Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

2015 wurde eine „Hurrikan-Klausel“ einge- fügt, um den Schuldendienst im Fall eines weiteren katastrophalen Wetterereignisses zu erleichtern, wobei genau festgelegt wur- de, wie ein solches Ereignis definiert ist. Die GMO-Anleihenspezialisten stellten fest, dass die überwiegende Mehrheit dieser SCOs nach einem Zahlungsausfall ausge- geben wird, in der Regel als „Bonbon“, um die Beteiligungsquote der Anleihengläubi- ger an einer Umschuldung zu erhöhen. Nur sehr wenige werden präventiv emittiert, und wenn doch, wie im Fall von Grenadas Hur- rikan-Klausel, scheint es, dass man damit eher den letzten Krisen hinterherläuft und sich nicht unbedingt auf zukünftig mögliche Krisen vorbereitet. Pläne für die Schublade Der jüngste ernsthafte Versuch, Instru- mente zu entwickeln, mit denen sich die nächste Krise bewältigen ließe, wurde von einer Gruppe von Investoren, Wissenschaft- lern und Juristen unternommen, die 2015 und 2016 mit der Bank of England zusam- menarbeitete. Die Gruppe entwickelte An- leihen mit einer Zahlungsstruktur, die an das BIP eines Landes gekoppelt ist nach dem Motto: Je höher das BIP, desto höher die Steuereinnahmen der Regierung und damit deren Zahlungsfähigkeit. Hätten sich diese Anleihen durchgesetzt, wären sie bei der aktuellen globalen Pandemie nützlich gewesen. Effektiv hätten die Länder einen Schuldenerlass durch niedrigere vertragliche Zahlungen erhalten, als die durch Covid-19 ausgelösten Rezessionen einsetzten. Einige Länder hätten dadurch möglicherweise einen Zahlungsausfall vermeiden können. Aber diese Instrumente haben sich auf dem Markt nicht durchgesetzt. Der Grund dafür, so glauben Ross und Ulukan, ist eine Kombination aus geringer Praktikabilität und hoher Komplexität. So ist das BIP bekanntermaßen schwer zu messen, und es gibt eine erhebliche Verzögerung beim Reporting. Die Staaten bräuchten den Schuldenerlass jedoch in der Krise und nicht danach. Apropos Komplexität: Die Berechnung des nominalen BIP in Landes- währung ist ein komplexer Prozess, der ein Maß für den realen Output und einen Infla- tionsindikator für die Volkswirtschaft um- fasst, die beide manipuliert werden können. Wenn für die BIP-gebundene Anleihe (GDP-linked Bond) das BIP auf Dollarbasis herangezogen wird, kommt das Problem einer allfälligen Wechselkursmanipulation hinzu. Diese vielfältige Komplexität macht eine Preisbildung schwierig. Bestehende BIP-Optionsscheine auf dem Markt werden mit Monte-Carlo-Simulationen bewertet, die sich auf historische Daten stützen müs- sen, die möglicherweise nichts mit der Zukunft zu tun haben. Außerdem müssen Präventivklauseln wie die Hurrikan-Klausel von Grenada sorgfältig spezifiziert werden. Gilt ein Hurrikan der Kategorie 3, der lang- sam über die Insel zieht, oder nur ein Hur- rikan der Kategorie 4 oder höher als Trigger für eine Schuldenerleichterung? Natürlich kann man kreativ mit dieser Komplexität umgehen, aber das führt zu zusätzlichen Dokumentations-, Berechnungs- und Aus- zahlungsunsicherheiten, was die Attrakti- vität dieser Instrumente auf dem Markt verringert. 2012 sorgte ein US-Hedgefonds weltweit für Schlagzeilen , als er ein argentinisches Segelschulschiff vor Ghana beschlagnahmen ließ, um seine Anleihenforderungen aus dem Jahr 2001 einzutreiben. Zwei GMO-Manager glauben, dass es effizientere Wege gibt, mit notleidenden Schwellenländeranleihen umzugehen. P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | SOVERE I GN CONT I NGENT BONDS N o. 4/2022 | www.institutional-money.com 173 FOTO: © GMF

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