Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

den – Mustererkennung. „Genau diese Blackbox vermeiden wir mit unserem Ansatz komplett“, erklärt Christian Jost, Managing Director von Quantic Financial Solutions, einer Tochter der Wiener Fonds- boutique C-Quadrat. Das Unternehmen hat sich laut eigenen Angaben dem „Deep Data Asset Management“ verschrieben – also einer gewaltigen Datenbasis, die über Big Data hinausgeht, mit der man tiefer in den Datenozean eintauchen will, als das her- kömmliche Asset Manager tun. Deep-Data-Ansatz „Kern unseres Ansatzes ist eine Daten- Engine, die sich aus den Gewinn-und-Ver- lust-Rechnungen von mehr als 50.000 gelis- teten Titeln und 42 Millionen Unternehmen weltweit speist“, so Jost. Damit erfassen die Datenmanager fundamentale Unterneh- mensdaten, die weit über das hinausgehen, was sonst an Daten zu gelisteten Aktien und Anleihen verfügbar ist (siehe Grafik „Deep Big Data und seine Anwendungen“). Tatsächlich war das Asset Management per se ein Schritt, der erst im zweiten Anlauf geschehen ist. Ursprünglich kommt das Team aus dem Risikomanagement. Mithilfe dieses Deep-Data-Ansatzes hat man für diverse institutionelle Kunden, etwa aus dem Banken- oder Verbandsbereich, Multi- Asset-Portfolios gestresst und die Konse- quenzen diverser Risikoszenarien aufge- zeigt. „Wenn das BIP um zwei Prozent zu- rückgeht – was bedeutet das dann?“, fragt Jost. „Welche Auswirkungen hat das auf die Unternehmen, auf ganze Industrien?“ Fra- gen dieser Art beantwortete zuletzt Quantic- Partner Roland Demmel, bezogen auf das wahrscheinlich eintretende Stagflationssze- nario in Deutschland (siehe „Case: Deep- Data-Prognose Deutschland-Makro“) . Case Study Stagflation „Bei einer leichten Stagflation wird von gut vier Prozent Inflation 2022 ausgegan- gen, die sich dann bis 2025/2026 wieder bei etwa zwei Prozent einpendelt, während die Wachstumsrate 2026 von gut drei auf knapp unter zwei Prozent abnimmt. Bei einer schweren Stagflation gehen wir 2022 von acht Prozent Inflation aus, die nur langsam abklingt und sich 2026 bei zwei Prozent einpendelt. Die Wachstumsrate beträgt 2022 nur noch 0,5 Prozent und steigt dann bis 2026 langsam auf unter zwei Prozent an“, wie Demmel erklärt. Doch was sind die Auswirkungen – bei- spielsweise auf das Kreditrisiko? An dieser Stelle greift die GuV-Engine des Analysten: „Als Maß für das Kreditrisiko wird die Aus- fallwahrscheinlichkeit jedes Unternehmens von 2021 bis 2025 errechnet, dann Jahr für Jahr das arithmetische Mittel über alle Un- ternehmen gebildet und dieses Mittel dann auf einen Wert von 100 Prozent im Jahr 2021 indexiert. Danach wird für diesen Kre- ditrisikoindex dessen jährliche Wachstums- rate bestimmt. In beiden Szenarien wächst das Kreditrisiko, was bedeutet, dass 2022 bis 2025 ein deutlich erhöhter Wertberichti- gungsaufwand für Kredite und Anleihen von deutschen Unternehmen zu erwarten ist, sofern nicht wieder staatliche Hilfen auf- gesetzt werden“, so Demmel. Im Fall einer schweren Stagflation würde das durchschnittliche Kreditrisiko von 2021 bis 2025 um rund 70 Prozentpunkte anstei- gen. Die aktuelle EZB-Politik lässt ein der- artiges Szenario als nicht unwahrscheinlich erscheinen. Interessant wäre zu beobachten, wie ein KI-gesteuerter Asset Manager mit dieser Art von Daten umgeht und ob eine Maschine das vorhandene Datenmaterial effizienter interpretiert als ein Mensch. Ein derartiges Vorhaben besteht derzeit jedoch nicht. HANS WEITMAYR » Kern unseres Ansatzes ist eine Daten-Engine, die sich aus den GuVs von mehr als 42 Millionen Unternehmen weltweit speist. « Christian Jost, Managing Director von Quantic Financial Solutions Case: Deep-Data-Prognose Deutschland-Makro Wie man von flächendeckenden GuV-Analysen auf Prognosen zum landesweiten Kreditrisiko kommt Die Deep Data Engine von Quantic wertet die GuVs von weltweit mehr als 42 Millionen Unternehmen aus. Aufgrund dieser Daten können diverse Prognosen zu den Finanz- oder Kreditmärkten, aber auch zum makroökonomischen Umfeld erstellt werden. In einer Case Study hat sich das Team die Szenarien einer milden und einer schweren Stagflation in Deutschland angesehen und die Bandbreite an Auswirkungen auf Inflation, Wachstum und Kreditrisiko erhoben. Quelle: Quantic Financial Solutions 0 % 1 % 2 % 3 % 4 % 5 % 6 % 7 % 8 % 9 % 0,0 % 0,5 % 1,0 % 1,5 % 2,0 % 2,5 % 3,0 % 3,5 % 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % 120 % 140 % 160 % 180 % 200 % Leichte Stagflation Schwere Stagflation 2022 2023 2024 2025 2026 Veränderung in Prozent Inflation Deutschland Wachstum reales BIP Deutschland Kreditrisiko Deutschland indexiert 2022 2023 2024 2025 2026 Veränderung in Prozent 2021 2022 2023 2024 2025 Veränderung in Prozent P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | B I G DATA N o. 4/2022 | www.institutional-money.com 203

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