Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

darauf hin, dass die Schere zwischen den Kaufpreiserwartungen der Verkäufer und Käufer im Core-Segment wegen der höhe- ren Zinssensitivität weiter aufgegangen ist als im Value-Add-Segment. „Ersteres war daher zuletzt besonders illiquide, und die Bestimmung von Marktpreisen ist für viele Segmente kaum möglich. Fakt ist: Wir befinden uns inmitten einer Phase der Preis- korrektur, und weil es sich um eine zinsinduzierte Korrektur handelt, voll- zieht sie sich in allen Marktsegmenten, wenngleich in unterschiedlichem Aus- maß.“ Kapitalstarke Investoren Hoffnung macht Pink zufolge, dass die Verkaufsseite trotz des starken Zinsanstiegs nicht unter Veräußerungsdruck steht und einen Verkauf lieber absagt, statt einen nied- rigen Preis zu akzeptieren. „Hier zeigt sich, dass der gesamte Zyklus von eigenkapital- starken Investoren dominiert wurde. Hinzu kommt, dass Fremdkapital zwar teurer ge- worden, aber weiterhin verfügbar ist. Das unterscheidet den aktuellen Abschwung auch von jenem während der Finanzkrise.“ Obwohl Immobilien ihre beste Zeit wohl hinter sich haben, sollten sich Investoren von diesem wichtigen Portfoliobaustein keinesfalls abwenden: „Angesichts der wei- terhin hohen Inflation stellen Immobilien immer noch den sicheren – oder zumindest den für Anleger vergleichsweise sichersten verfügbaren – Hafen dar. Nominal gesehen werden die Immobilienpreise in diesem Umfeld kaum in der Breite des Marktes sinken“, prognostiziert Metzner abschlie- ßend. „Ein grundsätzlicher Ausschluss von Immobilieninvestments ist derzeit keine sinnvolle Option.“ ANTON ALTENDORFER Stimmung kühlt ab In der Immobilienbranche trüben sich die Aussichten ein. D er Immobilienfachverband RICS (Royal Institution of Chartered Sur- veyors) befragte von 9. Juni bis 11. Juli dieses Jahres rund 3.500 Experten weltweit zu den Immobilienmärkten. Dabei zeigte sich, dass der breite Global Commercial Property Sentiment Index (CPSI) bereits im zweiten Quartal in den negativen Bereich (–6 gegenüber +3 in Q1/2022) rutschte. Den stärksten Rück- gang in Europa (nach den Niederlanden) verzeichnete Deutschland, wo der CPSI von –1 auf –20 fiel und 71 Prozent der Befragten den hiesigen Immobilienmarkt im Abschwung sehen. Interessantes Detail: Der ebenfalls berechnete RICS Investment Sentiment Index (ISI), der den Investitions- markt beschreibt, fällt in Deutschland auf –26 (stärkster Rückgang in Europa) und liegt damit zum ersten Mal seit 2014 wie- der tiefer als der RICS Occupier Sentiment Index (OSI; Mietermarkt), der –14 aufwies. RICS maß im Speziellen eine stark sin- kende Investorennachfrage bei Gewerbe- immobilien (Büros: –42% [Q1: +23%]; Industrie: –1% [Q1: +44%], Einzelhan- del: –61% nach –29%). Die niedrigere Investorennachfrage könnte neben Fakto- ren wie höheren Zinsen, Energieknapp- heit oder einer drohenden Rezession ins- besondere mit dem Preisniveau zusam- menhängen, das vor allem für Deutsch- land als „teuer“ (60% Zustimmung) oder „sehr teuer“ (31%) eingeschätzt wird. Deutschland steht damit im europäischen Vergleich der Länder, die ihren Standort als teuer oder sehr teuer ansehen (91%), auf Platz eins (Frankreich ist Zweiter mit 88%). „Gestreckte Bewertungen stellen ein Abwärtsrisiko dar“, warnt Susanne Eickermann-Riepe, Vorstandsvorsitzende von RICS Deutschland und RICS Europa. Deutschland verliert Ein düsteres Stimmungsbild des aktuel- len Immobilieninvestitionsklimas zeichnet auch eine von Union Investment veröffent- lichte Studie. Das beauftragte Marktfor- schungsinstitut Ipsos befragte im Juni und Juli 2022 insgesamt 150 Immobilienunter- nehmen und institutionelle Immobilienin- vestoren in Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Der auf Basis dieser regelmäßigen halbjährlichen Umfrage be- rechnete Immobilien-Investitionsklimaindex ist in allen drei Ländern gefallen, am stärksten in Frankreich. Interessant ist da- bei der Blick auf das deutsche Teilaggre- gat. In Deutschland liegt der aktuelle Index nach einem Rückgang von 4,3 Pro- zentpunkten bei 59,7 Punkten. Das ist nicht nur niedriger als Frankreich (60,3) oder Großbritannien (65,6), sondern auch der tiefste Stand der vergangenen zehn Jahre. Dass es für Deutschlands Investitionsklima zukünftig besonders schlecht aussieht, zeigt der Teilindikator „Erwartungen“, der auf 39,6 Punkte ein- brach. Das hat Auswirkungen. Befragt nach den Auswirkungen steigender Zinsen auf die Investmentstrategie der kommenden zwölf Monate, gaben zwar 54 Prozent der deutschen Umfrageteilnehmer an, ihre Investmentstrategie „unverändert“ zu las- sen, beachtliche 39 Prozent wollen je- doch ihre Immobilieninvestments „reduzie- ren“. Der minimale Rest gab an, keine Immobilien kaufen zu wollen (3%), Immo- bilieninvestments zu erhöhen (2%), oder machte keine Angaben (2%). » Der Zinsanstieg allein würde einen Rückgang um bis zu 25 Prozent rechtfertigen. « Martin Güth, Senior Economist beim LBBW Makro- & Strategy-Research 198 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | IMMOB I L I EN FOTO: © LBBW

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