Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

I m Vokabular kleinerer Stammesge- sellschaften kann es vorkommen, dass die Zahl „hundert“ nicht exis- tiert. Stattdessen kommt es zu über- schlagsmäßigen Begriffen wie „viel“ oder „sehr viel“. Genau genommen ist das ein Ausdruck sprachlicher Effizienz, denn wozu Zahlen erfinden, für die man in der Regel keinen Bedarf hat – und deren Aus- maß man gar nicht einschätzen kann? Sie werden intuitiv erfasst. Mit der Intuition ist es für die meisten Bewohner westlicher Industrienationen bei allerlei Zahlenwerk inzwischen hingegen vorbei. Etwa bei diesem: 1 Zettabyte. Hier- bei handelt es sich um eine „1“ mit 21 Nul- len – wenn wir uns an dieser Stelle nicht verzählt haben. Viermal diese Zahl stellt die Anzahl der Bytes dar, aus denen das digitale Universum per Sommer 2022 bestanden hat. Das ist eine Zahl, die man glauben oder nicht glauben kann. Man kann nachfragen, wie das „digitale Universum“ ausdefiniert ist, und ob es nicht in Wirklichkeit 3,9 oder 4,1 Zettabyte sind – ein Gefühl für diese Art von „Big Data“ besteht trotzdem nicht mehr. Relevant sind solche Zahlen trotzdem, eröffnen sie der Finanzindustrie doch so- wohl im quantitativen Bereich als auch bei Anwendungen der künstlichen Intelligenz immer genauere und wettbewerbsfähigere Anwendungen. Marktneuheiten Das zeigt nicht zuletzt das stetig steigen- de Spektrum an neuen KI-getriebenen Fondsprodukten (siehe auch die News- Strecke von Institutional Money) : So hat beispielsweise Berenberg einen neuen marktneutralen Sentiment Fund lanciert, der auf einem Big-Data-KI-Ansatz beruht. Laut Unternehmensangaben werden hier täglich mehrere hunderttausend Nachrichten voll- automatisch analysiert und daraus Handels- signale generiert. Das Portfolio besteht aus Währungen und Rohstoffen, insbesondere Gold und Rohöl. Alle Strategien sind gleich gewichtet und sollen unterm Strich unab- hängig von Marktzyklen eine jährliche Ren- dite von fünf Prozent bei einer Volatilität von fünf Prozent erzielen. Ein weiteres Beispiel wäre der gemein- sam von Monega und der Frankfurter Per- sephone Quantitative Finance Group kon- struierte Absolute-Return-Fonds Persephone Cointegration Alpha, der als erstes UCITS- Vehikel auf das nobelpreisprämierte mathe- matische Konzept der Kointegration zu- rückgreift: Demnach wird ein Aktienport- folio kreiert, das sich laut Unternehmen kointegriert zu einem effizienten Referenz- index verhält – Portfolio und Referenzindex befinden sich in einer Gleichgewichtsbezie- hung, zu der sie – so die Erwartung – im Sinne der Mean Reversion immer wieder zurückkehren. Ziel ist eine stetige markt- neutrale Rendite von vier bis sieben Prozent jährlich bei einer niedrigen Volatilität von unter fünf Prozent im Jahr. Damit scheint sich ein Trend zu etablie- ren, der vor zehn Jahren von Get Capital Die Datenflut wird nicht nur breiter, sondern auch tiefer. Damit wird die Lage für den Menschen an sich zunehmend unübersichtlich – mathematische und selbstlernende Modelle profitieren jedoch vom immer größer werdenden Input. » Beide Wendepunkte eines Crash-Szenarios zu treffen, kann als Spezialfall des Reallokationsproblems verstanden werden. « Marco Wunderlich, Head of Client Development bei Get Capital Big, Deep Data Herausforderung Verlustminimierung Künstliche Intelligenz gerät im Krisenfall eher nicht in Panik. Nicht wenige Theorien belegen, dass es für den langfristigen Erfolg einer aktiven Strategie vor allem wichtig ist, die Maximalverluste so weit wie möglich zu minimieren. Befürworter künstlicher Intelligenz weisen auf die Emotionslosigkeit von KI in Krisensituationen hin. Skeptiker hingegen verweisen auf Blackboxes innerhalb des Entscheidungsprozesses und die damit verbundene Intransparenz. Quelle: Get Capital 20. 2. bis 23. 3. 2020 Drawdown 30. 6. 2020 1. 1. 2020 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % MSCI World Aktienquote Quant Global Equity Fonds -33,8 % Prozent -18,4 % 200 N o. 4/2022 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | B I G DATA

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