Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

Demnach würde auch aus dieser Sicht ein Interesse daran bestehen, den Vergleich gut aussehen zu lassen. Sicher ist das aber nicht, denn die Fondsgesellschaften können zur Ermittlung der Managergehälter auch einen anderen Maßstab verwenden. Abschließend weisen die Autoren noch darauf hin, dass auch scheinbar kleine rela- tive Performancedifferenzen einen großen Effekt haben können. Denn im Vergleich zum passiven Index entscheidet vor allem die von Anlegern wahrgenommene Per- formance. Hier kann es durchaus einen Unterschied machen, ob diese gegen- über der Benchmark etwas besser oder schlechter ausfällt. Hinzu kommt der lange Zeitraum von bis zu zehn Jahren, über den Benchmark-Änderungen die Wahrnehmung beeinflussen können. Die Lage in Europa Etwas anders als in den USA ist die Lage in der EU. Hier greift die Benchmark-Re- gulierung der Aufsichtsbehörde ESMA. Während es darin vor allem um die Index- anbieter geht, die als Benchmark-Adminis- tratoren zugelassen und beaufsichtigt wer- den, sind die Regeln für die ebenfalls regu- lierten Nutzer der Benchmarks übersichtli- cher. Zum Beispiel dürfen nur solche Benchmarks verwendet werden, die von zu- gelassenen Administratoren bereitgestellt werden. Welche dann konkret gewählt wer- den, überlässt man aber ebenfalls weitge- hend der Einschätzung der Anwender bezie- hungsweise den nationalen Behörden. Aller- dings gibt es in den ESMA-Dokumenten einen Spezialfall: Tritt eine wesentliche Än- derung der Ziele und der Anlagepolitik eines Fonds ein und verändert sich da- durch die Benchmark, ist für den Zeit- raum vorher der alte und erst danach der neue Vergleichsindex anzuwenden. Das potenzielle Backdating wird damit zu- mindest in diesen Fällen unterbunden. Alternativen Vor dem Hintergrund der beschriebe- nen Studienergebnisse sind Drittanbieter wie Morningstar interessant, die Bench- marks auf Basis fester objektiver Regeln ermitteln. Dabei bewertet Morningstar die Fonds hauptsächlich im Vergleich zum hauseigenen Kategorieindex, der mit den verfügbaren Standardindizes am Markt in Verbindung steht. Entscheidend ist dabei, dass die Benchmark aus ähnlichen Wertpapieren besteht und eine ähnliche Per- formance aufweist wie der Fonds selbst im Lauf der vergangenen drei Jahre. Damit wird sichergestellt, dass es sich tatsächlich um eine passende Benchmark handelt. Mor- ningstar ist dabei unabhängig von der im Prospekt des jeweiligen Fonds genannten Benchmark – auch für den Fall, dass diese sich ändert. Eine andere interessante Idee stammt von Nicolas Rabener von FactorResearch. Er schlägt vor, das typische Faktor-Exposure eines Managers zu ermitteln und daraus eine geeignete Benchmark zu replizieren, die auch die Risikodimension einschließt. Alternativ lässt sich aus einer Auswahl bestehender Standardindizes anhand des Faktor-Exposures selektieren, um denjeni- gen mit der geringsten aggregierten Abwei- chung der entsprechenden Betas als am bes- ten geeignete Benchmark zu selektieren. Abnehmende Diskrepanzen? Im Paper „Self-Declared Benchmarks and Fund Manager Intent: Cheating or Compe- ting?“ vergleichen Huaizhi Chen, Richard Evans und Yang Sun die von Morningstar vergebene Kategorie mit der vom Fonds gewählten Benchmark. Sie betrachten spe- ziell diejenigen Fälle, in denen ein Mis- match vorliegt, also die vom Fonds definier- te Benchmark einen Anlagestil impliziert, der sich von der Morningstar-Kategorie unterscheidet. Neben den anfänglichen Dif- ferenzen wird dabei auch die Entwicklung im Zeitablauf untersucht. Das Ergebnis: Während zu Beginn 34 Prozent der Fonds ein Mismatch aufwiesen, nahm deren Anteil im Lauf der Zeit auf 27 Prozent ab. Dabei zeigte sich, dass große Fonds mit höherer Wahrscheinlichkeit auf eine korrekte Benchmark umstellen und dies auch von Anlegern mit Zuflüssen be- lohnt wird. Dies ist aber nur scheinbar ein Widerspruch zur eingangs beschriebenen Studie, wie Andrea Rossi auf Anfrage schreibt. Denn viele Fonds, die ihre Bench- mark nicht wechseln, haben im Lauf der Zeit ihren Active Share gegenüber der selbst gewählten Benchmark reduziert, sodass die- se besser passt. Mit anderen Worten: Die Fonds haben sich ihrer Benchmark ange- passt und nicht umgekehrt. Die Autoren der zweiten Studie nen- nen dagegen andere mögliche Erklärun- gen für die Abnahme der Diskrepanzen: Anleger lernen dazu, die Governance von institutionellen Investoren wirkt als regulierendes Element, und der Wett- bewerb unter den Anbietern führt zu Anpassungsdruck. Allerdings räumen die Forscher ein, dass insbesondere für Fonds mit etablierten Managern wei- terhin eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass inadäquate Benchmarks verwendet werden. Höheres Risiko Eine wichtige Dimension, die in der Betrachtung nicht zu kurz kommen darf, » Morningstar bewertet Fonds hauptsächlich im Vergleich zu seinem Kategorieindex. « Paul Ruppe, Manager Research, Morningstar Research Services Abnehmende Diskrepanzen Übersicht der Benchmark-Änderungen aktiver US-Fonds Anteil Mismatch zu korrekt 38,3 % Mismatch zu Mismatch 17,2 % Korrekt zu Mismatch 16,9 % Korrekt zu korrekt 27,6 % Am häufigsten erfolgten Wechsel von unpassenden zu richtigen Benchmarks . Von der Gesamtzahl aller Wechsel gingen aber nur 11,8 Prozent auch mit einer Änderung des von Morningstar definierten Anlagestils einher, die auf eine deutliche Anpassung der Investmentpolitik hindeutet. Quelle: Chen, H./Evans, R./Sun, Y. (2022), Self-Declared Benchmarks and Fund Manager Intent: Cheating or Competing?, S. 34 116 N o. 4/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | B ENCHMARKS FOTO: © MATTHEW GILSON

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