Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

se in die Vergangenheit vor“, meint Rohwe- der. Er ist Director Real Estate beim Hotel- betreiber und Investor Numa, der stark auf neue Technologien setzt. „Hotels müssen personal-lean werden und ihre Prozesse stärker digital verknüpfen“, so Rohweder. Die Personalintensität von Hotels und die aktuelle Knappheit von Fachpersonal trei- ben sie dazu. „Ein Dreisternehaus erreicht bei einem Zimmerpreis von 70 Euro pro Nacht in etwa seinen Break-even. Das Per- sonal macht hier etwa 30 Prozent der Kos- ten aus, Energie inzwischen acht bis 15 Pro- zent, je nach Objekt und Ausstattung“, rech- net Rohwedder vor. „Wir schauen, dass wir für ein gutes, modernes Boutique-Apart- ment im Schnitt zwischen 140 und 160 Eu- ro pro Nacht erzielen. Dabei machen wir unsere Preise täglich und nutzen unseren Technologievorsprung.“ Digitalisierungsfortschritte 80 Prozent der internen Prozesse bei Numa sind bereits digitalisiert, von Bu- chung und Zimmervergabe bis hin zu Housekeeping, Buchhaltung, Checkout. Weil die Objekt-Daten systematisch gesammelt und ausge- wertet werden, kennt Numa die Aus- lastung seiner Häuser auf Knopf- druck. „So können wir Verwaltungs- aufwand und Betriebskosten deutlich reduzieren. Das hält uns skalierbar und kosteneffizient und hilft uns, auch starke Marktschwankungen zu überstehen“, so Rohweder. Gerade in der jetzigen Zeit interessierten sich Investoren dafür, ob der Betrei- ber krisensicher ist. Auch den Kun- den käme das Technologie-Upgrade zugute. „Wir erfassen die Kunden- daten nur einmal, sodass die Gäste nicht jedes Mal neu ihre Daten im Meldeschein eintragen müssen. Über KI-Systeme werten wir Beschwer- den zimmerbezogen aus. So können wir schnell ermitteln, wenn ein Zimmer beson- ders laut oder die Klimaanlage defekt ist, und Maßnahmen ergreifen.“ Was die Lage der Numa-Hotels betrifft, setzt Rohweder auf Topstandorte: „Corona hat gezeigt, dass persönliche Kontakte nicht wegzudenken sind. Die Leute reisen viel- leicht eher mit der Bahn an als früher und wollen dann in A-Lagen wohnen, und zwar in modern geführten Häusern.“ Bei PGIM Real Estate ist man für den Hotelsektor weniger optimistisch, zumin- dest kurzfristig und mit Ausnahme des Low- Budget-Segments. „Die Zeit der Corona- Lockdowns war schwierig, aber dank staat- licher Unterstützungsprogramme kam es nur zu wenigen Hausschließungen. Wenn, dann wurden überwiegend Häuser im unte- ren Fünfsternesegment geschlossen“, be- trachtet Sebastiano Ferrante den Markt. Er ist Deputy Head of Europe bei PGIM Real Estate. Auch verzeichnete der Hotelsektor ein starkes erstes Halbjahr 2022. „Hotels hatten wieder ähnliche Belegungszahlen wie vor Corona“, so Ferrante. „Was den Hotelbetreibern derzeit zu schaffen macht, sind die hohen Energiepreise, fehlendes Fachpersonal und eine rezessive Situation, in der es schwieriger wird, hohe Preise für Hotelübernachtungen durchzusetzen“, zählt Ferrante die Schwierigkeiten auf. „Vermut- lich werden die Energiepreise nicht wieder auf das Niveau von 2021 runtergehen“, wagt er einen Blick in die Zukunft. Da- her käme es heute mehr als früher da- rauf an, darauf zu achten, dass der Be- treiber operativ stabile Strukturen habe. Bense beobachtet in dem Zusammen- hang ein neues Preisgestaltungsphäno- men: „Teilweise sehen wir, dass Hotel- betreiber zusätzlich zur regulären Zim- merrate noch eine Energiepauschale ausweisen.“ Ähnliche Preisgestaltungen konnte man in der Vergangenheit schon bei Airlines mit der Kerosinpauschale beob- achten. Die größten Chancen sieht Ferrante aktu- ell im Low-Service-Bereich, etwa bei Bou- tique- und Budget-Hotels, sowie im Lean- Luxury-Segment. „Die Menschen wollen oder müssen trotz der Rezession reisen, aber sie sind bei den Übernachtungen jetzt sparsamer und buchen eher eine Klasse günstiger als vor Corona“, so Ferrante, „Häuser, die technisch und digital gut auf- gestellt sind, können im Low-Service-Be- reich hohe Margen erzielen.“ Man sehe dies bereits an Häusern, die keine Rezeptionen mehr besetzen, und am eingeschränkten Service, dass z. B. die Handtücher seltener gewechselt und die Zimmer nicht mehr täglich gereinigt würden. Gute Chancen sieht er auch im Bereich Long-Term-Lease und Open Air. „Wir folgen der Private-Equity- Schiene und investieren in die für Touristen vergleichsweise preisgüns- tigen Segmente Mobile Home, Tiny House, Campingplätze. Dabei han- delt es sich um äußerst resiliente Segmente des Hospitality-Bereichs, selbst dann, wenn die Rezession anhält und die Energiepreise hoch bleiben“, so Ferrantes Überlegung. Im Rahmen seiner Value-Add-Stra- tegie plant PGIM Real Estate bis zu 150 Millionen Euro in Open-Air- Tourismus zu investieren, überwie- gend in Italien. „Dort ist die Saison länger als in Deutschland, die Mar- gen sind attraktiv, und Deutsche, » Energie, Wareneinkauf und Mitarbeiter machen den Großteil der Kosten eines Hotels aus. « Martin Schaffer, Managing Partner beim Hotelconsultant MRP Hotels Value-Add im Aufwind Gegenüber 2021 haben die Transaktionen in den ersten drei Quartalen 2022 insbesondere bei Value-Add-Strategien zugenommen. Der Anteil von Value Add steigt insbesondere zulasten des Anteils von Core. Der Grund: Derzeit werden viele familiengeführte Hotels verkauft. Weil die privaten Betreiber zuletzt nur wenig in ihre Häuser investiert haben, müssen die neuen Betreiber die erworbenen Häuser erst einmal auf den neuesten Stand bringen. Quelle: CBRE Research Q3/2022 Q1-Q3 2021 Q1-Q3 2022 40 % 41 % 25 % 30 % 22 % 20 % 7 % 15 % Core Core Plus Value-Add Opportunistisch P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | HOT E L - IMMOS N o. 4/2022 | www.institutional-money.com 207 FOTO: © ANNETTE KOROLL

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