Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

V or Kurzem hat die US-Ge- sellschaft Invesco die Ergeb- nisse ihrer jährlichen Factor- Investing-Studie vorgestellt. Die Analyse basiert auf Gesprächen mit 151 institutionellen und privaten Investoren, die zusammen ein Anlagevermögen von mehr als 25 Billionen US-Dollar in entsprechen- den faktorgetriebenen Investments verwal- ten. Dabei hat sich gezeigt, dass viele Be- fragungsteilnehmer darauf setzen, dass fak- torbasierte Strategien in einem inflationären, wachstumsschwachen Umfeld überdurch- schnittlich gut abschneiden. Außerdem er- hofft man sich von einem Faktoransatz bes- sere Möglichkeiten der Volatilitätssteuerung und der Portfoliodiversifikation. Das ist insofern erstaunlich, als die Stimmen, die von einer Krise des quantitativen Investie- rens sprechen, noch keineswegs verstummt sind. Zu groß sind scheinbar noch die Nar- ben, die vor allem ein auf dem Value-Faktor basierender Ansatz in der jüngeren Vergan- genheit verursacht hat. Zumal die Branche vor diversen Herausforderungen steht: Zum einen muss das gerade im institutionellen Geschäft zunehmend bedeutsame Thema Nachhaltigkeit in die Modelle integriert werden, zum anderen wird zwar über wesentliche Fortschritte beim Thema künst- liche Intelligenz gesprochen, bei deren Inte- gration stehen aber viele Anbieter noch am Anfang. Wir wollten wissen, wo die Faktor- industrie heute tatsächlich steht, und haben eine Runde ausgewiesener Experten dazu befragt. Herr Dr. Blitz, können Sie nachvollziehen, dass nach wie vor über eine Krise in Bezug auf quantitatives Investment und insbeson- dere den Value-Faktor diskutiert wird? David Blitz: Ehrlich gesagt, nur partiell. Denn die Gründe für solche Diskussionen liegen schließlich schon einige Jahre zurück. Viele Investoren haben mit Faktor-Investing be- gonnen, nachdem sie über weite Strecken die Erfolgsgeschichten von quantitativ in- vestierenden Fonds beobachtet hatten. Also im Grunde genau zu dem Zeitpunkt, als Quant-Investment tatsächlich in eine Krise eingetreten ist, insbesondere bezogen auf den Value-Faktor. Zwischen Mitte 2018 und November 2020 gab es im Grunde nur eine Möglichkeit, besser abzuschneiden als der Durchschnitt, nämlich durch ein Investment V. l. n. r.: Dr. Michael Heldmann, CIO Systematic Equity, Allianz Global Investors | Dr. Jan Anton van Zanten, SDG Strategist, Robeco | Dr. David Blitz, Head of Quantitative Equity Research, Robeco | Dr. Andreas Gintschel, Investment Director, Perpetual Investors | Prof. Dr. Markus Leippold, Universität Zürich Manch ein Marktteilnehmer ist immer noch skeptisch, was die künftig zu erwartenden Ergebnisse eines faktorbasierten Investmentansatzes angeht. Nicht ganz ohne Grund, hatte die Branche doch gerade erst wieder Tritt gefasst, als der Krieg in der Ukraine über den Markt hereinbrach. Krisen bewältigung T H E O R I E & P R A X I S | QUANT- ROUNDTAB L E 148 N o. 4/2022 | www.institutional-money.com FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH

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