Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

zahnähnlich, aber man rechnet einfach mit dem Durchschnitt. „Das sind in Neuseeland ungefähr 500 Zertifikate pro Hektar, aller- dings unter der Voraussetzung, dass Sie Ih- ren Wald immer wieder aufforsten.“ Wieder anders funktioniert das System in Europa: „Dort geht der Wald automatisch in die nationale Klimabilanz ein. Wenn Sie in Europa freiwillige Zertifikate aus Ihrem Wald ziehen und diese an einen Schadstoff- Emittenten verkaufen würden, wäre das Double-Counting. Sie würden die CO 2 - Reduktion des Waldes auf nationaler Ebene und eine weiteres Mal auf dem freiwilligen Markt beanspruchen. Daher wären solche Zertifikate technisch nichts wert“, gibt Jen- ninger zu bedenken. Offenbar handelt es sich hier um ein heikles waldpolitisches Thema, und aktuell wird debattiert, wie die Waldbesitzer in Europa für ihre Ökosystem- leistung entschädigt werden sollen. Theoretisch müsste man aber nicht nur die Pflanzung und Abholzung von Bäumen berücksichtigen, sondern es müsste bei der Holzproduktion eine Art Endverbleibs- klausel geben: Wird das Holz zu Balken verarbeitet und werden diese beispielsweise in einen Dachstuhl eingebaut, bleibt das CO 2 über viele Jahrzehnte gebunden, und es könnten Zertifikate darauf ausgegeben werden. Wird es hingegen zu Brennholz oder Pellets verarbeitet, ist es wieder CO 2 - neutral, was keine Zertifikate rechtfertigt. „So müsste es theoretisch sein, aber so aus- differenziert ist der CO 2 -Markt im Bereich Holz noch nicht“, meint Jenninger. Adieu, hohe Aktienrenditen? Emissionsrechte beeinflussen auch die Preisentwicklung der etablierten Assetklas- sen. „In Bezug auf Risiken des Klima- wandels auf Portfolios ist zu sagen, dass die historischen Renditen für Aktien und Ren- ten aufgebläht waren, weil sie zulasten eines Dritten, nämlich der Umwelt, gingen“, meint Bockholt, „daher geht WTW davon aus, dass die Aktienrenditen im Übergang zu einer CO 2 -armen Wirtschaft mittel- und langfristig sinken werden. Im Gegenzug ist es auch politischer Wille, die Preise für er- folgreiche CO 2 -Speicherung ansteigen zu lassen, wie es z. B. die Bundesregierung auch gesetzlich festgelegt hat.“ Vor diesem Szenario müssten die bisher verwendeten Acatis Investment: Praxisbeispiel für Investoren Dr. Hendrik Leber, Geschäftsführer von Acatis Investment, kauf Zertifikate an der Börse und vernichtet sie dann, um etwas zu bewirken. F ür seine Fonds lässt Dr. Leber jeweils berechnen, wie hoch der Treibhaus- gas-Footprint für das Fondsportfolio ist und kauft über eine Konstruktion der UBS entsprechende Allowances. Für seinen Fonds ACATIS Aktien Global wird beispielsweise ein CO 2 -Footprint von 7.272 Tonnen berechnet. Bei einem CO 2 -Preis von 100 Euro pro Tonne kommt er auf etwa 0,11 Prozent jährliche CO 2 -Vermeidungskosten für diesen Fonds. Dabei investiert er lieber in die offiziellen Allowances. „Bei den freiwilligen Zertifikaten weiß ich nicht, ob wirklich netto etwas ein- gespart wurde. Ich bin da ein gebranntes Kind aus der frühen Zeit des Emissions- handels“, so Leber. Mit der Hälfte der Allowances möchte er von dem von ihm erwarteten Preisanstieg profitieren. „Ich gehe davon aus, dass sich die Preise für die Allowances in den kommenden fünf Jahren verdoppeln wer- den, vermutlich sogar schneller“, meint Leber. Dafür führt er nachvollziehbare marktwirtschaftliche Gründe an: „Auf der Angebotsseite wird die Menge an Allo- wances, die verschenkt werden, jedes Jahr reduziert. Und die Nachfrage steigt, weil weitere Branchen Emissionsrechte vorweisen müssen.“ Durch den Ukraine- krieg sieht er mittel- bis langfristig weiteres Preissteigerungspotenzial. „Wir werden künftig wohl erst einmal mehr fossile Brenn- stoffe einsetzen. Dafür werden weitere Allowances benötigt“, so Leber Er will aber nicht einfach nur von der Preissteigerung profitieren, sondern auch etwas bewirken: „50 Prozent der von uns gekauften CO 2 -Allowances gebe ich in die Verantwortung von Cap2. Die nehmen die Allowances vom Markt, indem sie überwachen, dass sie in die Klimaschutz- stiftung Climate Concept Foundation gehen und dort für immer bleiben. Auf diese Weise können die Verschmutzungsrechte nicht mehr von der Industrie genutzt wer- den. So helfen wir, die CO 2 -Emissionen tatsächlich zu reduzieren“, erklärt Leber. Cap2 ist eine Gesellschaft in Hamburg, die von Dr. Christian Jasperneite und Prof. Dr. Hanjo Allinger gegründet wurde. Als Monitoring Agent berechnet sie die erfor- derlichen Menge, zertifiziert den erfolg- reichen Transfer und die Stilllegung. Durch diese Aktion erhalten die Acatis- Fonds von Dr. Leber zwar nicht automatisch Artikel-9-Status, „aber wir bewirken etwas! Das ist unser kleiner Eigenbeitrag zu sau- berer Luft“, erklärt Leber. „Ab dem Jahr 2023 müssen wir für unsere Fonds darüber berichten, was wir in Bezug auf die ver- schiedenen Umweltziele gemacht haben. Da werden wir unser System der Reduktion von CO 2 -Emissionsrechten natürlich mit aufführen.“ Allen, die hoffen, dass es sich bei Emissionszertifikaten um eine unkor- relierte Assetklasse handelt, nimmt Leber den Wind aus den Segeln: „Im Gegenteil, sie ist hoch korreliert“, meint Leber, „nur wenn die Unternehmen tüchtig produzieren, haben sie hohe Emissionen, für die sie Allowances kaufen müssen. Dann steigt die Nachfrage. Sonst eben nicht.“ » Bei Emissionszertifikaten handelt es sich um eine hoch korrelierte Assetklasse. « Dr. Hendrik Leber, Geschäftsführer von Acatis Investment 222 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | CO 2 - HANDE L FOTO: © JOHANNES VOGT

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