Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

rend die Wirtschaft stagniert. „Ein echtes Stagflationsszenario also. Dann dürften Preisrückgänge in einer Größenordnung von 20 bis 25 Prozent möglich sein“, führt Güth aus. Eine Wende im Immobilieninvest- mentzyklus sieht auch Matthias Pink, Director & Head of Research bei Savills Deutschland, der in der Analyse „Im- mobilienmarkt unter Zinsschock“ auf- grund eines stark einbrechenden Trans- aktionsvolumens in Deutschland (11,1 Mrd. Euro im zweiten Quartal, das sind minus 55 Prozent im Vergleich zum ers- ten Quartal und damit der niedrigste Quartalsumsatz seit 2016) von einer „Art Schockstarre am Immobilienmarkt“ berichtet und zum Schluss kommt, dass der jahrelange „Superzyklus“ zu Ende sei. „Würde auf den Zinsschock ein Konjunkturschock folgen, würde auch dem Immobilienmarkt eine kräftige Korrektur bevorstehen“, warnt Pink. Risiken an den Immobilienmärkten orten auch die Aufsichten. Aus gutem Grund: Da das Platzen einer Immobi- lienblase in der Regel die kreditgebenden Banken unter Druck setzen und damit das ganze Finanzsystem stressen könnte, sind Aufsichten und Zentralbanken nach den leidvollen Erfahrungen aus der Finanzkrise 2008 diesbezüglich sensibilisiert. Vor die- sem Hintergrund erfolgten immer wieder Warnungen der EZB und der Deutschen Bundesbank vor überhöhten Immobilien- preisen. Das hat inzwischen regulatorische Auswirkungen: Auf Basis von Empfehlun- gen des Ausschusses für Finanzstabilität (AFS) und des European Systemic Risk Board (ESRB) hat die BaFin per Anfang Februar 2022 den heimischen Banken auf- getragen, ihre Kapitalpuffer für zukünftige Kreditausfälle aufgrund von Problemen am Immobilienmarkt zu erhöhen. Vieles ist sehr teuer Höhere Preisrückgänge drohen vor allem in jenen Regionen und Städten, die sich in einer „Bewertungsblase“ befinden. Dazu zählen nicht nur die bei deutschen Investo- ren in den vergangenen Jahren an Bedeu- tung gewonnenen Länder und Regionen wie Australien, Südkorea, Schweden, Großbri- tannien oder die USA, sondern auch deut- sche Städte. So weist beispielsweise laut dem UBS Global Real Estate Bubble Index 2021 der Eigenheimmarkt in Frankfurt ein deutliches Blasenrisiko und damit einher- gehend eines der höchsten Risikoniveaus weltweit auf. Ein „hohes Risiko“ bergen des Weiteren Städte wie München und Zürich. Einer Studie des Forschungs- und Bera- tungsinstituts Empirica zufolge besteht eine „hohe“ Blasengefahr in Hamburg und Dresden, wohingegen diese für neun wei- tere deutsche Großstädte lediglich „eher hoch“ sei. Verzögerung Von fallenden Preisen geht beispielsweise die DWS aus, die bei europäischen Gewer- beimmobilien Preisrückgänge von bis zu 20 Prozent befürchtet. „Wir erleben im Moment eine Preiskorrektur“, sagte Wallace Simon Wallace, globaler Leiter des Bereichs Immobilienresearch, in einem Bloomberg- Interview, um auf einen für Investoren entscheidenden Faktor hinzuweisen: „Die Daten hinken hinterher und werden erst gegen Ende des Jahres aufholen, aber was wir derzeit vor Ort sehen, ist, dass die Renditeauswirkungen die Preise um zehn bis 15 Prozent drücken.“ Die Aktienbörse beziehungsweise die dort notierten Immobilienaktien und REITs zeigen Investoren bereits, dass sich der Wind an den Immobilienmärkten gedreht hat und Abwertungen drohen. Immerhin erlitten Immobilienaktien seit Jahresanfang Kursverluste im mittleren zweistelligen Pro- zentbereich und gehören damit aus Perfor- mancesicht zu den allerschlechtesten Bran- chen. „REITs neigen dazu, die Bewertungen bereits sechs bis zwölf Monate vor dem direkten Markt anzuzeigen“, erinnert Cerulli- Director Fabrizio Zumbo. Die Kombination aus gefallenen Kursen bei Immobilienaktien und (zumindest laut letztem Bewertungsgutachten) noch stabilen Immobilienpreisen im Direktbestand wollen Manager von börsennotierten Immobilien- unternehmen zu ihrem Vorteil nutzen. So kündigte Vonovia-Vorstandschef Rolf Buch an, einen Teil seines Immobiliendirektbe- stands zu veräußern und mit den erzielten Erlösen Schulden zu tilgen und eigene, als unterbewertet erachtete Aktien zurückzu- kaufen. Das könnte aus finanzieller Sicht sinnvoll für das einzelne Unternehmen sein, sorgt aber dafür, dass dadurch viele Immo- bilien auf den Markt kommen und Preis- druck droht. Eine Sorge vor einem Immo- biliencrash sei laut dem Vonovia-Vorstands- vorsitzenden derzeit aber „grundlos“: „Wohnraum ist sehr knapp, vor allem in den Großstädten. Und die Nachfrage steigt wei- ter an. Deshalb erwarten wir, dass die Preise zumindest stabil bleiben“, so Buch. „Seit den 70er-Jahren sind die Immobilienwerte in Deutschland nicht wirklich gesunken, sondern stetig gestiegen.“ Ebenfalls keine Blase bei europäischen und vor allem deutschen Immobilien sieht Prof. Dr. Steffen Metzner, Head of Research der Empira Group, einem Investment Ma- nager für institutionelle Immobilieninvest- ments im deutschsprachigen Raum. Der » Theoretisch müssten die Preise von Immobilien deutlich sinken. « Olaf Janßen, Leiter Immobilien-Research bei Union Investment » Wir sehen insgesamt noch keine Blasengefahr am Immobilienmarkt. « Henning Koch, CEO der Commerz Real 194 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | IMMOB I L I EN FOTO: © ADELE MARSCHNER, COMMERZ REAL

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