Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

oft eher fertige Portfoliomodule aus dem Regal das Mittel der Wahl. Das könnten wir uns nicht leisten. Aber Sie haben von zwei Aspekten der Unterscheidung gesprochen. Rainer Matthes: Ein weiteres Differenzie- rungsmerkmal ist das Nachhaltigkeitsthema im Portfoliomanagement. Auch dabei wer- den wir einem Kunden nicht eine ESG- Strategie von der Stange überstülpen. Denn am Ende kommt jeder Kunde mit einem eigenen spezifischen Nachhaltigkeitsver- ständnis zu uns, das dann aber entsprechend professionell im Portfolio umgesetzt werden muss. Und gerade dabei gibt es nun einmal viele Fallstricke. Wenn man das zu naiv angeht, kann das zu sehr unschönen Ergeb- nissen führen. Mit Slogans wie „Dem Thema Nachhaltig- keit verpflichtet“ werben aber inzwischen auch schon fast alle Ihrer Mitbewerber. Rainer Matthes: Das kann sein. Inzwischen bezeichnet sich auch nahezu jeder Anbieter als ausgeprägter „Lösungsanbieter“. Ich bin überzeugt, dass wir beides für unser Haus mit gutem Gewissen behaupten können. Denn allein schon aufgrund unserer Kun- denstruktur, die sehr stark durch kirchliche Investoren geprägt ist, blicken wir gerade beim Thema Nachhaltigkeit auf eine lange Historie zurück. Schon 1999 – als noch keiner von ESG sprach – übernahm Metzler Asset Management das erste Nachhaltig- keitsmandat für eine evangelische Landes- kirche. 2012 unterschrieben wir die UN PRI, und vor sechs Jahren führten wir ein ESG- Board ein und stellten alle unsere diskretio- när gesteuerten Mandate – seien es Publi- kumsfonds oder Spezialfonds – auf die sogenannte Nachhaltigkeitsstrategie um. Was muss man sich darunter vorstellen? Rainer Matthes: Im Prinzip gehen wir in drei Schritten vor. Das beginnt zunächst mit einer Reihe von Ausschlüssen. Betroffen davon sind Unternehmen, die schwerste Kontroversen in Bezug auf internationale Standards oder Normen aufweisen, insbe- sondere solche, wie sie im UN Global Compact definiert sind. Ergänzend werden Hersteller von kontroversen Waffen ausge- schlossen. An dieser Stelle ist mir aber wichtig zu betonen: Wir übertragen hierbei nicht unsere Wertewelt auf die Kunden. Solche Ausschlüsse dienen vielmehr dazu, grundsätzlich bestimmte Reputationsrisiken zu vermeiden. Unsere institutionellen Anle- ger haben in der Regel ihre eigenen Präfe- renzen zu Nachhaltigkeit, gerade Kirchen und Stiftungen. Wir agieren hier nach wie vor als Treuhänder. Sie sprachen von einem dreistufigen Pro- zess. Was kennzeichnet die beiden anderen Ebenen? Rainer Matthes: Der zweite Schritt ist ent- scheidend. Es geht darum, keine Anlageent- scheidung zu treffen – weder für eine Aktie noch für einen Corporate Bond –, ohne zu- vor das ESG-Gesamtbild des Unternehmens zu analysieren. Wir sind davon überzeugt, dass die Betrachtung nicht finanzieller Indi- katoren zu besseren Anlageentscheidungen führt, weil je nach Sektor bestimmte Schlüsselfaktoren kursrelevant werden kön- nen. Diese muss man nach unserem Ver- ständnis im Sinne eines optimalen Rendite- Risiko-Profils in die Analyse einbeziehen – und zwar völlig unabhängig von jeglichen ethischen Vorgaben. Fehlt noch die dritte Ebene. Rainer Matthes: Eines der schärfsten Schwer- ter von Investoren ist das Thema Engage- ment, also der aktive Dialog mit den im Portfolio investierten Unternehmen und das Abstimmungsverhalten auf Hauptversamm- lungen. Beides ist bei uns eng verzahnt und transparent. Um eine hohe Wirkung zu er- zielen, findet bei uns ein doppeltes Engage- ment statt. Unsere Portfoliomanager spre- chen gemeinsam mit unserem Sustainable Investment Office mit mehreren hundert Unternehmen im Jahr. In diesen Gesprächen » Eines der schärfsten Schwerter von Investoren ist das Thema Engagement, also der aktive Dialog mit den im Portfolio investierten Unternehmen. « Dr. Rainer Matthes, Chefvolkswirt Metzler AM 64 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | DR . RA I NER MAT THE S | ME TZL ER AS S E T MANAGEMENT FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH

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