Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

hohen Inflationswerten zwischen vier und fünf Prozent zu tun haben werden statt mit Raten zwischen zwei und drei Prozent. Sie meinen, dass man als Investor falsch- liegt, wenn man ein Zurückgehen der Infla- tionsrate als Entwarnung interpretiert? Rainer Matthes: So ist es. Natürlich kann es auch künftig noch einmal zu Aufwärtsbe- wegungen innerhalb einer solchen Bären- marktrallye kommen. Ich glaube aber, dass sich im Verlauf des Winterhalbjahres die Erkenntnis durchsetzen wird, dass die Preis- entwicklung sich eben vorerst noch nicht wieder in Richtung der angestrebten Ziel- marke bewegen wird. Eine von Teilen des Marktes zeitweise bereits für das kommen- de Jahr erwartete Phase erneuter Leitzins- senkungen in den USA halten wir daher für extrem unwahrscheinlich. Wir gehen des- halb davon aus, dass es bis ins erste Halb- jahr 2023 hinein noch mehrfach zu einem Einbruch bei der Kursentwicklung kommen wird. Wir rechnen erst im weiteren Jahres- verlauf mit einer Art V-förmigen Gegen- bewegung der Kurse nach oben, ähnlich der Entwicklung, wie wir sie während der Corona-Pandemie erlebt haben. Vielleicht wird es am Ende auch eine eher U-förmige Entwicklung sein. Der Tiefpunkt ist aber noch nicht erreicht. Aus diesem Grund bleiben wir fürs Erste bewusst zurückhal- tend in unserer Portfolioaufstellung und raten davon ab, jetzt schon wieder massiv Aktienexposure aufzubauen. Die Gleichzeitigkeit der Kursschwäche so- wohl auf der Aktien- wie auf der Rentenseite war zuletzt speziell für Multi-Asset-Mandate ein Problem. Ist das nicht gerade für Ihr Haus eine bedeutende Assetklasse? Rainer Matthes: Die meisten unserer neuen Mandate von institutionellen Investoren wie Stiftungen, aber auch Versicherungen und Versorgungswerken oder Unternehmen wer- den in zwei Arten von solchen Multi-Asset- Ansätzen investiert. Bei der einen Art wird das jeweilige Mandat diskretionär mithilfe einer möglichst breiten strategischen Asset Allocation gemanagt. Man darf sich das aber nicht mehr als simple Mischung aus Aktien, Anleihen und ein wenig Liquidität vorstellen. Ein solches Portfolio weist heut- zutage sowohl vertikal als auch horizontal eine sehr starke Diversifikation auf. Was genau meinen Sie damit? Rainer Matthes: Im Grunde das, was ich aus der strategischen Perspektive als das A und O für nahezu jede Marktphase bezeichnen würde. Sowohl der Aktien- wie auch der Anleihenteil des Portfolios wird dabei nicht nur in Bezug auf Regionen und Sektoren diversifiziert, auch innerhalb von beiden findet eine breite Streuung nach Investment- stilen statt. Hinzu tritt dann eine Art Fein- justierung im Sinne einer taktischen Allo- kation … … die in der derzeitigen Marktlage konkret wie aussieht? Rainer Matthes: Wir sind in unseren Multi- Asset-Mandaten bewusst vergleichsweise konservativ unterwegs. Das heißt, dass wir sowohl auf der Aktienseite als auch auf der Durationsseite bei Anleihen im Grunde schon seit Jahresanfang eine Untergewich- tung umgesetzt haben. Das hat sich im bisherigen Verlauf durchaus ausgezahlt. Übrigens nicht nur auf Seiten der diskretio- när gemanagten Portfolios, die nach funda- mentalen Kriterien und prognoseorientiert gesteuert werden. Auch die zweite Art von » Wir werden es auch im kommenden Jahr noch mit vergleichsweise hohen Inflationswerten zwischen vier und fünf Prozent zu tun haben statt mit Raten zwischen zwei und drei Prozent. « Dr. Rainer Matthes, Chefvolkswirt Metzler AM 60 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | DR . RA I NER MAT THE S | ME TZL ER AS S E T MANAGEMENT FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH

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