Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

trollfaktoren errechnet. Dabei fokussiert sich das Autorenquintett auf fünf in der Kapital- marktforschung anerkannte kurzfristige Fak- toren, die im Kasten „Fünf Asse im Ärmel“ (siehe Seite 76) beschrieben sind. Erstens misst die standardmäßige akade- mische Faktorkonstruktionsmethode, wie sie von Fama und French 1993 in „Com- mon Risk Factors in the Returns on Stocks and Bonds“ eingeführt wurde, eine unver- hältnismäßig hohe Gewichtung von 50 Pro- zent den Small Caps bei, die aber nur für etwa zehn Prozent der gesamten Börsenka- pitalisierung stehen. Da die Handelskosten für kleine illiquide Aktien viel höher sind als für große liquide Titel, könnte es effi- zienter sein, kurzfristige Strategien nur auf Aktien anzuwenden, bei denen die erwarte- ten Gewinne die erwarteten Kosten über- steigen, meinen die Autoren. Zweitens können Brutto- und Nettoper- formance erheblich verbessert werden, in- dem der Schwerpunkt von einem Signal auf eine Kombination aus mehreren kurzfris- tigen Signalen verlagert wird, die in der Kapitalmarktliteratur gründlich untersucht wurden. Die Integration von Signalen mit geringen Korrelationen bietet starke Diver- sifikationsvorteile, die zu höheren Brutto- renditen und geringerer Volatilität führen. Zum Beispiel ist bekannt, dass auf kurze Sicht Momentum- und Reversal-Effekte gleichzeitig auftreten. Sich nur auf einen dieser beiden Effekte zu konzentrieren und den anderen zu ignorieren, ist ineffizient. Drittens berücksichtigen viele Studien lediglich eine sehr naive Handelsstrategie, indem sie einfach jeden Monat völlig neue Top- und Bottom-Portfolios konstruieren. Novy-Marx und Velikov zeigten in zwei Ar- beiten – 2016 in „ATaxonomy of Anomalies and Their Trading Costs“ sowie drei Jahre später in „Comparing Cost-Mitigation Tech- niques“ –, dass fortschrittlichere Kauf- und Verkaufsregeln die Aktien nicht gleich erset- zen, wenn sie aus dem Top- beziehungswei- se Flop-Quintil herausfallen. Vielmehr wer- den diese Titel nur dann ersetzt, wenn ihre Attraktivität unter einen bestimmten Schwel- lenwert fällt. Das führt zu Einsparungen bei den Handelskosten, die den Verlust bei den Bruttorenditen ohne Weiteres aufwiegen. Darüber hinaus werden die Handelskosten selbst oft erheblich überschätzt – etwa durch das veraltete Modell von Keim und Mahavan von 1997, das auf einer Stichpro- be des Zeitraums 1991 bis 1993 beruht, als die Handelskosten noch viel höher waren. Neuere Studien dokumentieren, dass erfah- rene Investoren deutlich geringere Handels- kosten haben, als in der Kapitalmarktfor- schung allgemein angenommen wird. Einzelergebnisse Die annualisierten Durchschnittsrenditen liegen zwischen fünf und acht Prozent, mit zugehörigen t-Werten zwischen drei und sieben für alle Signale hoch signifikant – mit Ausnahme der idiosynkratischen Volati- lität (iVOL). Da iVOL strukturbedingt risi- koarme Aktien long und risikoreiche Aktien short ist, hat sie ein stark negatives Markt- beta. Das CAPM-Alpha (Basis ist das Capital Asset Pricing Model) kontrolliert die Ergebnisse im Hinblick auf dieses Marktexposure und ist dreimal so hoch wie die Rendite. Betrachtet man die CAPM- Alphas aller fünf Variablen, so ergibt sich eine Spanne zwischen sechs und zehn Pro- zent mit zugehörigen t-Werten zwischen drei und acht. Die Sechs-Faktor-Alphas und die zugehörigen t-Werte fallen ähnlich aus, da ihre Exposure zu den Fama-French- Faktoren eher klein ist. Die Ausnahme ist wiederum das iVOL-Signal, das einige signifikante Ladungen in Bezug auf die tra- ditionellen Faktoren aufweist. Daraus ergibt sich ein niedrigerer, aber immer noch geringfügig signifikanter Wert (auf dem 90- Prozent-Niveau) für das Sechs-Faktor- Alpha. Insgesamt stellen die untersuchten Einzelsignale starke Renditeprognosen dar, Faktorinvestoren konzentrieren sich traditionell auf langfristig arbeitende Strategien, um die erhofften Überrenditen zu erzielen. Dass auch kürzerfristige Ansätze interessante Ergebnisse versprechen, zeigt eine Analyse von Robeco – statt weniger großer winken viele kleine Gewinne. N o. 3/2022 | www.institutional-money.com 75 T H E O R I E & P R A X I S | FAKTOR I NVE S TMENT S

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