Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

Anlagemöglichkeiten sucht – das berühmte Dry Powder, wie es im Private Equity heißt –, eine vorher nie gekannte Größenordnung erreicht hat. Besteht dadurch nicht die Gefahr von Fehlallokationen? Jan Philipp Schmitz: Die Augen davor zu verschließen, wäre sicher die schlechteste Entscheidung. Denn ohne Zweifel ist die absolute Summe an Dry Powder historisch betrachtet hoch. Das war sie aber auch früher schon, sprich vor und nach der Finanzkrise von 2008. Genau genommen ist sie in den vergangenen zwanzig bis dreißig Jahren fast stetig gewachsen. Im Grunde kann man also sagen, dass die Branche schon immer mit solchen Rekordvolumina beim Thema Dry Powder gelebt hat. Ich meine aber, dass so viel Kapital, das zum Einstieg bereitsteht, keine Bedrohung ist, wie es manchmal dargestellt wird, sondern ein stabilisierender Faktor – und zwar nicht nur für unsere Branche, sondern auch für das Wachstum der Wirtschaft allgemein. Inwiefern stabilisierend? Jan Philipp Schmitz: Eben weil solche in einem Fonds bereitgestellten Mittel auch investiert werden wollen und sollen. Natür- lich nicht im Stile eines Hasardeurs, der übereilt jede vermeintliche Chance zu nut- zen versucht, die sich ihm zu bieten scheint. Das ist ja einer der Gründe, warum man sich in einem Private-Equity-Fonds übli- cherweise wenigstens vier oder fünf Jahre Zeit nimmt, um das zur Verfügung gestellte Volumen zu investieren – weil man gründ- lich abwägt, in welche Unternehmen oder Projekte man investiert und wovon man lieber die Finger lässt. Zum einen will man natürlich nicht zu viel zahlen für einen Einstieg, zum anderen wird man in seine Kalkulation einbeziehen, dass Umsatz und Gewinn von Zielinvestments je nach der makroökonomischen Gesamtentwicklung steigen oder sinken können, dass Hebel oder Multiple vielleicht zeitweise geringer ausfallen oder dass die Kapitalkosten aus bestimmten Gründen manchmal steigen. Aber man investiert vorsichtig weiter. Als Private-Equity-Haus kann man es sich nicht leisten, mal zwei Jahre gar nichts zu tun und die Hände in den Schoß zu legen. So fließt stetig Kapital in die Wirtschaft. Patrick Kocsi: Aus meiner Sicht kommen noch zwei wichtige Unterschiede im Ver- gleich zur Finanzkrise von 2008 und zur Zeit danach hinzu. Das Dry Powder betrug damals rund eine Billion US-Dollar, wäh- rend es heute 3,5 Billionen US-Dollar sind. » Im Grunde hat die Private-Equity-Branche schon immer mit Rekord- volumina beim Thema ›Dry Powder‹ gelebt. « Jan Philipp Schmitz, Vorstandsmitglied von Ardian Ausgewiesener Kenner der privaten Beteiligungsmärkte Jan Phillipp Schmitz , Mitglied des Vorstands von Ardian, leitet als Head of Germany nicht nur die Geschäfte des Private- Equity-Hauses in Deutschland, er ist als Head of Asia auch für die Aktivitäten in Asien verantwortlich. Nach dem Studium der Betriebswirtschaft in Mannheim und Frankfurt war er zunächst für Ernst & Young und Arthur Andersen im Transaction Advisory Service tätig, bevor er 2005 zu Ardian kam. Das ursprünglich als Tochtergesellschaft für das Beteiligungsgeschäft der AXA-Versicherungsgruppe gegründete Unternehmen hat 2013 die Loslösung von der früheren Mutter vollzogen und agiert seither als unab- hängiger Anbieter für Alternative Investments wie Private Equity und Private Debt, aber auch Infrastrukturanlagen und Immobilieninvest- ments. Beim Übergang in die Unabhängigkeit verwaltete Ardian bereits 30 Milliarden US-Dollar an Kundeneinlagen, dieser Anteil ist inzwischen auf heute mehr als 140 Milliarden US-Dollar ange- wachsen. Für seine mehr als 130 Kunden in Deutschland, darunter die bedeutendsten Versorgungs- werke und viele Topunternehmen der deutschen Versicherungsbran- che, managt Ardian ein Volumen von 20 Milliarden US-Dollar. 240 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | JAN PH I L I PP SCHMI TZ & PATR I CK KOCS I | ARD I AN FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH, TILLY BLAIR

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