Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

S chon seit den 1980er-Jahren zählt Robert Shiller zu den führenden Köpfen der internationalen Fi- nanzforscherszene. Und das nicht nur aufgrund seiner Lehrtätigkeit oder sei- ner ungewöhnlichen Erfolge als mehrfacher Buchautor. Was einen Wissenschaftler wie Shiller auszeichnet, ist die Tatsache, dass er die Kapitalmarktentwicklung nicht nur rein akademisch betrachtet, sondern versucht, aus seinen durch Beobachtung gewonnenen Erkenntnissen Lösungen abzuleiten, die In- vestoren helfen können, bessere Investment- ergebnisse zu erzielen. Wir haben mit dem US-Ökonomen über die jüngste Entwick- lung an den Finanzmärkten gesprochen. Wenn wir uns die aktuellen Entwicklungen an den Kapitalmärkten anschauen, dann befinden sich derzeit praktisch alle Anlage- klassen und Finanzinstrumente in einer Abwärtsspirale. Sind Sie überrascht, dass sich viele Anleger immer noch fragen, wie es dazu kommen konnte? Robert Shiller: Im Grunde kann es eigentlich niemanden wirklich überraschen, dass es an irgendeiner Stelle zu Kurskorrekturen kom- men musste. Nicht zuletzt ausgelöst durch extrem niedrige, zum Teil negative Zinssät- ze befanden sich zu Beginn dieses Jahres schließlich alle Assetklassen von Aktien über Bonds und Rohstoffe bis hin zu Immobilien in einer im Prinzip für jeden erkennbaren deutlichen Überbewertung. Das Ausmaß und die Breite der Korrekturen haben allerdings zu einer historisch ein- maligen Situation geführt, die so noch nie zu beobachten gewesen ist. Erleben wir gerade so etwas wie „Irratio- nal Exuberance 2.0“? Robert Shiller: Was die Performanceentwick- lung angeht, gibt es sicher Parallelen. In Bezug auf die Wertentwicklung fällt zum Beispiel auf, dass die Immobilienpreise noch zwischen August 2020 und August 2021 um rund 20 Prozent gestiegen sind. Das war der größte Anstieg innerhalb eines Jahres seit dem Jahr 1946, als Soldaten, die Robert Shiller : „Die Menschen treffen heute Anlageentscheidungen auf der Basis von bestimmten Geschichten, die sich über Smart- phones und Social-Media-Kanäle verbreiten. Dadurch steigt natürlich das Potenzial für eine zunehmende Irrationalität des Investierens.“ D D Im Interview erläutert Robert Shiller , warum durchaus Parallelen zwischen der jüngsten Abwärtsspirale und früheren Phasen einer starken Korrektur an den Märkten bestehen. Aus seiner Sicht hat sich für die Entwicklung der Kapitalmärkte aber Entscheidendes verändert. » EINE HISTORISCH EI 34 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | PROF. ROB ERT J . SH I L L ER | YAL E FOTO: © ROBERT A. LISAK

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