Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

tiert sich die Entwicklung bei Ratings von BBB– und BB. Hier gibt es bemerkenswer- terweise bis Ende des Jahrtausends einen Anstieg der jeweiligen Einschätzungen, dann eine Delle bis 2008/2009 und an- schließend wieder einen Anstieg. Aus diesen Verläufen lässt sich immer noch nur die empirische Zu- und Abnahme kritischer Einschätzungen ablesen. Die Fra- ge, warum die kritischen Ratings nach dem Platzen der Dotcom-Blase abgenommen, nach der Großen Finanzkrise aber zuge- nommen haben, lässt sich an dieser Stelle noch nicht schlüssig beantworten. Das gelingt erst, wenn man die Entwick- lung der Bilanzkennzahlen mit der Entwick- lung der Ratings vergleicht. Mittels Regres- sion haben die Autoren genau das gemacht und dabei ein recht spezifisches Set an Variablen berücksichtigt (siehe Tabelle „Gerechtfertigte marktweite Abwertung“ ). Diese sind meist selbst klar bezeichnet, Erklärungsbedarf besteht aber bei der Inter- est Coverage Ratio: Dabei handelt es sich um das Verhältnis von operativem Gewinn zu Zinsaufwand. Diese teilen sie entspre- chend der Höhe in vier Kategorien: von null bis fünf, von fünf bis zehn, von zehn bis 20 und von 20 bis 100 Prozent. Eine zweite nicht unmittelbar verständliche Variable ist die „Tangibility“ – darunter verstehen die Autoren das Verhältnis von Sachanlagen zum Gesamtvermögen. Unterteilt man nun die Entwicklung der Ratings nach Investment Grade und Specu- lative Grade, so ergibt sich ein Bild, das die bisherigen Erkenntnisse stützt:  „Eine In- vestment-Grade-Firma hatte 2016 im Ver- gleich zu einer anderen Firma mit ähnlichen Bilanzkriterien nach unserer Berechnung ein Rating, das sich 2,7 Rating-Punkte un- terhalb des Werts von 1986 befand“, erklärt Galil (siehe Chart „Gerechtfertigte markt- weite Abwertungen“) . „Für Unternehmen im spekulativen Bereich steigt die ent- sprechende Variabel bis 2000, beginnt dann zu sinken und wird ab 2002 negativ.“ Aus Sicht von Afik scheint es, als „wären die Standards bei Investment-Grade-Unterneh- men insgesamt strenger. Im spekulativen Segment dürften sich die Kriterien bis 2002 hingegen gelockert haben, um erst dann im Vergleich zu 1986 strenger zu werden.“ Wie eingangs erwähnt, bedeutet „stren- ger“ aber nicht unbedingt „genauer“. Ob sich die Genauigkeit – und somit der Infor- mationsgehalt – der Ratings erhöht hat, zeigt ein Blick auf den Zusammenhang der Variablen mit der Entwicklung der Ratings (siehe Tabelle „Gerechtfertigte marktweite Abwertung“). Strenger und besser? Hier ergibt sich etwa bis in den Bereich einer 20-prozentigen Interest Coverage Ratio ein statistisch hochrelevanter positiver Zusammenhang mit allen Ratingaktivitäten. Bei einer über 20-prozentigen Coverage be- steht nur noch im spekulativen Bereich eine relevante Korrelation, deren Signifikanz aber deutlich abgeschwächt wird. Auch andere Variablen wie etwa der Hebel bei den Schulden, die Tangibility oder die idiosynkratischen Risiken weisen sinnvolle, statisch belastbare Korrelationen auf. Der Verdacht erhärtet sich also, dass » Im spekulativen Segment dürften sich die Ratingkriterien bis 2002 sogar gelockert haben, um erst dann strenger zu werden. « Zvika Afik, Department of Economics der Ben-Gurion University of the Negev Gerechtfertigte marktweite Abwertungen Lässt man in den Ratingtrend wichtige operative und bilanzielle Variablen einfließen, lässt sich darstellen, ob die Ratingverschlechterungen fundamental erklärbar sind. Beim Zustandekommen der Kreditratings haben die Studien-Autoren untersucht, welche bilanziellen und operativen Variablen Einfluss auf den Ratingtrend nehmen. Die Ratings haben sie in diesem Fall je nach Risikoprofil in die Kategorien „Spekulativ“ und „Investment Grade“ unterteilt, Investment Coverage bildet das Verhältnis zwischen operativem Ertrag und Zinsaufwand ab, „Tangibility“ bezieht sich auf die Ratio von Sachanlagen zum Gesamtvermögen. Quelle: Studie 16 15 14 13 12 11 10 09 08 07 06 05 04 03 02 01 00 99 98 97 96 95 94 93 92 91 90 89 88 87 86 2018 I 2017 I 2016 I 2015 I 2014 I 2013 I 2012 I 2011 I 2010 -3,5 -3,0 -2,5 -2,0 -1,5 -1,0 -0,5 0,0 0,5 1,0 Investment Grade Spekulativ Alle Risiko-Exposure Reduzierung Risiko-Exposure Reduzierung Ratingpunkte Jahr Variablen ALLE Inv. Gr. Spekulativ Interest Cov. Ratio (0, 5) 0,329*** 0,202*** 0,282*** Interest Cov. Ratio (5, 10) 0,087*** 0,072*** 0,015 Interest Cov. Ratio (10, 20) 0,022*** 0,038*** -0,021** Interest Cov. Ratio (20, 100) 0,002 0,002 -0,005** Schulden-Leverage -1,953*** -2,184*** -0,958*** Size 0,918*** 0,750*** 0,433*** Schulden zu EBITDA -0,007** 0,006 -0,010*** Negatives EBITDA -0,041 0,637*** -0,253*** Ertragsvolatilität -0,044 -0,827 -0,049*** Cashbilanz -1,451*** -0,060 -1,007*** Schulden zu Assets -2,498*** -1,438** -0,853*** Mieten zu Assets -1,541 -5,516** -1,601** Tangibility 1,156*** 1,453*** 0,016 Beta -0,323*** -0,299*** -0,116*** Idiosynkratische Risiken -18,105*** -23,662*** -23,020*** Konstante 5,636*** 9,084*** 6,427*** 138 N o. 4/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | KRED I T- RAT I NGS

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