Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

cherer zu gewährleisten, um die Versiche- rungsnehmer zu schützen. Eine wichtige Stütze Den Forschern liegt ein Datensatz für Transaktionen in Unternehmensanleihen vor, der die Identität der beteiligten Ver- sicherer und Market Maker beinhaltet. Mit- hilfe von Daten der NAIC lassen sich dabei jeder Anleihenkauf und -verkauf durch US-Versicherer sowie die jeweils beteiligte Gegenpartei im untersuchten Zeitraum von 2017 bis 2020 verfolgen. Für die Zuspitzung der coronabedingten Marktverwerfungen betrachten die Autoren den Zeitraum vom 6. März 2020, als sich die Bedingungen am Anleihenmarkt ver- schlechterten und außergewöhnliche Han- delsvolumina und Volatilität auftraten, bis zum 20. März 2020, als die Notenbank mit ihren Maßnahmen zur Stabilisierung des Corporate-Bond-Marktes begann. Für die zwei Wochen vom 6. bis 19. März kommen sie zu dem Ergebnis, dass die Versicherun- gen eine wichtige stabilisierende Rolle spielten. Während Market Maker bei Unter- nehmensanleihen auf die Verkäuferseite wechselten und deren Bestände um etwa fünf Milliarden US-Dollar abnahmen, traten Versicherer als Nettokäufer im Umfang von etwa 2,5 Milliarden Dollar auf (siehe Gra- fiken „Nichts wie raus“ und „Käufer in letzter Instanz“) . Entscheidend war dabei, dass sich die Handelsaktivitäten der Versi- cherer auf Anleihen konzentrierten, die auf- grund massiver Rücknahmen von Fonds am stärksten abgestoßen wurden. Erst als die Maßnahmen der Fed ab dem 20. März grif- fen, bauten die Market Maker ihre Bestände wieder auf. Natürlich schritten die Versicherer in der heißen Phase der Krise nicht uneigennützig ein, sondern sahen darin eine Gelegenheit für besonders attraktive Renditen. Hierin besteht die Parallele zu Value-Investoren am Aktienmarkt, die vor allem dann in großem Stil kaufen, wenn die erwarteten Renditen historisch hoch sind und die Mehrzahl der Marktteilnehmer aus verschiedenen Grün- den nicht dazu in der Lage ist, die Gelegen- heit für sich zu nutzen. Allerdings gab es durchaus Unterschiede, wie stark sich ein- zelne Versicherer in dieser Situation enga- gierten beziehungsweise überhaupt engagie- ren konnten. Denn obwohl sie alle einen mehr oder weniger langfristigen Anlage- horizont haben, bestehen doch unterschied- liche Finanzierungsstrukturen. Als Maß für die Stabilität der Finanzierung berechnen die Forscher einen Näherungswert, die Standardabweichung der Netto-Cashflows über fünf Jahre im Verhältnis zum zugrunde liegenden Geschäftsvolumen. Die Untersu- chungen zeigen, dass Versicherer mit stabi- lerer Finanzierung während der Krise mit höherer Wahrscheinlichkeit als Nettokäufer auftraten. In der Vorkrisenzeit war dieser Zusammenhang dagegen nicht gegeben. Vitamin B Was das Handelsverhalten der Versiche- rer gegenüber Market Makern angeht, fin- den die Autoren deutliche Hinweise auf Relationship Trading. Demnach kauften die Versicherer in der Krise mehr von Händlern (und verkauften weniger an sie), mit denen sie zuvor bereits Geschäftsbeziehungen hatten. Die Asymmetrie deutet darauf hin, dass sich die Versicherer nicht einfach nur an Market Maker wandten, um die ge- wünschten Anleihenpositionen aufzubauen. Stattdessen trugen sie mit ihren Aktivitäten auch dazu bei, die bei den Händlern beste- henden Ungleichgewichte der Bestände auszugleichen. Damit im Zusammenhang steht ein wei- terer interessanter Effekt: Market Maker, die Geschäftsbeziehungen zu Versicherern mit stabiler Finanzierung haben, führten ihre Trades mit niedrigeren Transaktionskosten aus, als die Notverkäufe durch die Fonds einsetzten. Sie stellten ihren Kunden also mehr Liquidität zur Verfügung, da davon auszugehen war, dass einige dieser Posi- tionen mit den Versicherern ausgeglichen werden könnten. Market Maker, die mit weniger stabil finanzierten Versicherungen verbunden sind, hatten dagegen höhere Transaktionskosten bei den entsprechenden Anleihen. Der Effekt war in der Krise besonders ausgeprägt und verstärkte sich bei Anleihen, die von größeren Verkäufen durch Investmentfonds betroffen waren. Insgesamt können Market Maker also nicht nur durch wiederkehrendes Geschäft von Beziehungen zu Versicherern profitieren, sondern auch durch deren Handelsunter- stützung in Liquiditätskrisen. Gegenspieler zu Fonds Die Studie zeigt, dass vor allem stabil finanzierte Versicherer in turbulenten Pha- sen als Value-Investoren in Unternehmens- anleihen auftreten und für dringend benötig- te Liquidität sorgen. Damit sind sie gewis- sermaßen die Gegenspieler von Investment- fonds, die bedingt durch den Abzug von Kapital zu Notverkäufen neigen. Die For- scher schlussfolgern, dass die Ergebnisse das Verständnis der Versicherungsbranche als Investorengruppe erweitern, indem sie dazu beitragen können, die Fragilität der Finanzmärkte zu verringern. Andere Stu- dien argumentierten dagegen häufig, dass Versicherer aufgrund ihrer regulatorischen Beschränkungen selbst zur Quelle von Not- verkäufen bei Anleihen werden können. DR. MARKO GRÄNITZ Käufer in letzter Instanz Kumulative Nettokäufe der Versicherer am Sekundärmarkt Der schattierte Bereich markiert die Zuspitzung der Krise vom 6. bis 19. März 2020. In dieser Zeit kauften die Versi- cherer netto Unternehmensanleihen im Umfang von etwa 2,5 Milliarden US-Dollar. Demnach konnten sie die Gelegenheit ausnutzen, die sich durch die Marktverwerfungen ergab. Quelle: O’Hara, M. / Rapp, A. C. / Zhou, X. (2022), The Value of Value Investors, S. 36 -10 -5 0 5 10 PDCF* = Primary Dealer Credit Facility, effektiv Fed-Intervention als Lender of Last Resort SMCCF** = Secondary Market Corporate Credit Facility, effektiv Fed-Intervention als Buyer of Last Resort Kumulative Nettokäufe PDCF* SMCCF** Februar März Mrd. USD 122 N o. 4/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | VALUE -VERS I CHERUNGEN

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