Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

wenn ein US-Hedgefonds fordert, einen großen Energiekonzern aufzuspalten in einen „braunen“ und einen „grünen“ Teil. Nach unserem Verständnis von Nachhaltigkeit wäre das kontraproduktiv. Denn die nötige Transformation des Gesamtkonzerns würde damit ausbleiben. Eine solche Aufspaltung würde mit Blick auf den Aktienkurs viel- leicht ein kurzes Strohfeuer entfachen, ganz im Sinne des aktivistischen Investors, der dann mit Gewinn aussteigen könnte. Mittel- fristig aber wäre weder für die Umwelt noch für das Unternehmen und seine Aktio- näre etwas gewonnen. Dann sind also aktivistische Investoren sozusagen Ihr wahrer Feind? Ingo Speich: So würde ich das auf keinen Fall sagen. Aktivisten sind allenfalls im Zusam- menhang mit dem Thema Nachhaltigkeit eine recht neue Spezies, zumindest für den europäischen Aktienmarkt. Aber auch das scheint inzwischen zu einer Art Normalität zu werden, was andererseits natürlich nicht verwundern kann. Angesichts der Bedeu- tung, die das Thema Nachhaltigkeit inzwi- schen in der Breite erreicht hat, war es nur eine Frage der Zeit, dass auch Aktivisten das in ihrem Sinne zu nutzen versuchen. Das bedeutet aber nicht, dass man ihnen als Investor eins zu eins folgen oder ihrer Mei- nung sein müsste. Aber das schließt nicht aus, dass man sich mit deren Ansichten aus- tauscht. Das gilt natürlich auch für die Ver- treter von NGOs. Auch hier kann es sinn- voll sein, Informationen zu teilen. Daher würde ich sagen: Austausch ja, aber nur auf der Informationsebene. Gemeinschaftliche Aktivitäten schließen wir immer aus. Bleiben wir noch beim Begriff Transforma- tion. Was verstehen Sie konkret darunter? Ingo Speich: Nehmen wir zum Beispiel die Versorgerbranche. Sie steht nach dem Bereich Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe an zweiter Stelle unter vier Sektoren, die zu- sammengenommen für rund 85 Prozent der CO 2 -Emissionen verantwortlich sind. Gera- de am Beispiel der Versorgerbranche lässt sich gut verdeutlichen, was unserer Auffas- sung nach sinnvolle und effiziente Transfor- mation im Sinne von Nachhaltigkeit bedeu- tet, was unter anderem damit zusammen- hängt, dass wir es in diesem Sektor mit sehr langen Investitionszyklen zu tun haben. Denn auch wenn die Zeit der Großkraftwer- ke wohl vorbei ist, auch bei Investitionen in Windparks hat man es in der Regel mit extrem langen Laufzeiten und enorm hohen Geldbeträgen zu tun, die in die Hand genommen werden müssen. Uns als Asset Manager ermöglicht das, sehr weit in die Zukunftsplanung entsprechender Unterneh- men zu schauen. Aber was genau sehen Sie dabei? Ingo Speich: Wir erkennen, dass in der Bran- che der Versorger derzeit Nennenswertes in  Bewegung ist. Deshalb muss man sich als Investor sehr genau überlegen, ob man auf diese Branche mit sehr harten Kriterien reagieren sollte, um sie grundsätzlich aus den Portfolios auszuschließen. Wir haben uns dafür entschieden, dass es sinnvoller ist, den Aspekt Transformation in unsere In- vestmententscheidungen miteinzubeziehen. Deshalb bleiben wir beispielsweise in ein- zelne Unternehmen der Versorgerbranche investiert, vorausgesetzt, dieser Transfor- mationsweg ist bei einem Unternehmen wirklich zu beobachten. Woran erkennen Sie das? » Wir haben eine eigene ›Proxy Voting Policy‹ erarbeitet. Dieses Regelwerk gibt den Rahmen vor, wie wir mit Aktionärsanträgen umgehen. « Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit bei Deka Investment N o. 3/2022 | www.institutional-money.com 229 P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | I NGO SP E I CH | DEKA I NVE S TMENT S

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