Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

haupten, passiv zu sein, aber in Wahrheit aktive Sampling-Strategien verfolgen und (auch) deshalb von ihrem Referenzindex abweichen. Dritte Variante Die vorgestellten Ergebnisse zeigen, dass in der Anlagepraxis erhebliche Heterogeni- tät bei der Replikation von Indizes besteht, und dass dies einen großen Einfluss auf die erzielten Renditen haben kann. Den Auto- ren zufolge waren sowohl andere Wissen- schaftler als auch Praktiker überrascht, wie deutlich ihre Studienergebnisse ausfielen. Dieses Thema sollte also unbedingt auf dem Radar passiver Investoren bleiben, die schließlich bekannt dafür sind, besonders genau auf jeden Basispunkt an Performance und Kosten zu achten. Doch mit der Unterscheidung zwischen Full Replication und Representative Sam- pling ist es noch nicht getan. Denn neben diesen beiden Formen der physischen Indexnachbildung gibt es auch noch die Möglichkeit zur synthetischen Replikation. Hierbei werden nicht die (repräsentativen) Indexmitglieder gehalten, sondern ein weit- gehend beliebiger Korb meist dividenden- loser Aktien. Zusätzlich wird ein Total Return Swap mit einer Investmentbank eingegangen, über den die Indexrendite garantiert ist. Dieses Konzept ist schon rund 20 Jahre alt, stand aber nach der Pleite von Lehman Brothers im Jahr 2008 aufgrund des mitunter bestehenden Kontrahenten- risikos in der Kritik. Bis heute ist es in den USA aufgrund strenger Vorschriften kaum möglich, ETFs mit synthetischer Replikation aufzulegen. In Europa ist dies umsetzbar, aber physische Replika- tion spielt nach wie vor die Hauptrolle. Dem im März 2021 veröffentlichten Bericht „Spotlight on Synthetic ETFs in Europe“ von Morningstar zufolge ent- fallen darauf 83 Prozent aller Assets in Aktien-ETFs, während nur 17 Prozent synthetisch repliziert werden. Im Be- reich Fixed Income ist der Kontrast mit nur fünf Prozent aller Assets in syn- thetischen ETFs sogar noch größer. Allerdings geht aus dem Bericht auch hervor, dass die synthetische Replikation in Europa in den letzten Jahren wieder an Verbreitung gewonnen hat. Zwei wesentliche Gründe dafür waren die Mi- nimierung des verbleibenden Gegenpartei- risikos durch teils tägliche Swap Resets und/oder den Einbezug mehrerer Swap- Kontrahenten sowie steuerliche Vorteile. Letzteres Argument betrifft speziell Quel- lensteuern auf Dividenden von US-Aktien: Die Steuer entfällt, wenn die tatsächlich gehaltenen Aktien keine Dividenden zahlen, und auf den Swap wird sie nicht ange- rechnet. Bei physischen ETFs fallen dage- gen 15 Prozent (wenn der Fonds in Irland ansässig ist) oder 30 Prozent an (in Luxem- burg). Das ist wohl auch der Grund, weshalb sogar BlackRock, der einst größte Kritiker der synthetischen Replikation, im Jahr 2020 einen swapbasierten S&P-500- UCITS-ETF aufgelegt hat. Einen Kritik- punkt fand Morningstar aber auch: Die Transparenz über die Höhe der Swap-Kos- ten lässt in der Branche nach wie vor zu wünschen übrig. Physisch vs. synthetisch Interessant ist nun die Frage, wie sich die synthetische im Vergleich zur physischen Replikation schlägt. Dem gehen Cindy Zheng und Pedro Saffi in ihrem Paper „Does the Replication Method Affect ETF Tracking Effciencies?“ auf den Grund. Darin betrachten sie alle europäischen Aktien- und Renten-ETFs inklusive nicht mehr existierender Fonds zur Berücksichti- gung des Survivorship Bias. Im analysierten Zeitraum von 2001 bis 2020 liegen ihnen Tagesdaten vor, mit denen sie den Einfluss der Replikationsmethode auf den Tracking Error untersuchen. Die Autoren schließen im Vorfeld alle Fonds aus, die keine Replikationsstrategie angeben, ebenso wie aktive, gehebelte und inverse ETFs. Es verbleiben 2.290 Fonds, von denen 1.508 im Aktien- und 782 im Rentenbereich angesiedelt sind. Davon ver- Physische Replikation dominiert Anteil (AuM) physische vs. synthetische Replikation im Zeitablauf Die Abbildung zeigt, welches Vermögen im Zeitablauf in Indexfonds mit physischer beziehungsweise synthetischer Replikation verwaltet wurde (Balken), sowie den jeweiligen Anteil der Assets auf Basis synthetischer Replikation (Linie). Der Anteil synthetischer ETFs erreichte im Jahr 2010 mit rund 30 Prozent des verwalteten Vermögens aller in Europa angebotenen ETFs den Höhepunkt. Ende 2020 machten synthetische ETFs nur noch 17 Prozent der Assets aus. Quelle: Zheng, X./Saffi, P. (2021), Does the Replication Method Affect ETF Tracking Effciencies?, S. 26 0 % 5 % 10 % 15 % 20 % 25 % 30 % 35 % 0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500 Anteil synthetische Replikation (rechte Achse) Synthetische Replikation Physische Replikation Anteil der Assets mit synthetischer Replikation Assets in Mrd. US-Dollar 2020 18 16 14 12 08 06 04 02 10 19 17 15 13 09 07 05 03 2001 11 » In Krisen bestimmen Liquiditäts- und Kontrahentenrisiken die relative Tracking- Performance. « Cindy Zheng, Judge Business School, University of Cambridge 94 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | E T F - RE P L I KAT I ON FOTO: © UNIVERSITY OF CAMBRIDGE

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