit, diesen Mehraufwand zu bezahlen. Nicht nur das Reporting erweist sich als » Es entsteht leider der Eindruck, dass viele Regeln gemacht wurden, ohne die Umsetzbarkeit zu prüfen. « Christian Motter, Managing Director beim mittelständischen Wohnungsunternehmen Deutsche Zinshaus Luxembourg Mittlerweile gibt es auch strenge Nachhaltigkeitsregelungen für Immobilieninvestments. Die Umsetzung dieser Vorgaben in die Praxis ist in Teilen jedoch problematisch. Es klemmt » Unwägbarkeiten führen dazu, dass bei Scoring-Modellen die Ergebnisse nur in einer Range angegeben werden. « Martin Wolff, Rechtsanwalt und Steuerberater bei King & Spalding LLP Im Gebäudebestand ist noch viel zu tun Der Wohnungs- und Gebäudesektor hat ein besonders hohes Potenzial für Energieeinsparung. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, müssen bis spätestens 2050 rund drei Viertel der rund 22 Millionen Gebäude in Deutschland klimaneutral saniert werden. Das sind rund 2.500 Gebäude jeden Tag – ein strammes Unterfangen! Quelle: dena 256 N o. 4/2022 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T | E SG- REGUL I ERUNG : IMMOB I L I EN FOTO: © KING & SPALDING, DEUTSCHE ZINSHAUS LUXEMBOURG

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