Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

E nron und Worldcom – was von diesen Namen übrig geblieben ist, ist für die meisten wahr- scheinlich die Assoziation mit den größten Bilanzskandalen ihrer Zeit. Die Unternehmen hatten 2001/2002 zugeben müssen, ihre Bilanzen um insgesamt zwei Milliarden Dollar aufgehübscht zu haben. Es folgte ein Erdbeben an den Märkten, juristische Lawinen wurden losgetreten, und der Unfehlbarkeitsanspruch von Wirt- schaftsprüfern – und damit verbunden von Ratingagenturen – wurde eingeschränkt oder wie im Fall von Arthur Andersen ganz beendet. Tatsächlich standen die großen Agenturen wie Moody’s oder Standard & Poor’s ungefähr so gewaltig in der Kritik, wie es 2008/2009 Analysten und Volkswir- ten anlässlich ihres kompletten Prognose- versagens bezüglich der „Großen Finanz- krise“ gehen sollte. Das Argument, wonach man gegen Betrug auch als Auditor oder Ratingagentur nicht gefeit war, griff nicht. Die Praxis, bei der Rating und Auditing mit einträglichen Beratungsaufträgen verknüpft wurden, ging zu Ende. Langzeitfolgen Ganz erholt haben sich Ratingagenturen imagetechnisch auch 20 Jahre nach diesen Ereignissen nicht. Weitere Skandale, die wie im Fall Argentiniens ganze Volkswirtschaf- ten umfassten, Ratlosigkeit darüber, wenn Volkswirtschaften mit denselben Kennzah- len unterschiedliche Ratings erhielten, oder automatische AAA-Vergaben an die USA trugen dazu bei, dass die Glaubwürdigkeit in der breiten Öffentlichkeit nicht wieder komplett hergestellt werden konnte. Nichts- destotrotz behielten Ratings ihre Funktion als Orientierungseckpfeiler an den Finanz- märkten. Das könnte man zunächst zynisch Ratingagenturen haben nach dem Versagen rund um die Bilanzskandale von Enron oder Worldcom Imageschäden hingenommen, von denen sie sich bis heute nur teilweise erholt haben. Ein guter Teil der Vorbehalte könnte aber inzwischen obsolet sein. Ratings mit Abwärtstrend Ratings von Standard & Poor’s weisen im Verlauf der Jahrzehnte auf der einen Seite deutlich weniger AAAs und auf der anderen Seite deutlich mehr CCCs aus. Der lange Blick zurück zeigt, dass Standard & Poor’s in der Einschätzung der Kreditwürdigkeit immer restriktiver geworden ist. Für Afrika und Koresh Galil stellte sich nun die Frage, ob das aus reinem Selbstschutz – etwa aus legistischen Gründen – geschah oder ob die Ratingagentur tatsächlich immer genauer hinsieht und deshalb zu tendenziell skeptischeren Einschätzungen gelangt. Im ersten Fall wäre die kritischere Betrachtungsweise für die betreffenden Märkte irrelevant. Im zweiten Fall wäre ein Informationsgewinn entstanden, der zu höherer Effizienz an den Märkten führen sollte. Quelle: Zvika Afik/Koresh Galil, „Have Ratings Become More Accurate?“ 0 50 100 150 200 250 300 350 16 15 14 13 12 11 10 09 08 07 06 05 04 03 02 01 00 99 98 97 96 95 94 93 92 91 90 89 88 87 86 AAA AA CCC oder schlechter BBB B A BB Anzahl der Firmen Jahr » Unternehmen (…) mit gleichbleibender Bilanzqualität mussten tendenziell eine Verschlechterung ihrer Ratings hinnehmen. « Zvika Afik, Department of Economics der Ben-Gurion University of the Negev Besser als ihr Ruf CCC or Jahr AAA AA A BBB BB B niedr. Gesamt 1986 16 66 156 120 122 138 23 641 1987 18 66 145 112 137 150 24 652 1988 20 64 151 111 132 147 16 641 … 2006 8 27 152 275 309 189 14 974 2007 8 25 137 237 295 194 14 910 2008 6 28 128 234 279 205 25 905 2009 5 27 118 245 252 207 31 885 2010 5 26 118 253 244 213 12 871 … 2015 4 29 101 273 282 193 20 902 2016 2 29 93 270 281 175 38 888 Total 324 1330 4627 7072 7015 5246 564 26.178 136 N o. 4/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | KRED I T- RAT I NGS

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