Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

aus, dass Powell genau das tut – dazu später mehr –, Mark J. Higgins vertritt in seiner Analyse für das CFA Institute die gegentei- lige Ansicht, was auch aus dem Titel des Textes relativ klar hervorgeht: „ The Federal Reserve is not Bluffing: The Clear and Present Danger of an Upside-Down Depres- sion“. Higgins argumentiert zunächst mit einem Rückblick auf die vergangenen 220 Jahre (siehe Chart „Die Gefahr einer ‚Great Inflation‘“) und legt dar, dass die In- flationsperioden der USA in der Regel rela- tiv kurz waren und nicht länger als ein Jahr angehalten haben. Länger dauernde Teue- rungszyklen wurden von Kriegen, die unter voller Mobilmachung stattfanden, ausgelöst. „Die einzige massiv hervorstechende Ausnahme war die ‚Great Inflation‘, die 14 Jahre von 1968 bis 1982 dauerte“, schreibt Higgins. Und ausgerechnet diese hart- näckigste Inflationsperiode wurde nicht durch Krieg, sondern „durch eine fehlge- leitete Notenbankpolitik ausgelöst und ver- längert“. Demnach hätte man auf politi- schen Druck hin eine niedrige Arbeitslosig- keit niedrigen Teuerungsraten vorgezogen, die Zinszügel also nicht gestrafft, sondern die Geldpolitik weiter stimulierend gestaltet. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass das Tolerieren leicht steigender Preise den Arbeitsmarkt beleben würde. Bekannter- maßen verselbstständigte sich die Inflation. Die Stagflation der damaligen Zeit nennt Higgins eine „Upside-Down-Depression, weil die Armut, die die Menschen damals erlebten, genauso intensiv war wie während einer wirtschaftlichen Depression“. Parallelen zur Gegenwart Er belegt das mit dem „Misery Index“ (siehe Chart „Der ‚Misery Index‘ oder: Was die Fed vermeiden will“) , der in der Zeit der Great Inflation den zweithöchsten Wert der vergangenen 100 Jahre erreichte und nicht wesentlich unter den Werten lag, die während der großen Depression erzielt Der „Misery Index“ oder: Was die Fed vermeiden will Der Index bildet die Verarmung der Bevölkerung ab und war während der Great Inflation enorm stark ausgeprägt. Ein Blick auf den „Misery Index“ erklärt, warum die US-Notenbank versucht sein könnte, die Zinsen entschlossen hochzufahren – selbst auf die Gefahr hin, zu überschießen und so den Arbeitsmarkt im Speziellen sowie die Konjunktur im Allgemeinen stärker zu treffen als eigentlich nötig. Quelle: miseryindex.us , Higgins 0 % 5 % 10 % 15 % 20 % 25 % 30 % Misery Index 1929 1935 1941 1947 1953 1959 1965 1971 1977 1983 1989 1995 2001 2007 2013 2021 1930s MI = 16,3 % 1968 – 1982 MI = 13,6 % N o. 3/2022 | www.institutional-money.com 69 T H E O R I E & P R A X I S | I NF LAT I ON

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