Institutional Money, Ausgabe 4 | 2022

sei nicht klar, so Dr. Puhan, ob es den Zen- tralbanken tatsächlich gelingen wird, die Zinsen deutlich genug anzuheben, um die daraus resultierende Inflation einzudämmen. Nachdem die Zentralbanken versucht haben, uns glauben zu machen, dass die Inflation nur vorübergehend sei, versuchten sie nun, uns glauben zu machen, dass die westlichen Volkswirtschaften eine „sanfte Landung“ erleben werden. Zweifel an diesem neuen Narrativ sind jedenfalls angebracht. Die Märkte scheinen jedoch zumindest teilweise daran zu glauben, was Potenzial für Mean Reversion und eine Neubewertung bietet. Längerfristige Perspektive Eine längerfristige Betrachtung der Markt- konzentration hilft, noch besser zu verste- hen, warum es zu einer recht heftigen Neu- bewertung in diesem Zusammenhang kom- men kann. Analysiert man den Anteil der Top-5-Aktien am MSCI USA seit der Jahr- tausendwende, so sieht man sofort, dass die Marktkonzentration heute sogar noch schlimmer ausfällt als während des Konzen- trationszyklus in den späten 90er- und frü- hen 2000er-Jahren. Dieser letzte große Kon- zentrationszyklus, der auf die übermäßig steigenden Bewertungen und damit den Hype von Telekommunikations-, Medien- und Technologiewerten zurückzuführen war, begann in den 90er-Jahren; er erreichte seinen Höhepunkt im März 2000. Ähnlich wie heute machten damals die fünf größten Aktien des MSCI USA mehr als 20 Prozent des Index aus. Im März 2000 hätte man etwa halb so viele Aktien, nämlich 253, der kleinsten Werte im MSCI USA benötigt wie heute – da sind es 439 Aktien, um auf das gleiche Gewicht wie die fünf größten Werte zu kommen. Dies legt offen, dass die Marktkonzentration heute noch extremer ausfällt als vor gut 20 Jahren. Das illustriert die Grafik „Langfristige Sicht auf das Kon- zentrationsrisiko“ . Es ist schwer zu sagen, warum diese Konzentration vor gut 20 Jah- ren so exzessiv war. War es die massive Einführung von passiven Investmentpro- dukten, die nach 2000 einsetzte? Eine aktuelle Studie von Valentin Haddad, Paul Huebner und Erik Loualiche von 2022 mit dem Titel „How Competitive is the Stock Market? Theory, Evidence from Portfolios, and Implications for the Rise of Passive Investing“ zeigt, dass ein Anstieg der passi- ven Investments in den letzten 20 Jahren zu Tobams Maximum-Diversification-Ansatz im Überblick Mathematische und statistische Kenntnisse sind vonnöten, um den patentierten Ansatz zu verstehen. D er patentierte Anti-Benchmark-Ansatz von Tobam, der von Yves Choueifaty 2005 gegründeten Investmentbou- tique, ist eine systematische Long-only- und voll investierte Strategie, die versucht, die volle Risikoprämie einer Anlageklasse zu vereinnahmen, indem sie die Diversifi- kation maximiert. Marktkapitalisierungs- gewichtete Benchmarks bilden hingegen dynamische Konzentrationen oder „Wet- ten“, oft in bestimmten Sektoren. Da sich diese Verzerrungen im Lauf der Zeit ändern, entwickelt sich auch die Risiko- allokation der kapitalgewichteten Bench- mark dynamisch: Diese ist kein neutraler, sondern ein verzerrter, dynamischer Risiko- allokator. Außerdem werden diese „Wet- ten“ auch nicht durchgängig mit höheren Erträgen belohnt. Im Gegensatz dazu zielen Anti-Bench- mark-Strategien darauf ab, die Aktienrisi- koprämie aus möglichst vielen unabhän- gigen und effektiven Risikofaktoren zu sammeln; angestrebt wird eine neutrale Risikoallokation. Der Anlageprozess hat ein Ziel: die Maximierung der Diversifi- cation Ratio (DR) eines Portfolios, das ist Tobams eigenes Maß für die Diversifizie- rung. Dadurch kreiert der Anti-Benchmark- Ansatz Portfolios, die näher an der Effi- zienzkurve liegen. Der Ansatz maximiert die Diversifikation aus einer Bottom-up- Perspektive, denn es gibt keine Sektor- oder Länder-Top-down-Allokationen. Die Länder- und Sektorallokationen ergeben sich vollständig aus der Bottom-up-Aus- wahl, die auf Aktienkorrelationen und Volatilitäten basiert. In dem 2008 veröffentlichten Papier „Toward Maximum Diversification“ wird die Diversification Ratio DR eines Port- folios w wie folgt definiert: Dabei steht σ für den Vektor der Volati- litäten und Σ für die Kovarianzmatrix. Der Term im Nenner ist die Volatilität des Port- folios und der Term im Zähler die gewich- tete durchschnittliche Volatilität der Vermö- genswerte. Eine stärkere Diversifizierung innerhalb eines Portfolios verringert den Nenner und führt zu einer höheren Diver- sification Ratio. Ziel der Maximum-Diversification-Metho- de von Tobam sind neben der Ausschöp- fung aller Faktoren einer Risikoprämie eine Verbesserung der Performance und eine Senkung des Risikos im Vergleich zu traditionellen Benchmarks über einen Marktzyklus. Auch das ESG-Thema kommt auf Wunsch nicht zu kurz, da die Integri- tät von Tobams Ansatz durch eine umfas- sende ESG-Integration bestehen bleibt. „Untersuchungen zeigen, dass der Ver- zicht auf Investments im Zusammenhang mit fossilen Brennstoffen keinen signifikan- ten Einfluss auf das generelle Profil der Strategie hat, wie zum Beispiel die Ren- dite, Volatilität, das Verlustverhalten oder die Diversifikationsvorteile, gemessen an der Diversification Ratio“, sagt Tatjana Puhan, Managing Director und Deputy CIO von Tobam. Und weiter: „Unsere Untersuchungen ergeben, dass die Risiko- positionierung praktisch unverändert bleibt. Dies ist eine der Kerneigenschaften des Maximum-Diversification-Ansatzes: die Fähigkeit, über alle auf dem Markt effek- tiven unabhängigen Risikoquellen hinweg gleichmäßig exponiert zu bleiben.“ DR = w′ σ w′ Ʃw Yves Choueifaty, Präsident und CEO von Tobam. N o. 4/2022 | www.institutional-money.com 103 T H E O R I E & P R A X I S | MAX IMUM D I VERS I F I CAT I ON FOTO: © TOBAM AM

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