Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

19 Cent zu opfern, um soziale Kosten von 350 minus 19 Millionen Euro, also 331 Millionen Dollar zu vermeiden. Wir sind der Überzeugung, dass die überwiegende Mehrheit der Aktionäre der Verbrennung der Substanz zugestimmt hätte, wenn man 1984 darüber hätte abstimmen können (was nicht der Fall war). Das lässt uns annehmen, dass man zu einem gesellschaftlich effizien- teren Ergebnis kommt, wenn man Aktionäre auf der Hauptversammlung über derartige Fragen abstimmen lässt. Auf jeden Fall ist das besser, als wenn man es den CEOs und dem Aufsichtsrat überlässt, denn diese sind traditionell der Meinung, es müsste immer Gewinnmaximierung angestrebt werden. Die hätten sich daher gegen die Verbren- nung der Substanz und fürs Ableiten in den Fluss entschieden. Unser Punkt ist, dass Aktionäre in Sachen Nachhaltigkeit meis- tens besser entscheiden als die Unterneh- mensführung. Gilt das nur für private Aktionäre? Oliver Hart: Das kommt darauf an. Damals gab es bei DuPont einen Hauptaktionär, die Familie Bronfman, die 20 Prozent der Aktien hielt. Für sie hätte die Kalkulation anders ausgesehen als für kleinere Aktio- näre, denn sie hätten 20 Prozent von 19 Millionen Dollar tragen müssen, also 3,8 Millionen. Hier wäre die Frage, wie sie da- mals entschieden hätten. Wir haben aber keine Erkenntnisse, dass die Familie Bronf- man damals die Entscheidung irgendwie beeinflusst hat. Was wir aber aus diesem Fall sehen können, ist, dass Großaktionäre soziale oder Umweltentscheidungen negativ beeinflussen können. Das widerspricht der traditionellen Sicht, dass Großaktionäre einen positiven Einfluss haben, weil sie das Management besser überwachen als die vielen Kleinaktionäre. Und welchen Einfluss haben institutionelle Investoren? Oliver Hart: Viele institutionelle Investoren sind der Meinung, sie müssten bei anstehen- den Entscheidungen immer so stimmen, dass der langfristige Profit maximiert wird, weil das ihre fiduziäre Pflicht sei. Einige sind sogar qua Gesetz dazu verpflichtet: zum Beispiel die Pensionsfonds in den USA. Sie fragen in solchen Fällen auch nicht ihre Mitglieder, wie diese im jeweili- gen Fall entscheiden würden. Heißt das, Pensionsfonds stimmen bei sol- chen Fragen gegen den eigentlichen Willen ihrer Mitglieder? Oliver Hart: Das ist schwer zu sagen. Ich persönlich halte beispielsweise über eine Institution Aktien und habe bei dieser Insti- tution vor Kurzem nachgefragt, wie sie in einem bestimmten Fall abgestimmt hat. Bis- her war es mir nicht möglich, das in Erfah- rung zu bringen. Man sagte mir zwar, dass man auf mich zurückkommen wollte, aber meine Anfrage ist nun schon einige Monate her. Im Prinzip sollten die doch mich fra- gen, wie ich abstimmen möchte. Und nun kann ich noch nicht einmal in Erfahrung bringen, wie sie abgestimmt haben! Sind bei dieser Thematik Änderungen in Sicht? Oliver Hart: Ja, es kommt Bewegung in diese Frage. Die Fondsgesellschaft BlackRock hat in den USA angekündigt, dass sie ihren großen Investoren die Stimmrechte übertra- gen würde, wenn sie das wollten. Aber wenn BlackRock seine Stimmrechte an die Pensionsfonds überträgt, ist auch noch nicht » CEO und Aufsichtsrat sind traditionell der Meinung, es müsste immer Gewinnmaximierung angestrebt werden. « Prof. Dr. Oliver Hart, Harvard-Professor und Nobelpreisträger 50 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | PROF. DR . OL I VER HART | HARVARD FOTO: © CHRISTIAN FLEMMING

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