Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

sich zu berechenbaren Größen entwickelt, die sowohl Qualitäts- als auch Growth- Investoren ansprechen, aber meist keinen Bewertungsabschlag aufweisen, den Value- Manager suchen. Der Gesundheitssektor hat für jede Stra- tegiegruppe etwas zu bieten. Alle fünf Ver- gleichsgruppen weisen eine Übergewich- tung im Gesundheitssektor auf, diese nimmt jedoch sehr unterschiedliche Formen an. So sind Low Volatility und Income stark auf Big Pharma ausgerichtet, während Classic- Quality- und Quality-Growth-Manager sich auf Ausrüstung und Zubehör, also medizini- sche Geräte, und den Bereich Life Sciences fokussieren. Große aktive Gewichtungsab- weichungen unter den defensiven Aktien- strategien findet man auch im Basiskon- sumsektor. Wenig verwunderlich, haben dort alle vier Gruppen – bis auf die Ausnah- me Quality Growth – eine Übergewichtung. Beim diskretionären Konsum hingegen wei- sen alle fünf Gruppen eine Untergewich- tung auf, allerdings ist diese nur bei Low Vol und Income ausgeprägt. Im Energie- sektor fährt nur die Gruppe der Income- Manager eine leichte Übergewichtung, die vier anderen Gruppen weisen dort eine Untergewichtung auf. Die Grafik „Sektora- le Gewichtungsdifferenzen“ gibt einen Ein- blick in alle elf Sektoren. Eine quartalsweise Branchenanalyse über einen längeren Zeitraum, wie sie bfinance durchführt, schafft noch mehr Erkenntnisse. Robert Doyle, Senior Director Public Mar- kets bei bfinance in London, führt aus: „In- teressant ist beispielsweise, dass die Sek- toren, die mit Quality-Investments in Zu- sammenhang gebracht werden, sich im Lauf der Zeit aufgrund tiefgreifender struk- tureller Veränderungen in den Volkswirt- schaften und Märkten dramatisch verändert haben. Erfolgreiche Portfoliomanager haben diese Veränderungen antizipiert und ihr Portfolio entsprechend gesteuert.“ Weitere Erkenntnisse Auch bei den regionalen Exposures un- terschieden sich die Strategien: Income ge- wichtet beispielsweise Europa zulasten Nordamerikas über, während Low Volatility ein größeres Gewicht auf die entwickelten asiatischen Märkte legt. Bei asiatischen Ent- wicklungsländern zeigen im Übrigen alle fünf defensiven Aktienstrategien eine Unter- gewichtung. Beim Thema Nachhaltigkeit fällt eine um 52 Prozent höhere CO 2 -Inten- sität von Low Volatility ins Auge, wohinge- gen Classic Quality und Quality Growth beiden eine 85 Prozent geringere CO 2 -In- tensität aufweisen. Das hat wohl damit zu tun, dass sich bei Low Vol mehr klassische Industrietitel finden und vor allem auch Ver- sorger. Diese stellen nur drei Prozent der Marktkapitalisierung im MSCI ACWI dar, repräsentieren aber mehr als 40 Prozent der gewichteten durchschnittlichen CO 2 -Inten- sität. Classic Quality und Quality Growth sind in allen CO 2 -intensiven Branchen un- terrepräsentiert. Der starke Bias in Richtung IT – die Branche bietet einen strukturellen Vorteil bei CO 2 -Emissionen – sowie SaaS – dieses Segment gilt als besonders CO 2 -arm – ist hier überaus hilfreich. bfinance gibt zu bedenken, dass sich Investoren genau über- legen sollten, wie sie CO 2 -Reduktionsziele bei defensiven Strategien implementieren möchten. Die Vorgabe, dass jeder Aktien- manager zum Beispiel eine Verringerung der CO 2 -Intensität seines Portfolios auf 75 Prozent des Benchmarkniveaus ansteuern soll, bedeutet für Low-Volatility-Manager etwas ganz anderes als für Quality-Growth- Manager: Während erstere substanzielle Abweichungen gegenüber ihrer Standard- strategie vornehmen müssten, würden letz- tere keine Adjustierungen benötigen. Dem sollte man mit unterschiedlichen Zielvorga- ben Rechnung tragen. Die lange Sicht Dass defensive Aktienstrategien zuletzt outperformten, überrascht niemanden. Viel- mehr interessiert Institutionelle, ob es sich lohnt, defensive Strategien als fixen Bestand- teil in ihre Allokation einzubauen. Was im ersten Halbjahr 2022 und ein Jahr zurück gut funktionierte, sieht in der Drei-, Fünf- und Zehnjahresbetrachtung der Überschuss- renditen relativ gedämpft aus. Quality Growth und Classic Quality haben im Durchschnitt in der langen Hausse eine positive Überrendite von mehr als zwei Pro- zent pro Jahr gegenüber dem MSCI ACWI. Das Niedrigzinsumfeld, das sich jetzt seit geraumer Zeit schon ändert, hat sich insbe- sondere für Growth als besonders günstig erwiesen. Dieser Rückenwind fällt nun wohl längere Zeit weg. Low-Volatility- und In- come-Strategien haben sich seit der Wieder- belebung der Value-Strategien 2021 entspre- chend positiv in Szene setzen können und damit ihre langfristig bescheidene relative Performance verbessert, wobei Low Vol noch aufzuholen hat. DR. KURT BECKER Sektorale Gewichtungsdifferenzen Die fünf defensiven Aktienstrategien zeigen deutliche sektorale Unterschiede zum MSCI ACWI. Alle fünf Vergleichsgruppen weisen beispielsweise eine Übergewichtung im Gesundheitssektor auf. Beim IT-Sektor findet man eine große Dispersion betreffend die sektorale Gewichtung. Den Energiesektor wiederum untergewichten alle Strategiegruppen mit Ausnahme von Income. Cash spielt als Residualgröße in der Allokation keine aktive Rolle. Quelle: bfinance, Style Analytics, eVestment Aktive Gewichtung zum MSCI ACWI -15 % -10 % -5 % 0 % 5 % 10 % 15 % Low Volatility Income Quality Growth Quality Value Classic Quality IT Finanzen Pharma/ Gesundheit Diskretionärer Konsum Industrie Kommunikations- dienstleistungen Basis- konsum Roh- und Grundstoffe Energie Versorger Immobilien Cash 194 N o. 4/2022 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | ANLAGE S TRAT EG I E

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