Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

die USA einen großen Teil der kurzfristigen Spill-over-Effekte verursachen, ihr Einfluss geht aber stark zurück, wenn es um die langfristige Zinslandschaft geht.“ Beeinflusste Fed Dieses Resultat weckte offenbar die Neu- gier des Fed-Ökonomen. Also rechnet er für zehnjährige Laufzeiten den wechselseitigen Einfluss von Zinsentscheiden auf einzel- staatlicher Ebene aus. Das Ergebnis ist re- lativ verblüffend (siehe Tabelle „Mehr Ein- fluss als gedacht“) : Hebt zum Beispiel die Schweizerische Notenbank den Zinssatz um einen Basispunkt an, so steigt das äquiva- lente Zinsniveau in den USA um 0,22 Pro- zent – und das noch dazu auf einem Signi- fikanzniveau von 99 Prozent. Bemerkens- werterweise ist der Impact der USA auf die Schweiz geringer: Er liegt bei 0,2 Basis- punkten mit einer statistischen Konfidenz von 90 Prozent. Ähnliche Muster finden sich auch bei an- deren Notenbanken. Schwedische, kanadi- sche oder australische Zinsanhebungen im Langfristbereich schlagen durchgehend sta- tistisch relevant auf die USA durch. Das sind hochinteressante und unerwarte- te Effekte, ist man in der Lehrmeinung und der öffentlichen Sichtweise doch von einer mehr oder weniger perfekten Einbahnstraße ausgegangen, was Spill-over-Effekte von Zinsentscheidungen betrifft – und zwar von den USA ausgehend in den Rest der Welt hinein. Ausgerechnet ein Fed-Ökonom zieht diese Notenbankallmacht in Zweifel. Für die Notenbanken generell bedeutet das, dass sie bei eigenen Zinsschritten mit Rückkoppelungen rechnen müssen. Das heißt: Ein Zinsschritt kann über Umwege zu einer unerwünschten weiteren exogen aus- gelösten Zinssteigerung führen. Ein Groß- teil der Notenbanken war sich dieses Um- stands bewusst – ob man diese Effekte hin- gegen bei der Fed auf der Rechnung hatte, darf bezweifelt werden. Bleibt zu hoffen, dass Powell Zeit findet, die Studie seines Kollegen – idealerweise vor dem nächsten Zinsschritt – zu lesen. Es könnte ihn davor bewahren, noch weiter zu überschießen, als es Krugman ohnehin schon befürchtet. HANS WEITMAYR Wie einzelne Notenbanken die Zinsen entwickelter Volkswirtschaften beeinflussen Rückkoppelungseffekt auf allen Ebenen Eindrücklich zeigt sich hier, welchen Einfluss diverse Notenbanken auf andere Währungsräume der entwickelten Industrienationen haben. Die stärksten Spill-over-Effekte werden zwar erwartungsgemäß von der US Federal Reserve ausgelöst, die Bank of England, die Europäische Zentralbank, aber auch kleinere Notenbanken wie die schwedische Riksbank strahlen mit ihren Zinsentscheidungen auf die Zinsniveaus jenseits der eigenen Landesgrenzen aus. Diese unerwünschten Zweitrundeneffekte wurden zwar schon untersucht, in der Regel waren aber die Effekte, die von der Fed ausgehen, Ziel der Studien. Dass US-Zinsen von Stockholm aus beeinflusst werden, ist ein rundweg neuer Gedanke. Quelle: Studie -0,050 -0,025 0,000 0,025 0,050 0,075 -0,050 -0,025 0,000 0,025 0,050 0,075 -0,04 -0,02 0,00 0,02 0,04 0,06 0,08 -0,3 -0,2 -0,1 0,0 0,1 -0,04 -0,02 0,00 0,02 0,04 0,06 0,08 -0,2 -0,1 0,0 0,1 0,2 Australien Europäische Zentralbank Veränderung des 10-jährigen Zinssatzes durch auslösende Nationalbank Change in Source 10-Year Interest Rate Großbritannien Japan Norwegen USA 0,10 0,05 0,00 -0,05 -0,10 0,10 0,05 0,00 -0,05 0,1 0,00 -0,1 0,05 0,00 -0,05 0,1 0,00 -0,1 0,0 -0,2 -0,4 » Die USA haben einen großen Anteil an den globalen kurzfristigen Spill-over-Effekten. Im Langfristbereich geht der Einfluss stark zurück. « Christopher D. Cotton, Federal Reserve Bank of Boston 110 N o. 4/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | SP I L L -OVER - E F F EKT E

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