Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

wir weder Verhaltensanpassungen noch Maßnahmen auf der Angebotsseite ergrei- fen. Aber wir wollen ja gerade, dass die energiewirtschaftliche Transformation be- schleunigt wird. Wenn die Preise niedrig bleiben, wird niemand kürzer duschen oder mit weniger Gas produzieren!“ Besser sei es, diejenigen, die wirklich hart getroffen sind, gezielt zu unterstützen – sowohl Un- ternehmen als auch ärmere Privathaushalte. Damit kommt seine soziale Ader wieder zum Vorschein. Trotzdem macht sich Vöpel mit seinen Aussagen nicht immer Freunde, aber das beunruhigt ihn wenig, vielmehr scheint es Ansporn für noch mehr Analysen zu aktuel- len Themen zu sein. Wir wollen wissen, ob er sich nicht manchmal wie ein Rufer in der Wüste vorkommt, den niemand hören will? „Nein, das Centrum für Europäische Politik will Europa vordenken. Und wer wollte bestreiten, dass das heute wichtiger denn je ist?“ Das CEP geht unter anderem zurück auf eine Initiative von Roman Herzog, der glaubte, dass Europa immer wichtiger wird. „Damit lag er ja nicht falsch!“, meint Vöpel. Tatsächlich ist so ein Thinktank, der sich ordnungspolitisch mit Europa beschäftigt, ein notwendiges Regulativ zu der oft klein- teiligen Brüsseler Politik. Ob das CEP manchmal auch als zu kritisch angesehen werden könne? Zum einen bringt Vöpel seine Thesen wissenschaftlich und klar rüber, sodass ihn alle gut verstehen können. Zum anderen ist er dabei rücksichtsvoll und schafft es irgendwie doch, viele Sichtweisen mit einzubinden. „Außerdem sind wir privat über eine Stiftung finanziert. Die Stiftung hat ihr Stiftungskapital und erhält weitere Zuwendungen von Förderern. Das sind etwa 200 Unternehmen aus allen Branchen, die uns unterstützen.“ Dabei darf kein Förderer mehr als vier Prozent der Gesamt- summe beisteuern. „So sind wir von niemandem abhängig. In unsere wissen- schaftliche Arbeit lassen wir uns nicht hineinreden“, erklärt Vöpel, und wir neh- men ihm das ab. Zum Schluss erwähnt er noch den öster- reichischen Philosophen Karl Popper, den er sehr bewundert. „Wir leben in Zeiten, in de- nen wir wieder mehr Karl Popper brauchen.“ Zwei Zitate von ihm findet er besonders schön, das eine lautet: „Alles Leben ist Pro- blemlösen.“ „Das hat eine gewisse Demut“, findet Vöpel, „dahinter steht die Prämisse: Die Welt ist zu komplex, als dass Ideolo- gien funktionieren könnten. Wir können lediglich versuchen, mit vorläufigem Wissen unsere Probleme zu lösen.“ Das andere Lieblingszitat lautet: „Es ist eine moralische Pflicht des Menschen, optimistisch zu blei- ben.“ Vöpel sagt dazu: „Das gefällt mir, weil es bedeutet: Nur wenn es Sinn macht, dass es eine Zukunft gibt, bleiben wir kon- struktiv. Wenn wir glauben, dass alles zu- grunde geht und sowieso alles zu spät ist, verlieren wir unsere Motivation und unseren Antrieb. Deshalb braucht Freiheit den Opti- mismus.“ Vöpel möchte mit seiner Kritik konstruktiv bleiben und helfen, die aktuel- len Herausforderungen anzugehen. Hoffent- lich wird er gehört! ANKE DEMBOWSKI Auf der Suche nach ökonomisch sinnvollen Lösungen • Nach seinem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität Hamburg promovierte Henning Vöpel 2004 mit einer Arbeit über die „Stabilisierungswirkungen der Geldpolitik“. Währenddessen arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Universität Hamburg. Anschließend war er zwei Jahre als selbstständiger Unternehmensberater tätig. • Vöpel nahm 2006 zweimal an der sogenannten Gemeinschaftsdiagnose der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute im Auftrag der deutschen Bundesregierung teil. In den Jahren 2009 und 2015 verbrachte er auf Einladung des U.S. Department of State im Rahmen des International Young Leadership Program einen Forschungsaufenthalt unter anderem in Washington D.C., San Francisco und Boston. • Heute ist Prof. Dr. Henning Vöpel Direktor des Centrums für Europäische Politik (cep) und Vorstand der Stiftung Ordnungspolitik. Außerdem lehrt er seit 2010 an der HSBA Hamburg School of Business Administration und an der BSP Business and Law School in Berlin. • Seine Forschungs- und Themenschwerpunkte sind Konjunkturanalyse, Geld- und Währungspolitik, Globalisierung und Digitalökonomie. Zwischen September 2014 und Oktober 2021 war er Direktor und Geschäftsführer des Hamburgi- schen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI). Zuvor war er Senior Economist am HWWI und Leiter der Forschungsbereiche Konjunktur und Weltwirtschaft. » Effizienz ist schön, aber Resilienz hilft uns, mit unerwarteten Ereignissen besser umzugehen. « Prof. Dr. Henning Vöpel, Vorstand der Denkfabrik Centrum für Europäische Politik (cep) 248 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com P O R T R ÄT | DR . HENN I NG VÖP E L | C ENTRUM FÜR EUROPÄ I SCHE POL I T I K FOTO: © TIM FLAVOR

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