Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

wenden durchschnittlich 48 Prozent der Ak- tien- und sieben Prozent der Renten-ETFs eine synthetische Replikation. Bei den phy- sischen ETFs wird aber nicht zwischen Full Replication und Representative Sampling unterschieden. Für den gesamten Untersu- chungszeitraum kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass keine der beiden Replika- tionsarten in Sachen Tracking-Qualität sys- tematisch besser abschneidet. Obwohl syn- thetische Replikation häufiger in weniger liquiden oder weniger entwickelten Märkten angewandt wird, weisen die entsprechenden Indexfonds nicht automatisch einen höheren Tracking Error auf. Stattdessen stehen hohe Tracking Errors unabhängig von der Repli- kationsart in Zusammenhang mit hoher Volatilität, niedrigen vergangenen Renditen, hohen Assets under Management, geringem Fondsalter und hohen Kostenquoten. Einfluss von Marktkrisen Interessant ist vor allem, dass die Daten mehrere physische und syntheti- sche ETF-Paare auf dieselbe Benchmark beinhalten. Das ermöglicht einen Ver- gleich im Zeitablauf sowie im Rahmen einer Eventstudie über Krisenphasen hinweg, um die Auswirkungen extremer Marktbewegungen auf beide Replika- tionsmethoden zu ermitteln. Die Ergeb- nisse deuten darauf hin, dass Aktien- ETFs mit synthetischer Replikation im Zusammenhang mit der Pleite von Lehman Brothers im Jahr 2008 größere Einbußen bei der Tracking-Effizienz hinnehmen mussten, während dies bei synthetischen Renten-ETFs im Zusam- menhang mit der Staatsschuldenkrise im Zeitraum von 2010 bis 2012 der Fall war. Während der Coronakrise im Jahr 2020 schnitten synthetische ETFs dage- gen durchweg besser ab als ihre phy- sischen Pendants. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass Unterschiede in der Tracking-Qualität mit dem Trade-off von Liquiditäts- und Gegenparteirisiko zusammenhängen: Wird der Markt wie im Lehman-Szenario oder während der Staatsschuldenkrise vom Kontrahenten- risiko überrascht, weisen synthetische ETFs einen stärkeren Rückgang ihrer Tracking-Effizienz auf. Handelt es sich dagegen um Liquiditätsschocks wie in der Coronakrise, ist das Tracking der physischen ETFs stärker beeinträchtigt. Doch nicht nur das Verhalten während der Marktkrisen ist interessant, sondern auch die Reaktion darauf. Denn die Sensitivität der Tracking-Performance gegenüber Marktkrisen hat sowohl bei physischen als auch bei synthetischen ETFs infolge der Krisen deutlich abgenommen. Im direkten Vergleich haben sich synthetische ETFs in den letzten zehn Jahren aber stärker verbes- sert. Das ist wahrscheinlich auf die erheb- lich niedrigeren Gegenparteirisiken der Swap-Geschäfte zurückzuführen, was ge- wissermaßen einen Lerneffekt infolge dieser einst offengelegten Schwachstelle darstellt. Infolge der Krise bildeten synthetische ETFs ihre Indizes also tatsächlich besser ab – sowohl was den Tracking Error als auch die Sensitivität gegenüber Marktturbulenzen betrifft. Schlussfolgerungen Insgesamt geht das Representative Sam- pling als Verlierer aus dem Vergleich der drei Replikationsarten hervor. Während Investoren sowohl beim synthetischen als auch beim Full-Replication-Ansatz dem gesamten Index ausgesetzt sind, bildet Sampling nur einen Teil des Index ab, was systematisch zulasten der Performance geht. Konkret heißt das: höherer Kapitalum- schlag, höhere Kosten, niedrigere Renditen. Völlig unerwartet ist das allerdings nicht. Schließlich sind die Manager von passiven Indexfonds nicht gerade dafür bekannt, ausgerechnet mit aktiven Modellen einen Mehrwert erzielen zu können. DR. MARKO GRÄNITZ Rückläufiger Tracking Error Aggregierter Tracking Error physischer und synthetischer ETFs im Zeitablauf Die schattierten Bereiche zeigen die globale Finanzkrise (2008/2009), die Staatsschuldenkrise (2010-2012) sowie die Coronakrise (2020). Es lässt sich erkennen, dass der durchschnittliche Tracking Error infolge der jeweils ersten Krise deutlich abgenommen hat. Das gilt sowohl für physische als auch synthetische ETFs, wobei der Effekt im Aktienbereich am stärksten ausfällt. Der Tracking Error wurde jeweils monatlich als Standardabweichung der täglichen Überrendite gegenüber der Benchmark gemessen. Quelle: Zheng, X./Saffi, P. (2021), Does the Replication Method Affect ETF Tracking Effciencies?, S. 27 0,0 % 0,5 % 1,0 % 1,5 % 2,0 % 2,5 % 3,0 % 3,5 % 4,0 % 4,5 % 5,0 % 0,0 % 0,2 % 0,4 % 0,6 % 0,8 % 1,0 % 1,2 % Synthetische Replikation Krisenphase Physische Replikation Synthetische Replikation Krisen- phase Physische Replikation Jän. 2001 Apr. 2002 Juli 2003 Okt. 2004 Jän. 2006 Apr. 2007 Juli 2008 Okt. 2009 Jän. 2011 Apr. 2012 Juli 2013 Okt. 2014 Jän. 2016 Apr. 2017 Juli 2018 Okt. 2019 Aggregierter Tracking Error in Prozent Aktien-ETFs Anleihen-ETFs Jän. 2001 Apr. 2002 Juli 2003 Okt. 2004 Jän. 2006 Apr. 2007 Juli 2008 Okt. 2009 Jän. 2011 Apr. 2012 Juli 2013 Okt. 2014 Jän. 2016 Apr. 2017 Juli 2018 Okt. 2019 Aggregierter Tracking Error in Prozent 96 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | E T F - RE P L I KAT I ON

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=