Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

als auch in ihrer kritischen Ausformung um- so mehr. So feierte die Nasdaq das SEC- Placet mit den Worten: „Die neuen Diver- sity-Regeln spiegeln die Erwartungen einer überwältigenden Mehrheit an Aktionären und Stakeholdern wider, wonach sowohl die Governance also auch die Performance der Unternehmen erhöht wird.“ Etwas anders sah man das im republi- kanischen Flügel des Senate Banking Com- mittee. Dessen Fraktionsführer Pat Toomey zeigte sich erzürnt: „Ich bin vom SEC- Vorsitzenden Gary Gensler enttäuscht. Er macht aus einer Aufsichtsbehörde ein Labor für progressives Social Engineering.“ Und weiter: „Indem die Nasdaq Diversity über ethnische Herkunft, Geschlecht und sexu- elle Ausrichtung definiert, werden diese Un- ternehmen unweigerlich dazu gezwungen, bei der Besetzung der Verwaltungsräte zu- gunsten von Diversity auf Wissen, Erfah- rung und Expertise zu verzichten.“ Untersucht Doch ist das tatsächlich so? Führt positive Diskriminierung dazu, dass sich die Qualität des Managements verschlechtert, weil die Auswahlkriterien ver- zerrt werden und sich der Pool an auszuwählenden Kandidaten aufgrund dieser Auslesemecha- nismen künstlich verkleinert? Zwei aktuelle Untersuchungen haben sich dem Thema ange- nommen, wobei eine sich den ökonomischen Auswirkungen der Gendergerechtigkeit zwi- schen Mann und Frau widmet, während die zweite spezifisch auf die Inklusion der LGBTQ- Community eingeht. Zunächst zu den Erkenntnis- sen der Arbeit „Does Mandatory Board Gender Balancing Reduce Firm Value?“. Unter Federfüh- rung von B. Espen Eckbo vom Dartmouth College wurde ge- meinsam mit Knut Nygaard von der Oslo Metropolitan Universi- ty und Karin S. Thorburn von der Norwegian School of Busi- ness der Case Norwegen unter- sucht. Das Paper, das im Februar 2022 im Rahmen der „ECGI Working Paper Series in Law“ erschienen ist, widmet sich also sowohl zeitlich als auch thematisch ziemlich genau dem Einwand des Republikaners, „wonach vorgegebenes Gender-Balancing unbeab- sichtigte positive oder negative Nebeneffek- te auf den Firmenwert haben könnte“, wie Eckbo im Vorwort konstatiert. Die Autoren fokussieren dabei auf das „quasi natürliche Experiment der norwegi- schen Genderquoten“ – und das aus meh- reren Gründen: Zum Ersten hat die SEC bei ihrer Argumentation auf Forschung zu ebendiesen norwegischen Regeln hingewie- sen, die wie erwähnt bereits 2006 eingeführt wurden und bei börsennotierten Unterneh- men eine Frauenquote von 40 Prozent im Aufsichtsrat vorsehen. Zum Zweiten „wur- den die Regeln höchst unerwartet einge- führt“, wie Eckbo erklärt. Das bedeutet, Verwässerungseffekte durch fließende Über- gänge, in denen sich Unternehmen an bevorstehende Regeln anpassen, fallen weg – es kann eine saubere Abgrenzung des ökonomischen Zustands vor und nach der Einführung des Regelwerks vor- genommen werden. Dass die drei Autoren außerdem über nor- wegische Wurzeln verfügen, dürfte bei der Auswahl des Studienobjekts ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Performance Die Autoren untersuchen jedenfalls verschiedene perfor- mative Finanzkennzahlen und Aspekte, die durch die Equality- Regeln beeinflusst hätten werden können. Dazu gehören die Iden- tifizierung von allfälligen abnor- malen Aktienerträgen und allfäl- lige Veränderungen der operati- ven Profitabilität. Um die Langfristperformance des norwegischen Aktienmarktes auf Effekte des Gleichberechti- gungsaktes hin zu prüfen, haben die Autoren drei gleichgewichte- te Portfolios entworfen. Das ers- te Portfolio umfasst Unterneh- men, deren Verwaltungs- oder Aufsichtsrat vor der Ankündi- gung des neuen Regelwerks nur aus Männern bestanden hat. Im zweiten Portfolio befinden sich die Unternehmen, in deren Auf- sichtsgremien zumindest eine Positive Effekte Je LGBTQ-freundlicher, desto höher der Firmenwert und die Profitabilität Tobin’s Q ROA Model 1 Model 2 Model 3 Model 4 CEI Score 0,002*** 0,002*** 0,014*** 0,015*** (5,14) (5,15) (2,66) (2,77) Size -0,067*** -0,071*** -0,825*** -0,792*** (-7,52) (-6,92) (-5,98) (-4,77) Hebel 0,003 0,003 -0,219*** -0,211*** (1,53) (1,33) (-4,59) (-4,36) ROA 0,039*** 0,038*** (16,86) (16,25) Wachstum 0,003*** 0,003*** 0,074*** 0,073*** (3,18) (3,56) (7,08) (6,72) Risiko -0,099*** -0,091*** -3,698*** -3,295*** (-5,91) (-5,03) (-11,54) (-8,98) ESG 0,000 0,000 0,038*** 0,033*** (-0,07) (-0,65) (3,92) (3,30) Board-Größe 0,000 0,082 (0,13) (0,85) Unabhängigkeit 0,000 0,001 des Boards (-0,44) (0,08) Industriefixe Effekte Nein Ja Nein Ja Periodenfixe Effekte Nein Ja Nein Ja Anzahl der Beobacht. 2.868 2.858 3.071 3.060 Adjustiertes R 2 0,49 0,53 0,20 0,22 F-Stat. 388,19*** 122,66*** 132,82*** 36,39*** Der von der Human Rights Campaign herausgegebene Corporate Equality Index (CEI) kann als Näherungsvariable für LGBTQ-freundliche Firmenkultur heran- gezogen werden. Ein liberaler Zugang zur LGBTQ-Community hat positive Effekte auf Firmenwert und Profitabilität. ***/**/*: 99-/95-/90-prozentige Signifikanz Quelle: Studie » Die Regeln werden Unternehmen dazu zwingen, zugunsten von Diversity auf Wissen, Erfahrung und Expertise zu verzichten. « Pat Toomey, Senator, republikanischer Fraktionsführer des Senate Banking Committee 258 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T | D I VERS I TY- REGULATOR I K

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