Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

sequenz des Garantie-Wegfalls sind dann volatile Rentenzahlungen. „Das werden Variable Annuities sein, deren Höhe sich an den Ergebnissen der Kapitalanlage orien- tiert“, sagt Hoekert, „diese Tatsache muss natürlich gut kommuniziert werden.“ Etwas Zeit ist dafür noch, denn die Vermögen wer- den voraussichtlich erst gegen Ende der Umstellungsperiode, also 2024/2025, trans- feriert, aber die Bürgeraufklärung läuft be- reits an. Im Schnitt erhofft man sich ein höheres Rentenniveau, weil die Flexibilisierung der Kapitalanlage zu höheren erwarteten Rendi- ten führen soll. „Im jetzigen System sehen wir große Unterschiede zwischen den ver- schiedenen Pensionsfonds, was die Rendi- ten betrifft. Das liegt daran, dass sich die Fonds unterschiedlich gegen die Zinsen hedgen müssen. Im neuen DC-System wird es keine notwendigen Funding Ratios mehr geben“, so Hoekert, „daher kann die Kapi- talanlage flexibler sein.“ Konsolidierung Er glaubt, dass die Transformation zwar äußerst komplex sein wird, dass das Pen- sionssystem aber nach der Umstellung weniger komplex sein wird als das bisheri- ge. Da aber nicht alle Pensionsfonds den schwierigen Systemwechsel durchführen wollen, wird es zu einer weiteren Konsoli- dierung unter den niederländischen Pensi- onsfonds kommen. Diese hat allerdings auf- grund der zunehmend höheren Governance- Anforderungen und des steigenden Kosten- drucks bereits schon lange vorher einge- setzt. Während es 2007 in den Nieder- landen noch über 700 Pensionsfonds gab, schmolz ihre Zahl durch zahlreiche Zusammenschlüsse bis 2016 auf rund 260, aktuell gibt es etwa 200. Diese tei- len sich auf in rund 140 Unternehmens- und 60 Branchen-Pensionsfonds. In den letzten Jahren haben sich ins- besondere viele der Unternehmens-Pen- sionsfonds einem der Branchen-Pen- sionsfonds angeschlossen. „Einige klei- nere Pensionsfonds werden versuchen, sich vor dem Systemwechsel zu liqui- dieren. Es gibt einige große Konsolidie- rer, die General Pension Funds. Früher gab es davon sechs an der Zahl, heute sind es nur noch vier“, erklärt Hoekert. Aber es gibt auch andere Pensionsfonds, die aktiv damit werben, dass sie gern andere Pensionsfonds übernehmen würden. „Die geringere Zahl von Pensionsfonds wird die Effizienz steigern“, gibt Hoekert ein positives Signal. Folgen andere Länder auch? Die Frage ist, ob auch andere Länder mit ähnlichen Reformen folgen werden. Schließlich sind eine zunehmende Lebens- erwartung und ein immer noch relativ nied- riges Zinsniveau kein Alleinstellungsmerk- mal der Niederlande. Daher beobachtet man in Europa sehr genau, was in Sachen Pen- sionen in den Niederlanden passiert. „Wenn selbst in einem Land wie den Niederlanden, das über erhebliche Kapitalstöcke in der bAV verfügt, eine Reform notwendig ist, dann sollten wir uns in Deutschland erst recht Gedanken machen“, meint Tilo Kraus, Geschäftsführer bei Vedra Pensions GmbH, die in Deutschland Rentnergesellschaften übernimmt und verwaltet. Er fährt fort: „In den Niederlanden ist der Anteil der Betriebsrenten am Gesamtrenten- einkommen der Rentner deutlich höher als in Deutschland. Die Problematik in den Niederlanden ist, dass der größte Teil der betrieblichen Renten in DB-Plänen steckt, die aufgrund der fallenden Zinsen eine geringere Ertragserwartung bei gleichzeitig steigender Lebenserwartung haben.“ Er ist der Meinung, dass man in Deutschland gut hinschauen sollte, was dort passiert, „denn auch in Deutschland haben DB-Pläne einen hohen Anteil an der bAV – mit ähnlichen Problematiken wie in den Niederlanden“, meint Kraus. Kapitalgedeckte Lösungen Einen wichtigen Unterschied gibt es jedoch: „In den Niederlanden wird der Großteil der Betriebsrenten über kapitalge- deckte Lösungen organisiert. Das ist in Deutschland anders. Ich persönlich fühle mich mit einem kapitalgedeckten Modell komfortabler“, erklärt Kraus. Er verweist darauf, dass in weiten Teilen der alten DB- Pläne in Deutschland keine Kapitalanlagen aufgebaut wurden, sondern den Pensions- verbindlichkeiten die Aktivseite des jewei- ligen Arbeitgebers gegenübersteht. „In dem Fall sind Unternehmen und Rentner darauf angewiesen, dass die geplanten Erträge und Cashflows sich auch entsprechend realisie- ren“, gibt Kraus zu bedenken und schlägt für Deutschland vor: „Zum einen sollten wir uns in Deutschland ebenfalls mit einem Systemwechsel der Betriebsrenten be- schäftigen – lieber früher als später! Dabei wäre es gut, wenn wir auch in Deutschland auf ein DC-System umschwenken würden.“ Er verweist darauf, dass 401-k-Pläne in den USA, die als DC-Pläne laufen, seit meh- reren Jahrzehnten gut funktionieren. „Als Zweites wäre es gut, wenn wir auch in Deutschland Kapitalstöcke auf- bezie- hungsweise ausbauen würden, die gegen den jeweiligen einzelnen Pensionsplan ste- hen.“ Zwar gäbe es in Deutschland mit dem Pensionssicherungsverein ein großes Sicher- heitsnetz, „allerdings als Versicherungs- lösung mit einer breiten Sozialisierung von Risiken“, meint Kraus. ANKE DEMBOWSKI Mitgliederzahl in niederländischen Pensionsfonds In den Niederlanden sind immer mehr Menschen aus dem System ausgeschieden. So sieht es in vielen westlichen Ländern aus: Die Zahl der Rentner steigt, während die Zahl der aktiven Beitragszahler fällt oder sich seitwärts bewegt. Die Anzahl der zurückgestellten Mitglieder ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Quelle: De Nederlandsche Bank Anzahl Pensionsfonds-Mitglieder 0 2.500.000 5.000.000 7.500.000 10.000.000 Aktive Beitragszahler Zurückgestellte Mitglieder (keine aktiven Beitragszahler mehr, aber auch noch keine Rentner) Rentner 2020 2015 2010 2005 2000 254 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T | N I EDERLÄND I SCHE S RENT ENSYS T EM

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