Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

dite aus und haben einen Risikoaufschlag, der über dem historischen Mittel liegt.“ Die- sen Risikoaufschlag gibt es jedoch nicht grundlos. Never fight the Fed Selbst wenn die Anleihenkurse nicht mehr tief fallen und einen Boden ausbilden sollten – mit höheren Schwankungen sollten Rentenanleger jedenfalls rechnen. Auf kurze Sicht würden nach Einschätzung von Adressen wie Berenberg oder M.M. War- burg die negativen Faktoren die Überhand behalten. Dazu zählen die unsichere Energieversorgung in Europa, der Ukrainekrieg, noch immer bestehende Lieferkettenprobleme, eine drohende (schwere) Rezession und als wohl wich- tigster Faktor eine restriktive Geldpoli- tik der großen Zentralbanken. „Gegen die Fed oder irgendeine andere Zentralbank sollte man nicht ankämpfen“, warnt Robeco in seinem Ausblick auf das vierte Quartal dieses Jahres. Immerhin gilt das Abschöpfen von Liquidität als der treibende Marktfaktor. Aus diesem Grund korrelieren Aktien- wie auch Anleihenkurse mit den Veränderungen der Gesamtbilanzen der wichtigsten Zen- tralbanken. Der jüngst eingeleitete Wechsel von Quantitative Easing auf Quantitative Tightening sollte damit für weiteren Abwärtsdruck auf die Preise von Vermö- gensanlagen sorgen. „Wir raten daher aktuell dazu, keine zusätzlichen Risikopositionen aufzubauen, sondern Neuinvestitionen am kurzen Ende der Kurve in hoher Qualität mit Buy-and- Hold-Charakter vorzunehmen“, rät M.M. Warburg zur Vorsicht. Viel Pessimismus Gaurav Chatley, Manager für europäische Credit-Strategien bei M&G Investment, sieht in der vielfach empfohlenen Vorsicht bei Risikoanlagen inzwischen etwas Posi- tives. Er meint, dass die Mehrzahl der Cre- dit-Strategen mittlerweile dem Bärenlager angehören würden – trotz mittlerweile günstiger Bewertungen. Und genau das sei als Kontraindikator zu sehen und rechtferti- ge gestaffelte antizyklische Käufe. Ein weiteres mögliches Zeichen für eine bevorstehende Wende könnte das Emis- sionsgeschehen am Primärmarkt für Euro Corporate Bonds sein. Einem Helaba-Be- richt zufolge wurde im dritten Quartal 2022 mit lediglich 44 Milliarden Euro Emissions- volumen das niedrigste Niveau seit zehn Jahren am Markt erzielt. Für das Gesamt- jahr wird ein Volumen von lediglich rund 250 Milliarden Euro erwartet. Dieses der- zeit niedrige Angebot am Rentenprimär- markt sollte auf mittlere Sicht für eine Ver- knappung bei den peu à peu abreifenden Unternehmensanleihen und damit für eine Bodenbildung sorgen, da die dadurch frei werdenden Gelder von den Anlegern re- investiert werden. Stochern im Nebel Unter Abwägung der bislang angeführten Bewertungsniveaus und Markteinflussfakto- ren müssen kaufinteressierte Investoren am Ende als wohl wichtigstes Kriterium pro- gnostizieren, inwieweit die europäische Wirtschaft zukünftig zur Schwäche neigt oder ob über eine Rezession hinaus gar eine schwere Krise als „Worst Case“-Szenario droht und damit Unternehmensanleihen weiter an Wert verlieren. Diese wohl für Investoren entscheidende Frage stellte Institutional Money vier Fondshäusern. Franklin Templetons europäischem Ren- tenchef David Zahn zufolge befinden sich Euro IG Spreads bereits auf Rezessionsni- veau und spiegeln damit das schwierige ma- kroökonomische Umfeld sowie die Erwar- tung einer weiteren Verschlechterung wider. » Euro-IG-Corporate Bonds sind hinsichtlich Renditen und Spreads attraktiv bewertet. « David Zahn, Head of European Fixed Income bei Franklin Templeton Höhere Spreads und Renditen Unternehmensanleihen bringen nach vielen Jahren wieder Rendite. Europäische Unternehmensanleihen bieten nach dem Abverkauf nicht nur wieder Risikoaufschläge (Spreads) von etwas mehr als 200 Basispunkten gegenüber deutschen Staatsanleihen (linker Teil der Grafik), sondern aufgrund der Aufwärtsbewegung der zugrunde liegenden Zinskurve zusätzlich auch absolute Renditen in Höhe von mehr als vier Prozent (rechter Teil der Grafik). Quelle: M&G, Flossbach von Storch, Daten per Oktober 2022 0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 0 % 1 % 2 % 3 % 4 % 5 % 6 % 7 % 8 % BofA European Corporate Bond Index Bloomberg Euro-Aggregate ex-Financials Corporate Index Bloomberg Euro-Aggregate Corporate Index 2000 2005 2010 2015 2020 2022 2001 2005 2010 2015 2020 2022 Basispunkte Prozent 180 N o. 4/2022 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | UNT ERNEHMENSANL E I HEN FOTO: © CHARLES STURGE

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