Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

Er verweist auf die Entwicklung in Frankreich. Dort gelte seit drei Jahren ein anderes Haftungsrecht, was die Due Dili- gence und die Öffentlichmachung von Informationen betrifft, ähnlich wie man dies vom Gebrauchtwagenverkauf in Deutsch- land kennt. „So etwas sorgt sehr schnell dafür, dass vollständige und korrekte Daten im Vorfeld einer Immobilientransaktion ge- liefert werden“, meint Grellier, „aber das braucht eben auch Zeit.“ Cowboy-Zeiten sind vorbei Er erinnert sich an die Zeit von 2006 bis 2008: „Damals war der Datenraum ein reines Alibi, da hat keiner wirklich rein- geschaut. Man hat einfach irgendwelche Dokumente in den Datenraum geschoben, und los ging’s mit den Verhandlungen.“ 2014 und 2015 habe dann die Regulatorik eine bessere und klarere Aufbereitung der Assets erforderlich gemacht. Damals wurde die AIFMD-Richtlinie erlassen, und die Verwahrstellen bestanden auf penibel aus- gefüllten Unterlagen für ihre Due Diligence. Kurze Zeit später habe allerdings die Gold- gräberstimmung im Immobiliensegment manchmal für eine gewisse Eile bei Immo- bilienkäufen gesorgt, weil die Kaufinter- essenten befürchteten, sonst nicht zum Zug zu kommen. „Daher wurde auch mal eine Transaktion durchgeprügelt, selbst wenn die Informationen nicht perfekt vorlagen“, so Grellier. Mittlerweile sei die heiße Phase der Goldgräberstimmung vorbei, und angesichts der herausfordernden Lage bestehen Immo- bilienkäufer jetzt vermehrt auf gut gepfleg- ten Datenräumen. „Das fängt an mit den Originalmietverträgen samt allen Nachträ- gen, geht über die Nebenkostenabrechnun- gen der letzten Jahre bis hin zu den zuletzt ausgeführten Modernisierungs- und Um- bauarbeiten sowie den dabei verwendeten Materialien“, gibt Grellier Praxis-Beispiele. „Es wird immer schwieriger, Cowboy- Transaktionen durchzuführen. Wenn eine Immobilie heute nicht ESG-compliant ist, werden Sie sie nicht mehr los, oder Sie müssen einen erheblichen Non-compliant- Abschlag hinnehmen“, warnt Grellier und ergänzt: „ESG ist ein scharfes Schwert, und es trifft mittlerweile jeden.“ Personalaufwand steigt Mehr Regulatorik erfordert offenbar auch mehr Experten. „Wir sehen, dass die Daten- räume zunehmend intensiver genutzt wer- den und sich mehr Menschen darin umse- hen. Früher haben bei einer größeren Trans- aktion vielleicht 20 Leute den Datenraum genutzt, heute sind es etwa 70 Personen“, beobachtet Grellier. Für ihn ist das ein klares Zeichen dafür, dass mit der ESG- Regulierung auch der Personalaufwand bei den Investoren steigt. In seiner nächsten Studie möchte Grellier näher betrachten, welche Berufsgruppe wie viel Zeit im Datenraum verbringt und wel- che Dokumente im Einzelnen studiert werden. „Wenn wir wissen, ob eher die Banker, die Anwälte oder die ESG-Spezia- listen viel Zeit im Datenraum verbringen, können wir rückschließen, in welchen Bereichen die Anforderungen an die Due Diligence gestiegen sind“, so Grellier. Mehr Standardisierung Er rechnet damit, dass der Aufwand für die Datenräume noch für einige Zeit anstei- gen wird, es dann aber zu einer Verringe- rung des Aufwands kommen wird. „Jeder spricht von Standardisierung, aber Immo- bilien lassen sich aufgrund ihrer Komple- xität nur bis zu einem bestimmten Grad standardisieren. Im Bereich ESG sehen wir aber aktuell einen Trend zur Standardisie- rung“, meint Grellier. Seiner Meinung nach werden die Datenräume hier in den kom- menden Jahren erhebliche technologische Sprünge machen, die den Nutzern helfen werden, die benötigten Informationen schneller zu erfassen. „Auf der anderen Seite kann ich mir vorstellen, dass die Datenräume künftig nicht nur im Rahmen einer Transaktion genutzt werden, sondern auch in der lau- fenden Verwaltung, also deutlich länger“, meint Grellier. So könnten die Datenbanken auch nach dem Ankauf der Immobilie vom Property Manager und vom Asset Manager genutzt werden. „Wenn die Daten während dieser Zeit auch genutzt werden können und entsprechend gepflegt werden, dann tut man sich leichter, wenn die Immobilie nach einiger Zeit wieder in die Transaktion geht“, so Grellier. ANKE DEMBOWSKI UK, Benelux, Zentral- und Osteuropa vorn Frage an deutsche Investoren: Welche Märkte sehen Sie als die vielversprechendsten in Europa? (Doppelantworten möglich) Am meisten interessieren sich deutsche Investoren für Investments im heimischen Markt. Erst dann folgen UK und Benelux sowie Zentral- und Osteuropa. Quelle: Drooms-Studie, Oktober 2022 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % 120 % 140 % 160 % DACH 71,74 % Benelux 19,57 % Zentral- und Osteuropa 17,39 % Frankreich 7,61 % UK 19,57 % Spanien 7,61 % Skandinavien 10,87 % Transaktionsdauer in Tagen Immobilientransaktionen dauern zunehmend länger. Länder 2019 2020 2021 2022 Benelux 130 187 201 179 DACH 167 228 250 273 Frankreich 181 182 210 198 Spanien 121 144 167 192 UK 160 217 281 256 Grand Total 165 217 240 258 Als Gründe für die länger werdenden Transaktionsdauern werden die unter- schiedlichen Vorstellungen von Käufern und Verkäufern über die Bewertung gesehen – und auch die schwieriger werdenden Fremdfinanzierungen. Der Hauptgrund ist aber in der ESG-Regulatorik zu sehen, für die zahlreiche neue Daten zu erfassen sind, die vor der Transaktion ausgetauscht werden müssen. Quelle: Drooms-Studie, Oktober 2022 220 N o. 4/2022 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | IMMO- CROSS - BORDER - UMFRAGE

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