Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

öffentlichten Studie des Global Impact In- vestment Network aus dem Jahr 2021 belief sich das Impact-Investing-Universum per Ende 2020 auf 715 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Gemäß der „Global Sus- tainable Investment Alliance“ belief sich die Summe aller nachhaltigen Anlagen Ende 2020 auf 35 Billionen US-Dollar. Und das „Capital Market Fact Book 2021“ schätzt den globalen Anleihenmarkt auf ein Volu- men von 123,5 Billionen US-Dollar und den Aktienmarkt auf 105,8 Billionen US- Dollar. Im Vergleich zu diesen gesamthaften 229,3 Billionen US-Dollar stellen die 715 Milliarden US-Dollar an Impact-Invest- ments lediglich einen Anteil von 0,31 Pro- zent dar. Auch im Vergleich zu den 35 Billionen an Nachhaltigkeitsanlagen ist Impact Investing nur etwas größer als zwei Prozent. Abgesehen von der überschaubaren Grö- ße und der damit einhergehenden Illiquidität von Impact-Investments kommt für Groß- anleger das Problem hinzu, dass Impact Investing traditionell überwiegend über die besser beeinflussbare Private-Debt- bezie- hungsweise Private-Equity-Schiene erfolgt. Die öffentlichen Märkte ermöglichen bis- lang nur wenige „reinrassige“ Investment- opportunitäten im Bereich Impact Investing. Als Folge davon sind diese wenigen verfüg- baren Instrumente in der Regel „overcrow- ded“, sprich: hoch oder zu hoch bewertet. „Bisher war es auf den öffentlichen Märk- ten selten möglich, Unternehmen zu finden, die dem Bereich Impact Investing zuzuord- nen sind, ohne ein stark konzentriertes Port- folio zu haben“, erläutert Rajan. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass Impact Investing bis vor Kurzem noch immer die Domäne von philanthropischen Investoren wie Stiftungen oder multilate- ralen Organisationen war. Inzwischen schei- nen aber Pensionsfonds und deren Gremien nach Durchlaufen der bei Profianlegern üblichen mehrstufigen und länger dauern- den Informationsgewinnungs-, Entschei- dungs- und Implementierungsprozesse an Impact Investing langsam, aber sicher Ge- schmack zu finden. Dabei liegt die Beto- nung auf „langsam“. Auf die im Rahmen der Interviews ge- stellte Frage, auf welcher „Etappe“ dieser Prozesskette der eigene Pensionsfonds der- zeit hinsichtlich der Berücksichtigung von Impact-Investments sei, gaben hinsichtlich des „aktiv“ verwalteten Portfolios 34 Pro- zent der Befragten in den Interviews an, „steigendes Bewusstsein“ zu entwickeln, 32 Prozent stehen „kurz vor einer Entschei- dung“. Eine Stufe weiter und damit in der „Implementierungsphase“ sind 24 Prozent, und immerhin zehn Prozent haben Impact Investing bereits „vollständig eingebettet“ („fully embedded“). Weniger weit sind die Pensionskassen mit ihren passiven Port- folios. Hier entwickeln erst 46 Prozent „steigendes Bewusstsein“, 32 Prozent sind „kurz vor einer Entscheidung“, 18 Prozent sind beim „Implementieren“, und lediglich vier Prozent können stolz von einer „voll- ständigen Einbettung“ berichten. Die befragten Pensionsfonds allokieren im Rahmen ihrer Impact-Investing-Strate- gien ihre Gelder am liebsten in Themen (Anmerkung: Mehrfachnennungen mög- lich) wie „Grüne Energie“ (34%), Biodiver- sität (32%), Reduzierung sozialer Ungleich- heit (30%), Governance (28%), Sozialbau (28 %) und bessere Bildung (26%). Der Einmarsch Russlands in die Ukraine hat überraschenderweise Auswirkungen auf das Impact Investing. Immerhin 70 Prozent der befragen Pensionsfonds gaben die „Rus- sische Invasion in die Ukraine“ als Grund dafür an, bislang und vor allem derzeit nicht in Impact-Fonds zu investieren. Rajan begründet das in der Studie unter anderem damit, dass die Industrieländer aufgrund des Wirtschaftskriegs mit Russland zur Siche- rung ihrer eigenen kurzfristigen Energiever- sorgung derzeit wieder stärker auf Kohle und ähnlich „schmutzige“ fossile Energie- träger zurückgreifen müssten und damit das Ziel einer Netto-Null-CO 2 -Emisssionsstra- tegie gefährdeten. Immerhin könnten zur Kompensation des aktuellen (Mehr-)Ver- brauchs zukünftig noch strengere Treib- hausgasreduktionsmaßnahmen drohen. Da- her halten Profianleger bis auf Weiteres in- vestmenttechnisch die Füße still, bis mehr Visibilität besteht, beziehungsweise scheuen in schwierigen Zeiten langfristige Neuanla- gen, die wertvolle Liquidität binden. Die mit 68 Prozent am zweitöftesten an- geführte Hürde (Mehrfachnennungen mög- lich) ist das „Fehlen eines allgemein gülti- gen Rahmenwerks für Wirkungsmessung Impact Investing genießt zwar den Ruf, die wirkungsvollste Sparte des ESG-Universums zu sein, aus der Sicht von Pensionsfonds stellt es in der praktischen Umsetzung aus mehreren Gründen aber auch eines der schwierigsten Themen dar. T H E O R I E & P R A X I S | IMPAC T I NVE S T I NG N o. 4/2022 | www.institutional-money.com 143 FOTO: © PATPITCHAYA | STOCK.ADOBE.COM

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