Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

D ie Idee passiver Investments besteht bekanntlich darin, möglichst einfach, transparent und kostengünstig Märkte beziehungsweise Indizes abzubilden. Im Aktienbereich sollte es dabei abgesehen von Indexanpassungen und damit ver- bundenen periodischen Rebalancings keine besonderen Einflussfaktoren ge- ben. Doch im Detail kommt es darauf an, auf welche Art und Weise die Refe- renzindizes abgebildet werden. Der klassische Ansatz ist dabei die Full- Replication-Methode, bei der alle In- dexmitglieder (wie es der Name schon sagt) nachgebildet werden, insbesondere auch kleinere und illiquidere Titel. Da In- dexanpassungen in der Regel die Gewich- tungen aller Mitglieder beeinflussen, kön- nen mitunter hunderte oder tausende Aktien betroffen sein. Zwar wird bei nur minima- len Abweichungen nicht unbedingt jede Position rebalanciert, wenn der damit ver- bundene Einfluss auf den Tracking Error zu vernachlässigen ist. Trotzdem ist zu vermu- ten, dass durch das Rebalancing insgesamt nennenswerte Transaktionskosten anfallen, wodurch die Vorteile der vollständigen Re- plikation geschmälert würden. Die zweite Methode besteht darin, von Vornherein nicht alle Titel abzubilden, son- dern nur diejenigen, mit denen sich eine ausreichend hohe Genauigkeit der Nachbil- dung erreichen lässt. Dieses Representative Sampling erfolgt anhand von Faktoren wie Indexgewichtung, Ertrag, Dividende oder neuerdings auch ESG-Rating. Nicht jeder dieser Maßstäbe ist dabei völlig neutral. Einige ähneln den Faktorstrategien aktiver Investoren, sodass innerhalb des Samplings vom Index abweichende Verzerrungen auf- treten könnten. Viele Anbieter legen jedoch nicht offen, welche Sampling-Variablen sie verwenden, in welchem Umfang sie sich auf die einzelnen Variablen stützen oder ob das Gewicht der Variablen im Lauf der Zeit konstant ist. Deshalb konnten dazu bisher nur Vermutungen angestellt werden. Doch nun untersuchten die beiden US-Kapital- marktforscher Travis Dyer und Nicholas Guest das Ganze empirisch in ihrer Studie „A Tale of Two Index Funds: Full Replica- tion vs. Representative Sampling“. Es gibt drei Möglichkeiten, mit denen ETFs ihre zugrunde liegenden Indizes replizieren. Zwei separate Studien nehmen jeweils zwei dieser Varianten unter die Lupe. Am Ende gibt es zwar keinen eindeutigen Gewinner, aber einige interessante Erkenntnisse – und einen überraschend klaren Verlierer. Vergleich der Handelsaktivität Mittlerer Kapitalumschlag im Zeitablauf Die Grafik zeigt, dass Sampler durchweg einen beträchtlich höheren Kapital- umschlag aufwiesen. Die Auswertung basiert auf einer Stichprobe von 3.365 - Aktienindexfonds in den USA im Zeitraum von 2010 bis 2020. Quelle: Dyer, T. / Guest, N. (2022), A Tale of Two Index Funds: Full Replication vs. Representative Sampling, S. 39 0,0 % 0,2 % 0,4 % 0,6 % 0,8 % 1,0 % Full Replication Sampling Kapitalumschlag in Prozent 2020 2018 2016 2014 2012 2010 Klare Kostendifferenz Mittlere Kostenquoten im Zeitablauf Insgesamt waren die Kostenquoten zwar rückläufig, aber Sampler wiesen durchweg höhere Kosten auf. Die Auswertung basiert auf einer Stichprobe von 3.365 Aktien- indexfonds in den USA im Zeitraum von 2010 bis 2020. Quelle: Dyer, T. / Guest, N. (2022), A Tale of Two Index Funds: Full Replication vs. Representative Sampling, S. 39 0,3 % 0,4 % 0,5 % 0,6 % 0,7 % 0,8 % Full Replication Sampling Kostenquote in Prozent 2020 2018 2016 2014 2012 2010 » Sampler handeln häufiger, haben höhere Kosten und Gebühren und erzielen niedrigere Renditen. « Nicholas Guest, Professor of Accounting, Cornell University Die Kunst der Nachbildung 90 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | E T F - RE P L I KAT I ON FOTO: © JESSE WINTER, MEGAFLOPP| STOCK.ADOBE.COM

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