Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

Missbrauchsmöglichkeiten Klaus Stiefermann, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Alters- versorgung e.V. (aba), sieht nicht nur die Ansprüche von Versorgungsberechtigten geschmälert, sondern er ortet auch Ge- fahren für die Schutzeinrichtungen: „Die der Insolvenzsicherungspflicht unterlie- gende betriebliche Altersversorgung ist auch bei einer Sitzverlegung ins Aus- land im Fall der Unternehmensinsolvenz des dann ausländischen Rechtsträgers durch den PSVaG geschützt. Es besteht aber die Gefahr, dass durch die geplan- ten neuen gesellschaftsrechtlichen Mög- lichkeiten ein Missbrauch der Insol- venzsicherung zulasten des PSVaG und damit der Solidargemeinschaft seiner deutschen und luxemburgischen Mit- glieder ermöglicht wird.“ Er erklärt, warum die Solidargemeinschaft betro- gen werden kann: „Bei internationalen Umwandlungsvorgängen fehlen die zwingend erforderlichen Schutzvor- schriften, die sich bei nationalen Um- wandlungsvorgängen seit Langem bewährt haben.“ Für Fälle, in denen kein Rechtsträger in Deutschland verbleiben wird, schlägt Stiefermann vor, dass für den Zeitraum von zehn Jahren eine ausreichende Vermögens- masse in Deutschland einzurichten ist, auf die versorgungsberechtigte Arbeitnehmer und im Fall der Insolvenz des ausländi- schen Rechtsträgers der PSVaG zugreifen könnten. „In Betracht kämen mittelbare Versor- gungsträger der betrieblichen Altersversor- gung ebenso wie die Sicherstellung einer Haftungsmasse im Finanzbereich“, so Stie- fermann. Er begründet dies wie folgt: „Es kann nicht sein, dass schwierige Rechtsver- folgungen in einem anderen europäischen Staat zulasten der Arbeitnehmer oder des PSVaG und damit zulasten der Solidar- gemeinschaft seiner Mitglieder gehen.“ Rentnergesellschaft als Lösung Kraus hat ebenfalls einen Lösungsvor- schlag: „Ein Unternehmen, das den deut- schen Markt verlässt und noch ausstehende Rentenzusagen hat, kann seine Pensionszu- sagen in eine Rentnergesellschaft ausglie- dern.“ Diese hätte quasi nur noch Pensions- verbindlichkeiten auf der Passivseite und die entsprechenden Finanzanlagen auf der Aktivseite. Kraus ergänzt: „Mit einem lang- fristig orientierten Anlageansatz können Sie mit einer hinreichend hohen Wahrschein- lichkeiten alle Renten bezahlen. Eine solche Rentnergesellschaft können Sie allerdings nur für die inaktiven Mitarbeiter aufsetzen. Für die Aktiven müssen Sie in der neuen Firma ein neues System für die Rentenzu- sagen finden.“ Hier empfiehlt er generell ein voll kapitalgedecktes System mit reiner Beitragszusage, ähnlich wie die 401(k)- Pläne in den USA. „Alles andere enthält zu viele Ungewissheiten, die bei Firmentrans- aktionen schwierig zu bewerten sind.“ „Unzureichendes Verständnis“ Offenbar hat ein Verband der Versiche- rungskaufleute zu dem Thema verkündet, dass insbesondere von betroffenen Renten- anwärtern eine mögliche Sicherheit „aktiv eingefordert werden“ könne, wenn die Arbeitgeberin durch Fusion ins Ausland abwandert. Dieser Sichtweise widerspricht Rechtsanwalt Johannes Fiala: „Dieser Irrglaube beruht auf dem unzutreffenden Verständnis, wonach Anwartschaften auf künftig fällig werdende Leistungen eben noch keine vollwertigen Forderungen sind.“ Der Jurist hält sie für „betagt“, weil eben erst irgendwann in der Zukunft die Fällig- keit eintreten wird. Fiala erklärt, dass regelmäßige Renten- ansprüche erst dann zu ratierlich fälligen Forderungen werden, wenn der Versor- gungsfall eintritt. „Gesetzlich kann für diese im Voraus keine Sicherheit verlangt werden. Vertraglich handelt es sich oft um eine Gestaltungslücke oder eine nicht erkannte Option“, so Fiala. Lediglich im Fall einer Insolvenz der Arbeitgeberin würden auch die „betagten“ Forderungen gesetzlich als fällig fingiert. „Bereits heute können Gläubiger auch bei nationaler Umwandlung erst nach eingetre- tener Fälligkeit Sicherheitsleistungen ver- langen“, so Fiala. Er fordert, dass bei grenz- überschreitender Umwandlung die Gläubi- ger bis zur Stellung von Sicherheiten künf- tig die Eintragung der Verschmelzung im Firmenregister verhindern können sollen. „Bis dahin sollte das Registergericht keine Verschmelzungsbescheinigung erteilen“, fordert Fiala. Höhe der Sicherheiten ungeklärt Die Frage sei aber auch, wie hoch die Si- cherheiten für eine Betriebsrente sein müss- ten, wenn beispielsweise solche Sicherhei- ten aus einer fälligen Rückdeckungsver- sicherung zur Verfügung stehen und der Arbeitgeber eine sukzessive Pfandfreigabe wünscht. „Nicht nur eine Firmenfusion ins Ausland, sondern auch die Fälligkeit einer Rückdeckungsversicherung sowie die Aus- lagerung der bAV durch die Arbeitgeberin bieten sich als Anlass dafür an, die Frage nach der Höhe von bAV-Kreditsicherheiten als Arbeitnehmer zu prüfen“, meint Fiala. ANKE DEMBOWSKI » Unternehmen können ihre Pensionszusagen auch in eine Rentnergesellschaft ausgliedern. « Tilo Kraus, Geschäftsführer bei Vedra Pensions GmbH » Gläubiger können auch heute erst nach eingetretener Fälligkeit Sicherheitsleistungen verlangen. « Dr. Johannes Fiala, Rechtsanwalt, Rechtsanwaltskanzlei Dr. Johannes Fiala 268 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T | EU - UMWANDLUNGSR I CHT L I N I E FOTO: © VEDRA PENSIONS GMBH, RECHTSANWALTSKANZLEI DR. JOHANNES FIALA

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