Institutional Money, Ausgabe 3 | 2022

D ie langjährige Ära der extrem niedrigen Zinsen endete abrupt zu Beginn des zweiten Quartals. Diese Entwicklung geht auch an den Immobilienmärkten nicht spurlos vor- bei. In der Gemengelage aus steigenden Zinsen und rückläufiger Nachfrage müssten theoretisch die Preise von Immobilien deutlich sinken“, warnte Olaf Janßen, Leiter Immobilien-Re- search bei Union Investment, Mitte August anlässlich der Veröffentlichung einer Studie zum Immobilien-Investi- tionsklima in Europa, in der zwar noch von keinem Preisrückgang auf breiter Front, jedoch bereits der Beginn einer neuen „Preisfindungsphase“ unter Immo- bilienunternehmen und institutionellen Immobilieninvestoren berichtet wurde. Eine Trendumkehr bei Immobilien ortet auch Susanne Eickermann-Riepe, Vor- standsvorsitzende des Immobilienfach- verbands RICS (Royal Institution of Chartered Surveyors) Deutschland und Europa. Sie nennt gleich mehrere Gründe dafür: „Die makroökonomischen Rahmen- bedingungen bringen die Dynamik im Immobilienmarkt praktisch zum Stillstand. Hohes Risiko, steigende Zinsen, weltweite Rezession, einge- schränkte Ressourcen – und die Transformation der Wirtschaft ist in vollem Gange. Das hinterlässt deut- liche Spuren auch auf dem Immobi- lienmarkt.“ (Siehe Textkasten „Stim- mung kühlt ab“) Die jüngsten Entwicklungen am Immobilienmarkt werden unter in- stitutionellen Investoren vor allem deutsche Versorgungswerke interes- sieren. Diese haben in den vergan- genen Jahren angesichts extrem niedriger Anleihenrenditen vielfach ihre Immobilienquoten in Richtung der re- gulatorisch maximal zulässigen 25-Prozent- Grenze des Anlagevermögens hochgefahren und sind nun wohl Abschreibungsrisiken ausgesetzt. Eine Einschätzung von LBBW Research zum Immobilienmarkt wird bei diesen Investoren nur bedingt Gefallen fin- den. Denn LBBWs Immobilienmarkt- analyst Martin Güth sieht nach vielen Jahren steigender Preise, ausgelöst durch die Zinswende, eine „Zeiten- wende“ am Immobilienmarkt: „Der derzeitige Zinsanstieg bedeutet eine massive Verteuerung der Finanzierung und führt zu kräftigem Gegenwind für die Preise“, erklärt Güth. „Der Zinsan- stieg allein würde einen Rückgang um bis zu 25 Prozent rechtfertigen.“ Güth erachtet diesen Rückgang vor allem für jenes Szenario realistisch, in dem die Zinsen weiter kräftig steigen, wäh- Immobilien könnten wie Anleihen und Aktien ihre besten Zeiten hinter sich haben und zumindest einen Teil des Investoreninteresses einbüßen. Selbst wenn das Platzen einer Blase ausbleibt, ist die Ära stetig steigender Preise am Immobilienmarkt wohl für längere Zeit vorbei. Derzeit wird abgewartet Investoren sehen sich größtenteils noch in der Beobachterrolle. Auf möglicherweise zukünftig fallende Immobilienpreise würden rund 48 Prozent der Teilnehmer laut einer Umfrage von Institutional Money Online mit „beobachten und abwarten“ reagieren. Zukaufen würden rund 28 Prozent, verkaufen etwa 24 Prozent. Damit bestätigt sich, dass institutionelle Investoren eine Politik der ruhigen Hand verfolgen und langfristig investieren. Quelle: Institutional Money Online, Erhebungszeitraum: 23.8. bis 11.9.2022 Zeiten wende … beobachten und abwarten … Zukäufen … Verkäufen 48 % 28 % 24 % Auf zukünftig fallende Preise bei Immobilien würde ich reagieren mit … Immobilien gelten unter Investoren als Betongold . Die Zinswende sorgt derzeit dafür, dass auch dieses „Betongold“ zumindest ein paar Kratzer abbekommen wird. 192 N o. 3/2022 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R AT E G I E N | IMMOB I L I EN FOTO: © VICTOR | STOCK.ADOBE.COM

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