Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

Ingo Speich: Übers Jahr betrachtet sind wir mit über 2.000 Unternehmen in einem akti- ven Dialog. Wir führen zudem mehr als 150 Gespräche unter dem Aspekt Engagement, sprich mit dem konkreten Ziel, das jeweili- ge Unternehmen gezielt zu einer bestimm- ten Veränderung innerhalb seiner Strategie, seiner Prozesse oder seiner Produktpolitik, nicht zu vergessen seiner Vergütungsprin- zipien, zu veranlassen. Wir haben klare Abstimmungsrichtlinien festgelegt, anhand derer wir unsere Stimmrechte ausüben, und zwar für alle von uns verwalteten Sonder- vermögen inklusive aller ETFs. In diesem Jahr waren wir darüber hinaus bei 28 Hauptversammlungen mit eigenen Rede- beiträgen präsent. Insgesamt gehören wir zu den Anbietern, die auf den meisten Haupt- versammlungen in Deutschland ihre Stim- me abgeben. Wir sind aber nicht auf jedem Annual General Meeting eines amerikani- schen Mid Caps dabei. Der Aufwand dafür steht nicht im Verhältnis zur Höhe unserer jeweiligen Beteiligung, die bei solchen Unternehmen oft zu gering ist. Aber können Sie die Kritik von manchen NGOs verstehen, wonach große Häuser wie die Deka zwar auf Hauptversammlungen präsent sind, am Ende aber nicht wirklich Gebrauch machen von ihren Stimmrechten, weil sie dann häufig doch gegen Anträge stimmen, die den Unternehmen mehr Umwelt- oder Klimaschutz abverlangen würden? Ingo Speich: Wir haben eine eigene „Proxy Voting Policy“ erarbeitet. Dieses Regelwerk gibt den Rahmen vor, wie wir mit Aktio- närsanträgen umgehen. Wichtig ist dabei aus unserer Sicht die inhaltliche Auseinan- dersetzung mit dem jeweiligen Antrag, also die Frage, ob das verfolgte Ziel tatsächlich sinnvoll ist. Wenn etwa eine Umweltorgani- sation von einem Energieversorger verlangt, von heute auf morgen alle Kohlekraftwerke abzuschalten, so ist das aus deren Sicht mit Sicherheit die richtige Forderung. Wir sind aber Aktionäre, keine Umweltaktivisten. Für uns muss sich eine Änderung des Geschäfts- modells langfristig für das Unternehmen und damit für die Aktionäre auszahlen. Geben Sie uns ein Beispiel? Ingo Speich: Die Dekarbonisierung ist ohne Zweifel alternativlos, deshalb unterstützen wir entsprechende Initiativen nach Kräften. Dieser Umbau muss aber behutsam erfol- gen, sonst werden nicht nur Firmenwerte vernichtet, sondern auch Arbeitsplätze. Und zum nachhaltigen Investieren gehört nach unserer Überzeugung auch, auf soziale Aspekte zu achten. Ein wichtiges Stichwort in diesem Zusammenhang ist der Aspekt Transformation. Wenn wir uns lediglich an den Grundsätzen der von der EU formulier- ten Taxonomie orientieren, dann könnten wir gerade einmal in rund sechs Prozent der Unternehmen im MSCI Welt investieren. Damit wir uns nicht missverstehen: Es ist grundsätzlich gut, dass es die Taxonomie gibt, auch wenn sie bisher lediglich ökolo- gische Aspekte des Klimawandels berück- sichtigt. Sich ausschließlich danach zu rich- ten, würde es aber unmöglich machen, ein breit gestreutes Aktienportfolio aufzustellen. Es gibt noch weitere Gründe, warum wir gegen manchen Aktionärsantrag stimmen, selbst wenn er sich aus ESG-Perspektive zunächst einmal sinnvoll anhören mag. Wie zum Beispiel? Ingo Speich: Aktivistische Aktionäre versu- chen inzwischen, das Thema Nachhaltigkeit zu kapern, um daraus in ihrem Sinne Profit zu schlagen. Auf den ersten Blick mag es vielleicht gar nicht so unsinnig erscheinen, » Für uns muss sich eine Änderung des Geschäftsmodells lang- fristig für das Unterneh- men und damit für die Aktionäre auszahlen. « Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit bei Deka Investment 228 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | I NGO SP E I CH | DEKA I NVE S TMENT S FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH

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