Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

N och ist der CO 2 -Emis- sionszertifikatemarkt in- transparent. Jeder scheint ein bisschen darüber zu wissen, aber die wenigsten haben ein Gesamtbild. Dabei entwickelt sich so vieles in diesem Markt, dass einige der Meinung sind, dass hier eine neue in- vestierbare Assetklasse entsteht. Laut Refinitiv wurden 2021 global an den staatlich kontrollierten CO 2 -Emissionsrech- tebörsen rund 850 Milliarden US-Dollar ge- handelt, immerhin ein Plus von 164 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Noch ist es eine Nische Außerdem beflügeln Nachrichten wie jene, dass Tesla nur dank des Verkaufs von CO 2 -Zertifikaten für 1,6 Milliarden US- Dollar das Jahr 2020 mit Gewinn abschlie- ßen konnte, die Fantasie. Daher nimmt sich auch die Asset-Management-Branche des Themas an: „Allein in Nordamerika wurden seit 2020 sechs ETFs aufgelegt, die ein Engagement in CO 2 -Emissions- rechte anbieten“, erklärt Bobby Blue, Senior Analyst bei Morning- star Manager Research. Weltweit hat er 15 Fonds mit einem Gesamt- volumen von 2,3 Milliarden US- Dollar zusammengetragen, die aus- schließlich in Futures auf CO 2 - Märkte investieren (siehe Tabelle). Wie viele Rohstoff- und andere Fonds jedoch bereits kleinere Posi- tionen aufgebaut haben, ist schwer auszumachen, weil sich Derivate- positionen in Fonds schwer verfol- gen lassen. In Deutschland führt Dr. Hendrik Leber, Geschäftsführer von Acatis Investment, mit seinen Fonds gerade einen europäischen Testballon ins Feld. „CO 2 zu be- preisen ist der kürzeste Weg zur Reinigung der Atmosphäre von Treibhausgasen, denn demjenigen, der es am leichtesten kann, wird ein Anreiz gege- ben, etwas zu tun. Der Markt kann so etwas viel besser regeln als Verbote oder kompli- zierte Umweltregulierungen“, erklärt Leber seinen marktwirtschaftlichen Ansatz und nennt ein ähnliches Beispiel aus der Vergan- genheit, das gut funktioniert hat: „In den 80er-Jahren hat man in den USA den sauren Regen wegbekommen, indem man Schwe- feldioxidemissionen aus den Schornsteinen der Kraftwerken kontingentiert und bepreist hat. Die Kraftwerke haben die notwendigen Filteranlagen installiert, um sich die Emis- sionskosten zu sparen, und heute redet kei- ner mehr vom sauren Regen“, so Leber. Ähnlich eingängig ist auch das Konzept der CO 2 -Emissionsrechte: Auf der Kyoto- Konferenz einigte sich 1997 die Welt darauf, die CO 2 -Emissionen zu verringern. Darauf- hin trat 2005 das Kyoto-Protokoll in Kraft und stellt weltweit den ersten völkerrechtlich verbindlichen Vertrag zur Eindämmung des Klimawandels dar. Darin verpflichten sich die beteiligten Staaten, den Ausstoß klima- schädlicher Gase zu senken. Entsprechend müssen nun die einzelnen Staaten Wege fin- den, um dieses Ziel zu erreichen. Der Gedanke lag nahe, dass ein Emissionshandelssystem ein gutes Instrument sein könnte, um denAus- stoß von Treibhausgasen zu verrin- gern: Zuerst mussten die Energie- wirtschaft und die Großindustrie, die viel Kohlendioxid in die Atmo- sphäre blasen, entsprechende Ver- schmutzungsrechte vorweisen. „Na- türlich muss die Zahl dieser Rechte sinken, will man bis 2050 bei einer Emission von null landen. Durch die Bepreisung der Verschmut- zungsrechte wird ein wirtschaftli- cher Anreiz geschaffen, dass die Unternehmen Wege und Verfahren finden, weniger CO 2 zu emittieren“, erklärt Dr. Joachim von Scheele, Global Director Commercialization bei Linde in München. Linde benö- tigt zwar keine CO 2 -Emissionsrech- te, aber viel Energie für seine Pro- Der CO 2 -Emissionszertifikatehandel soll unser Klima retten. Allerdings ist der Markt bislang eher regional ausgerichtet und wenig transparent. Erste Fonds investieren in die Zertifikate, und die Frage ist, ob sich hier womöglich eine neue Assetklasse etabliert. Marktmechanismen für den Umweltschutz Freiwillige Zertifikate werden überwiegend zur freiwilligen Kompensation, aber auch im Marketing eingesetzt. Karbonzertifikate sollen im Prinzip die Verschmutzung verteuern und Investments ermöglichen, die CO 2 binden oder den CO 2 -Ausstoß verringern. Quelle: Expansiòn, Mexiko INVESTMENT CARBON OFFSET Klimaschutz als Assetklasse » Mit Preisen von zehn Euro pro Tonne CO 2 -Emission bewirken Sie in der Industrie nichts. « Dr. Joachim von Scheele, Global Director Commercialization bei Linde, München 214 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | CO 2 - HANDE L FOTO: © DAVIDE DIAN | PHOTOPRISMA, SENSVECTOR | STOCK.ADOBE.COM, QUALITY STOCK ARTS | STOCK.ADOBE.COM

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