Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

nur für US-amerikanische, sondern auch für internationale Unternehmen, die an der Nasdaq über ein Listing verfügen. Doch wie radikal sind diese Regeln wirklich? Folgt man der medialen Bericht- erstattung, der monatelangen politischen Debatte im Vorfeld und den wütenden Reaktionen der Republikaner im Nachhall, müsste es sich um eine veritable Revolution handeln, wird von den Unternehmen laut CNBC doch verlangt, „Zielvorgaben im Bereich ethnischer Herkunft und Geschlecht zu erfüllen“. Demnach müssen Nasdaq- Unternehmen zumindest ein weibliches Mitglied aufweisen und eines, das einer ethnischen Minderheit entstammt oder zur LGBTQ-Community gehört. Langjähriger Prozess Die Regeln gelten für alle größeren Unternehmen aus den Segmenten Global Select, Global Markets und Capital Mar- kets, die seit 6. August 2021 an der Nasdaq notieren. Umgesetzt werden sie in einem Drei-Phasen-Prozess. Ab 8. August müssen die Unternehmen die sogenannte Board Diversity Matrix ausfüllen, die über den je- weiligen Status quo Aufschluss gibt. Diese Matrix ist in der Folge einmal pro Jahr zu aktualisieren. Per 7. August 2023 müssen alle Nasdaq-Unternehmen nachweisen, dass sie ihren Verwaltungsrat mit zumindest einem diversen Direktoriumsmitglied be- schickt haben. Per 6. August 2025 muss für Unternehmen aus dem Nasdaq Global Select oder dem Global Markets ein zweites diverses Mitglied bestellt sein. Unterneh- men aus dem Capital Market haben dafür ein Jahr länger Zeit. Vehemente Reaktionen Dazu zwei Details am Rande – erstens: Laut einer Nasdaq-Studie aus dem Jahr 2020 hätten 75 Prozent der dort gelisteten Unternehmen diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Und zweitens: In Norwegen besteht seit 2006 eine Aufsichtsratsfrauenquote von 40 Prozent, in Deutschland sind es immer- hin 30. Doch nicht nur sind die Nasdaq- Anforderungen – zumindest in Bezug auf die Frauenpräsenz – gering, sie sind auch verwässert, da es sich bei der Vorgabe um keine Bedingung für ein Listing handelt: Alternativ zur Beschickung diverser Ver- waltungsratsdirektoren können die Unter- nehmen fristgerecht schlicht erklären, wa- rum sie die Beschickung unterlassen haben. Angesichts dieser relativ moderaten Diversity-Vorgaben erstaunen die markan- ten öffentlichen Reaktionen aus Politik und Finanzwirtschaft sowohl in ihrer positiven Diversität definiert sich unter anderem über Geschlecht, ethnisch-kulturellen Hintergrund oder sexuelle Orientierung. Regulatorische Vorgaben machen eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema für Unternehmen, Stakeholder und Investoren von einem Nice-to-have zu einem Must-have. A A » Die neuen Diversity-Regeln spiegeln die Erwartungen einer überwältigenden Mehrheit an Aktionären und Stakeholdern wider. « Nasdaq-Aussendung zum SEC-Sanktus der neuen Diversity-Regeln für Nasdaq-Verwaltungsräte N o. 3/2022 | www.institutional-money.com 257 S T E U E R & R E C H T | D I VERS I TY- REGULATOR I K

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