Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

A ngesichts hoher geopoliti- scher Spannungen, einer nicht bloß temporären Infla- tion und der Versuche der Zentralbanken, trotz deutlicher Leitzins- erhöhungen ein Soft Landing zu bewerk- stelligen, bleibt dem aktiven Aktieninvestor nicht viel anderes übrig, als sein Engage- ment in defensiven Strategien auszu- bauen. Es liegt nahe, sich dabei an Stra- tegien zu halten, die in den vergangenen Rezessionszeiten funktioniert haben, wie „Low Volatility“, „Classic Quality“, „Quality Value“, „Quality Growth“ und „Income“. Sie konnten sich wiederholt besser als der Markt und damit besser als passive Engagements behaupten und stellten eine gewisse Form des Kapital- schutzes dar. Allerdings wäre es zu ein- fach, um nicht zu sagen fahrlässig, blind darauf zu vertrauen, dass diese Nischen auch diesmal besser laufen werden. Das Be- ratungsunternehmen bfinance hat diese fünf Strategien daher noch einmal genau unter die Lupe genommen – nicht zuletzt deshalb, weil sie gerade in jüngerer Zeit „Aussetzer“ hatten. So fuhr man etwa im schwierigen Aktienjahr 2018 (DAX: –18%, MSCI World: –4%) auch mit „Quality Growth“ nicht gut. Im Corona-Crash-Quartal 1/2020 war es die „Income-Strategie“, die hinter dem Markt zurückblieb, und aktuell sind es „Classic Quality“ und vor allem „Quality Growth“, die enttäuschen. Die letztgenannte Strategie fiel im ersten Halbjahr 2022 mit einer heftigen Underperformance von an die neun Prozent auf (siehe Grafik „Über- schussrenditen defensiver Strategien in Marktabschwüngen“) . bfinance hat die fünf untersuchten Strate- gien in drei Hauptgruppen eingeteilt: Am defensivsten Ende findet man Low Volatili- ty, hier wird eine explizite Risikominderung angestrebt. Income-Strategien suchen be- kanntlich nach Unternehmen mit hohen Di- videndenrenditen, bei denen die Ausschüt- tungen allfälligen Kursverlusten entgegen- wirken. Weniger leicht zu fassen sind Qua- litätsstrategien, die Unternehmen mit klaren Wettbewerbsvorteilen und starken Bilanzen bevorzugen. bfinance hält „High Quality“ für den vielleicht am meisten überstrapa- zierten Begriff im aktiven Aktienmanage- ment. Martha Brindle, Director Public Mar- ket bei bfinance, führt aus: „Wir haben noch keinen Manager getroffen, der erklärt, dass er sich auf Unternehmen mit geringer Qua- lität konzentriert. Es gibt zwar einige popu- läre Qualitätskennzahlen, aber der Begriff ist und bleibt subjektiv. Qualitätsansätze basieren in der Regel auf qualitativen Kri- terien – etwa ein starker Wettbewerbsvorteil In früheren schwierigen Marktphasen haben sich einige defensive Aktienmarktstrategien als gangbare Alternative erwiesen. Das Beratungsunternehmen bfinance wollte wissen, ob man damit nach wie vor gut beraten ist. Überschussrenditen defensiver Strategien in Marktabschwüngen Excess Returns zum MSCI ACWI Während in der Vergangenheit alle fünf vom Consulter bfinance definierten defensiven Strategien in Marktabschwüngen positive Überschussrenditen zum MSCI ACWI produzierten, sah es zuletzt anders aus. Im vierten Quartal 2018 underperformte Quality Growth leicht, im Corona-Quartal 1/2020 war es die Income-Strategie. Aktuell ist Classic Quality – und vor allem Quality Growth – die am wenigsten defensive Aktienstrategie. Quelle: bfinance, eVestment Überschussrenditen -10 % -5 % 0 % 5 % 10 % 15 % 20 % Low Volatility Income Quality Growth Quality Value Classic Quality Überschussrenditen während Marktrückgängen Jänner 2022 bis Juni 2022 Jänner 2020 bis März 2020 Oktober 2018 bis Dezember 18 Juni 2015 bis Februar 2016 April 2012 bis Mai 2012 Mai 2011 bis September 2011 Mai 2010 bis Juni 2010 Juni 2008 bis Februar 2009 » Ein Blick auf das Stil-Exposure der Manager der fünf defensiven Aktien- strategien lohnt sich allemal. « Martha Brindle, Director Equity Public Markets bei bfinance in London Airbags auf dem Prüfstand 190 N o. 4/2022 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | ANLAGE S TRAT EG I E FOTO: © BFINANCE

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