Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

Rentenkürzungen Infolge der Rentenkürzungen kam es zu lautstarken Protesten der Bevölkerung. „Das niederländische Pensionsdesign stammt aus den 1950er Jahren. Die Pensionsleistungen schaffen es nicht, die Inflation zu kompen- sieren, und teilweise mussten sogar die nominalen Zahlungen reduziert werden“, nennt Hoekert einige Gründe für die Sys- temumstellung. Das System passt auch nicht mehr zum aktuellen Arbeitsmarkt: „Heute wechseln die Menschen öfter ihre Arbeitsstelle als früher, ändern dabei teil- weise auch die Branche oder verabschieden sich in die Selbstständigkeit.“ Das hat in der Vergangenheit zu Ungerechtigkeiten ge- führt, weil in den Niederlanden die jungen die älteren Generationen bezuschusst haben. Steigt man dann aber aus dem System aus – zum Beispiel weil man sich selbstständig macht – oder wechselt in eine andere Bran- che, profitiert das Individuum imAlter nicht mehr von den hohen Beiträgen der Jungen. „Letztlich ist es so, dass sich in der jetzigen Situation beide, die Alten und die Jungen, benachteiligt fühlen“, beobachtet Hoekert die Situation, „die Alten, weil ihre Pensions- zahlungen nicht mit der Inflation mithalten, und die Jungen, weil ihre Beitragssätze so hoch sind.“ Außerdem sind die Rentner der Meinung, dass die Deckungsgrade der Pensionsfonds zu niedrig geschätzt werden, sodass keine volle Anpassung an die Lebenshaltungskos- ten stattfindet. Sie sind der Meinung, eine Anpassung sei in Wirklichkeit aber mög- lich. Die Reform: DB zu DC Die demografische Entwicklung ist in fast allen westlichen Ländern proble- matisch, aber politisch ist es immer heikel, die sich daraus ergebenden Wahrheiten in Bezug auf das Rentensystem auszuspre- chen. Auch die Politiker in den Niederlan- den haben daher lange mit einer Renten- reform gezögert. Anstatt die notwendigen Rentenkürzungen vorzunehmen, wurden vor jeder Wahl die geplanten Kürzungen wieder zurückgestellt. Doch angesichts des dringenden Reform- bedarfs hat die niederländische Regierung nach langen Jahren der Diskussion im Juni 2019 einen Gesetzentwurf für eine große Rentenreform vorgelegt. „Wir gehen davon aus, dass das Parlament den Vorschlag bis Ende 2022 genehmigen wird“, meint Hoe- kert. Der Systemwechsel soll am 1. Januar 2023 starten und nach einer vierjährigen Übergangsperiode Ende 2026 abgeschlos- sen sein. „Es geht dabei um einen komplet- ten Systemwechsel, vom jetzigen Defined- Benefit-System, das teilweise noch harte Garantien enthält, zu einem solidarischen Defined-Contribution-System“, erklärt Hoe- Der Systemwechsel in den Niederlanden steht unter dem Zeichen von mehr Gerechtigkeit, in diesem Fall Generationengerechtigkeit. Im neuen Rentensystem soll es keine Transfers mehr zwischen den Generationen geben, weil das in der Vergangenheit – zumindest gefühlt – zu Ungerechtigkeiten geführt hat. N o. 3/2022 | www.institutional-money.com 251 S T E U E R & R E C H T | N I EDERLÄND I SCHE S RENT ENSYS T EM

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