Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

D er Begriff „Lender of Last Resort“ bezeichnet Zentral- banken, die in letzter Instanz als Kreditgeber für ihre Volkswirtschaften fungieren. Das war zum Beispiel im Sommer 2011 dringend not- wendig, als deutlich erhöhte Risiken in den Ländern der Euro-Peripherie die Solvenz der Banken bedrohten. Die EZB nahm ihre Aufgabe wahr, indem sie Banken über lang- fristige Refinanzierungsgeschäfte (LTROs) Liquidität im Austausch gegen geeignete Sicherheitsleistungen (Collateral) zur Ver- fügung stellte. Doch die dadurch erzielte Entspannung war nur ein vorübergehender Effekt, da die hohen Risikoaufschläge nicht eingedämmt wurden. Eher im Gegenteil. Wie aus dem ZEW-Paper „Lender of Last Resort versus Buyer of Last Resort“ her- vorgeht, war die Intervention sogar negativ zu bewerten, da sie zu einer zunehmenden Konzentration illiquider Vermögenswerte in bereits schwachen Banken beitrug. Durch das Einschreiten als Kreditgeber in letzter Instanz kann sich eine Krisensituation also sogar verschärfen, wenn dadurch wie in der Eurokrise die Angst vor Notverkäufen zunimmt. Buyer of Last Resort Ganz anders sind im Vergleich dazu die Auswirkungen eines Käufers in letzter Instanz zu bewerten. Diesen Schritt ging die EZB, eingeläutet durch die berühmten Wor- te „Whatever it takes“ von Mario Draghi, mit der Ankündigung und Umsetzung des Kaufprogramms für Staatsanleihen. Die Au- toren der ZEW-Studie schreiben, dass durch die Intervention nicht nur dem Markt ins- gesamt Liquidität zur Verfügung gestellt wurde, sondern sich auch die Solvenz der Banken und die Finanzierungsbedingungen verbesserten. Insbesondere wurde dadurch aber das Risiko von Notverkäufen reduziert. Das Programm führte zu steigenden Kursen der Staatsanleihen und fallenden Spreads der Credit Default Swaps bei allen Banken des Euroraums, so die Studie. Erst durch ihren Auftritt als Buyer of Last Resort be- ziehungsweise die glaubhafte Ankündigung dessen erreichte die EZB damals also eine dauerhafte Stabilisierung. Auch Ende September dieses Jahres gab es wieder ein Beispiel für eine Zentralbank als Buyer of Last Resort. Die Bank of Eng- land intervenierte bei britischen Staatsan- leihen als Käufer in letzter Instanz, nach- dem die Renditen vor allem bei langlaufen- den Gilts extrem stark angestiegen waren. Effektiv bremste sie damit den Rendite- anstieg aus und agierte als Market Maker gegenüber Pensionsfonds, die auf diese Weise gerettet wurden. Das Problem war, dass die Pensionsfonds einen Teil ihrer Anleihenbestände verkaufen mussten, um die Margin Calls zu bedienen, was den Ren- diteanstieg zusätzlich befeuert hatte. Die Margin Calls stammten dabei wiederum von außer Kontrolle geratenen Zinsswap- geschäften, die ursprünglich zur Absiche- rung gegen fallende Zinsen eingegangen worden sind. Die einzig praktikable Lösung bestand kurzfristig darin, dass die Zentral- bank einsprang und für Liquidität sorgte. Eine Studie zeigt, dass Versicherer in der heißen Phase der Corona-Marktverwerfungen bei Unternehmensanleihen in die Bresche sprangen. Damit stellten sie in Zeiten rapide austrocknender Liquidität ein wichtiges Gegengewicht zu anderen Anlegergruppen dar. Nichts wie raus Kumulative Bestandsänderungen der Market Maker bei Corporate Bonds In der heißen Phase der coronabedingten Marktverwerfungen im März 2020 wechselten die Market Maker von der Käufer- auf die Verkäuferseite. Dadurch verschärfte sich der Liquiditätsengpass zusätzlich. Der schattierte Bereich markiert die Zuspitzung der Krise vom 6. bis 19. März. Quelle: O’Hara, M. / Rapp, A. C. / Zhou, X. (2022), The Value of Value Investors, S. 36 -10 -5 0 5 10 PDCF* = Primary Dealer Credit Facility, effektiv Fed-Intervention als Lender of Last Resort SMCCF** = Secondary Market Corporate Credit Facility, effektiv Fed-Intervention als Buyer of Last Resort Kumulative Bestände PDCF* SMCCF** Februar März Mrd. USD » Versicherer waren Käufer der letzten Instanz in Unternehmensanleihen. « O’Hara, M. / Rapp, A. C. / Zhou, A. (2022), The Value of Value Investors Wertvolle Investoren 120 N o. 4/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | VALUE -VERS I CHERUNGEN

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