Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

hat dadurch die Chance auf größere Eigen- ständigkeit. Insbesondere in Bezug auf Themen wie mehr Unabhängigkeit bei For- schung und Entwicklung, aber auch in Bezug auf die Positionierung der eigenen Marke wäre eine echte Loslösung vom Mutterkonzern VW zu begrüßen. Nur findet eine solche nicht wirklich statt. Zudem wür- de ein Konzern wie VW das Geld, das dem Konzern durch den Börsengang von Por- sche zufließen wird, eigentlich gar nicht brauchen. Denn dem Unternehmen fließen schon jetzt mehr als auskömmliche Mittel aus dem regulären Geschäft zu. Aber das ist im Grunde gar nicht das eigentliche Pro- blem bei VW beziehungsweise Porsche. Das liegt Ihrer Ansicht nach wo genau? Ingo Speich: Als problematisch sehen wir vor allem, dass sich in Bezug auf die personel- len Verflechtungen zwischen Porsche und VW nach den jetzigen Plänen nichts Nen- nenswertes ändert. Schon beim ehemaligen VW-Chef Herbert Diess war zu beobachten, dass der Job eines Vorstandschefs eine mehr als ausfüllende Aufgabe darstellt. Und wenn dessen Nachfolger Oliver Blume nun auch noch parallel den Spitzenposten bei Porsche übernehmen soll und gleichzeitig den Bör- sengang zu stemmen hat, dann fragt man sich, wie das zu schaffen sein soll. Auch für den besten Automobilmanager hat der Tag am Ende nur 24 Stunden. Dann würden Sie aus ESG-Sicht weder VW noch die neu an den Markt kommende Porsche AG kaufen? Ingo Speich: Was das deutliche Bekenntnis zur E-Mobilität angeht, ist ein Unternehmen wie VW sicher auf einem guten Weg. Aus Nachhaltigkeitssicht unzureichend erscheint mir dagegen die Governance-Seite, die Unternehmensführung, die nach wie vor zu wünschen übrig lässt. Das gilt im Grunde auch für das geplante IPO von Porsche, wo eine ähnliche Handschrift erkennbar ist. Dazu gehört nicht nur das Problem von Doppelrollen innerhalb der Unternehmens- führung beider Unternehmen, was meiner Ansicht nach unweigerlich zu Interessen- konflikten führen wird. Auch die Tatsache, dass die Alteigner nach dem Porsche-Bör- sengang weiterhin das Sagen haben wer- den, führt zu Minuspunkten. Und so domi- niert das Thema Governance die Beurtei- lung aus Nachhaltigkeitssicht bei Weitem. Unsere nachhaltigen Publikumsfonds inves- tieren daher nicht in eine Porsche AG. Wo finden Sie die bessere Governance? Ingo Speich: Was die Unternehmensführung angeht, sind Unternehmen wie BMW oder Mercedes ihrem Konkurrenten aus Wolfs- burg ein ganzes Stück voraus. BMW hält zwar nach wie vor an einer hybriden Stra- tegie fest, indem das Unternehmen auch weiterhin auf den Verbrenner setzt. Aller- dings haben die Münchner im Sommer sig- nalisiert, dass die E-Mobilität, in die sie im Grunde als einer der ersten deutschen Auto- mobilproduzenten gestartet waren, bald wieder eine sehr viel stärkere Rolle spielen soll. Mercedes überzeugt zum einen durch Konsequenz, indem man sich klar dafür entschieden hat, auf das Luxussegment zu setzen. Und auch in Bezug auf das Manage- mentthema setzt das Unternehmen die rich- tigen Zeichen und zeigt aktuell den stärks- ten Willen zur Veränderung innerhalb der Automobilbranche. Womit wir wieder bei einem der wichtigsten Aspekte von nachhal- tigem Investieren wären – der Bereitschaft und dem Willen zur Transformation. Wir danken für das Gespräch. HANS HEUSER » Wenn man alles einbezieht, gehört hinter Argumente wie Energie- unabhängigkeit und CO 2 - Neutralität durch Nuklear- strom ein Fragezeichen. « Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit bei Deka Investment 234 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | I NGO SP E I CH | DEKA I NVE S TMENT S FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH

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