Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

ist das Risiko. Zu diesem Thema liefert die Studie „Benchmark Discrepancies and Mu- tual Fund Performance Evaluation“ von Martijn Cremers, Jon Fulkerson und Timo- thy Riley ein interessantes Ergebnis: Fonds mit bestehender Benchmark-Diskrepanz sind tendenziell risikoreicher, als ihre offizielle Benchmark vermuten lässt. Das führt dazu, dass sie diese im Durch- schnitt übertreffen können. Werden die Fonds dagegen im Vergleich zu ihren „wahren“ Benchmarks betrachtet, zu denen sie auch beim Risiko am besten passen, schneiden sie schlechter ab. Die Autoren ermitteln den Mismatch anhand einer eigens entwickelten Me- thodik, die sich auch in Echtzeit anwen- den lässt. Zunächst bewerten sie anhand des Active Share, welche von mehreren poten- ziellen Benchmarks die größte Überschnei- dung mit den aktuellen Positionen eines Fonds aufweist. Zur Ermittlung der eigent- lichen Diskrepanz kommt es anschließend darauf an, wie groß die Gemeinsamkeiten des zuvor bestimmten Index und der offi- ziellen Benchmark sind. Zwischen dem S&P 500 und dem S&P 500 Growth wäre die Schnittmenge zum Beispiel groß, aber zwischen zwei recht unterschiedlichen Indi- zes wie dem S&P 600 Growth und dem Russell 2000 gering. Das Ergebnis der Untersuchungen ist, dass Fonds mit Benchmark-Diskrepanzen deutliche Renditeunterschiede zwischen offizieller und „wahrer“ Benchmark aufwei- sen. Dabei ist die Rendite der offiziellen Benchmark im Durchschnitt 1,46 Prozent pro Jahr niedriger, was auch die Ergebnisse der eingangs beschriebenen Studie bestätigt. Wenn es also eine Diskrepanz gibt, ist die wahre Benchmark wahrscheinlich deutlich schwerer zu schlagen. So übertreffen Fonds mit einer Benchmark-Diskrepanz zwar ihre (schwachen) offiziellen Benchmarks im Durchschnitt knapp, liegen aber mehr als ein Prozent unter dem wahren Vergleichs- maßstab. Allerdings scheinen das Investoren nicht zu erkennen und beurteilen die Perfor- mance weitgehend gegenüber der offiziellen Benchmark, auch wenn diese ungenau ist. Fehlanreize An den Kapitalmärkten selbst sind Infor- mationsasymmetrien weitgehend verschwun- den, aber auf der strukturellen Ebene des Asset Managements gibt es durchaus hart- näckige Fälle. Dazu zählen auch systema- tisch verzerrte relative Performanceangaben von Fonds infolge inadäquater Benchmarks. Die Ursache dafür ist, dass ein Anreiz besteht, zu Vergleichsindizes mit möglichst schlechter historischer Performance zu wechseln, um dann relativ dazu besser aus- zusehen. Deshalb sollten Anleger misstrau- isch sein, was die offiziell von Fonds ange- gebenen Benchmarks betrifft. Doch wäh- rend es der Industrie schwerfällt, sich dem Anreiz zu entziehen, fällt es Investoren scheinbar schwer, die Diskrepanzen als sol- che zu erkennen. Nicht zum Positiven trägt bei, dass vonseiten der Regulierung ein erheblicher Gestaltungsspielraum besteht. US-Fonds können den Rahmen, in dem die Renditen betrachtet werden, auch im Nach- hinein zum eigenen Vorteil beeinflussen. Diese Erkenntnis ist durchaus relevant für die SEC, da scheinbar eine beträchtliche Zahl von Fonds versucht, Anleger in die Irre zu führen – ein direkter Widerspruch zum erklärten Ziel, die Transparenz erhöhen zu wollen. Mögliche Alternativen, die in die richtige Richtung zeigen, sind der Morning- star-Kategorieindex sowie die Replikation geeigneter Benchmarks auf Basis des typi- schen Faktor-Exposures. Allerdings werden uns die Benchmark-Diskrepanzen trotz dieser Lösungsansätze mit Sicherheit noch einige Zeit begleiten. DR. MARKO GRÄNITZ » Jeder vierte US-Aktienfonds hat eine Benchmark, die nicht optimal zum Anlagestil passt. « Jon A. Fulkerson, Associate Professor of Finance, University of Dayton Offensichtliches Mismatch S&P 500 – keine geeignete Benchmark für ARK Innovation Der aktive ARK-ETF setzt auf ein konzentriertes Portfolio von Growth-Aktien, während der S&P 500 breit über die verschiedenen Sektoren der US-Wirtschaft diversifiziert. Aus der Faktoranalyse geht hervor, dass der Russell 2000 Growth die am besten geeignete Benchmark wäre. Dieser weist die geringsten aggregierten Differenzen aller betrachteten Faktor-Betas gegenüber dem ARK-Portfolio auf. Quelle: Nicolas Rabener, FactorResearch 0 50 100 150 200 250 300 350 Wertentwicklung ARK Innovation ETF (ARKK) S&P 500 2019 2020 2021 2022 118 N o. 4/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | B ENCHMARKS FOTO: © UNIVERSITY OF DAYTON

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